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Eine Mutter möchte wissen, ob sie hinnehmen muss, dass ihre Tochter von einem regulären in einen Integrationskindergarten wechseln muss.
Frau K.: Unsere Tochter Carla ist 4 Jahre alt und besucht einen Kindergarten bei uns im Wohnort. Am Anfang war alles noch ganz problemlos: Das Kindergartenpersonal hat Carlas Blutzucker gemessen und nach unserer Anleitung auch Insulin gespritzt.
Dann kam eine neue Kindergartenleitung und hat dem Personal das Messen und Spritzen untersagt – mit dem Hinweis auf eine eventuelle Haftung. Auch sei es aus Kapazitätsgründen nicht mehr möglich, dass man sich derart intensiv um Carla kümmere. Ich solle doch überlegen, ob ein Integrationskindergarten in der 30 Kilometer entfernten Kreisstadt nicht besser wäre. Dort habe man mehr Möglichkeiten und bekomme auch extra Geldmittel, so dass man sich dort besser um Kinder mit Krankheiten oder Behinderungen kümmern könne.
Nun bin ich etwas ratlos: Einerseits weiß ich gar nicht, was ein Integrationskindergarten ist. Außerdem ist Carlas Diabetes ja nicht mit anderen Behinderungen vergleichbar. Ich habe Angst, dass sie sich dort nicht richtig entwickeln kann. Dazu kommt auch, dass ich alleinerziehend und berufstätig bin; ich kann Carla daher nicht in einen 30 Kilometer entfernten Kindergarten bringen. Gibt es denn sonst keine Möglichkeiten?
Oliver Ebert: Grundsätzlich ist es so, dass das Kindergartenpersonal nicht verpflichtet ist, medizinische Leistungen wie Spritzen oder Messen zu erbringen – Gleiches gilt übrigens auch für Lehrer. In den allermeisten Fällen wird das zwar kulanzweise und sehr engagiert gemacht – verlangen kann man es aber nicht.
Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes schreibt jedoch vor, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Aus diesem Grund sollen gemäß § 4 Abs. 3 SGB IX Leistungen für behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder so geplant und gestaltet werden, dass die Kinder nach Möglichkeit nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern betreut werden können. Aus diesem Grund gibt es für Eltern mehrere Möglichkeiten, um für das Kind dennoch einen normalen Kindergartenbesuch zu ermöglichen.
Bei Integrationskindergärten handelt es sich um Kindergärten, in denen nichtbehinderte und behinderte Kinder zusammen betreut werden. Die Gruppen dort sind in der Regel deutlich kleiner; außerdem sind diese Kindergärten vom Personal und von der Ausstattung her auf beeinträchtigte Kinder eingestellt.
Integrationskindergärten sind übrigens nicht zu verwechseln mit Sonderkindergärten: Diese nehmen nur Kinder mit meist schwerer körperlicher oder geistiger Behinderung auf. Solche Sonderkindergärten sind aber rückläufig, da sich Integrationskindergärten als bessere Alternative erwiesen haben. Kinder mit Diabetes kommen für Sonderkindergärten auch nur in Ausnahmefällen in Betracht.
Daneben kann aber auch in allgemeinen Kindergärten auf eine Einzelintegration oder auf die Bildung von integrativen Gruppen hingewirkt werden. Hierzu kann beim zuständigen Sozial- und/oder Jugendamt die Anerkennung eines zusätzlichen Förder- und Betreuungsbedarfs beantragt werden. Der Kindergarten kann damit dann Personal aufstocken und/oder kleinere Gruppen bilden. Ein solcher Integrationsplatz muss formell von den Erziehungsberechtigten des Kindes und vom Träger des Kindergartens beantragt werden.
Allerdings gibt es keinen Rechtsanspruch darauf, dass eine Gruppen- oder Einzelintegration in einem bestimmten Kindergarten erfolgt! Wenn ein Regelkindergarten aus zwingenden Gründen kein behindertes Kind (mehr) aufnehmen oder hinreichend betreuen kann, dann kann das Kind abgelehnt und an einen anderen geeigneten Kindergarten verwiesen werden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht vor Kurzem entschieden (BVerfG, 1 BvR 91/06 vom 10.2.2006, Volltext unter: www.diabetes-und-recht.de).
Es gibt – nicht nur für solche Fälle – aber auch die Möglichkeit, eine Begleitperson als Leistung der Eingliederungshilfe zu beantragen: Für medizinische Leistungen (z. B. das Blutzuckermessen oder Insulinspritzen) kann bei der Krankenkasse eine entsprechende Hilfeleistung beantragt werden. Für Betreuungs- und Überwachungsmaßnahmen, also nicht in erster Linie medizinische Aufgaben, können Eltern gemäß §§ 53, 54 SGB XII beim zuständigen Integrationsamt einen Antrag auf Integrationshilfe stellen, so dass eine Begleitperson oder ein Pflegedienst regelmäßig nach dem Kind schauen kann.
Alternativ können die Eltern gemäß § 57 SGB XII ein persönliches soziales Budget beantragen. Das ist eine monatliche Geldleistung, mit der die Familie selbst eine Begleitperson beauftragt und bezahlt.
von RA Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte Stuttgart, Balingen
Kontakt:
E-Mail: Sekretariat@rek.de
, Internet: www.diabetes-und-recht.de
Erschienen in: Diabetes-Eltern-Journal, 2013; 6 (3) Seite 26
5 Minuten
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