Das Abc der Fett-Protein-Einheit

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Das Abc der Fett-Protein-Einheit

Hat Eiweiß Einfluss auf den Blutzucker? Vielleicht kommt Ihnen die Situation bekannt vor: Ein schöner Sommerabend, Sie sitzen zusammen mit Freunden und Familie, genießen ein saftiges Steak mit einem knackigen Salat. Um kein Insulin spritzen zu müssen, lassen Sie Baguette, Kartoffel- und Nudelsalat links liegen. Bevor Sie gegessen haben und auch danach ist der gemessene Wert im Normbereich. Einige Stunden später aber ist er auf einmal erhöht – und Sie fragen sich, wie das passieren konnte …

Nicht nur Kohlenhydrate in Form von Zucker oder Stärke lassen den Blutzucker ansteigen: Auch Fett und Eiweiß nehmen Einfluss darauf. Während Ein- und Zweifachzucker, also Haushalts- und Traubenzucker, einen schnellen Anstieg bewirken, brauchen Mehrfachzucker wie stärke- und vollkornhaltige Produkte etwas länger. Ein Blutzuckeranstieg durch Fett und Eiweiß benötigt hingegen mehrere Stunden. Wann spielt diese Erhöhung eine Rolle?

FPE – nicht für jeden Diabetiker relevant

Falls Sie sehr fett- und eiweißreich essen und eher wenige Kohlenhydrate, wird von der Leber Fett und Eiweiß durch verschiedene Umbauprozesse in Zucker umgewandelt – das heißt Glukoneogenese; dieser Prozess benötigt einige Zeit, daher kommt es zum verzögerten Blutzuckeranstieg. Eine Fett-Eiweiß-Berechnung als Fett-Protein-Einheit (FPE) ist nicht für jeden Menschen mit Diabetes relevant; oftmals bemerken viele gar keinen verspäteten Blutzuckeranstieg nach dem Essen.

Wenn eine Mahlzeit sehr ausgewogen ist, also alle Nährstoffe zu bestimmten Anteilen enthalten sind, wird ein Blutzuckeranstieg durch Fett und Eiweiß meist nicht deutlich – eine FPE-Berechnung ist nicht nötig.Bei Kindern und Jugendlichenhaben Studien gezeigt, dass sich eine Berechnung der FPE positiv auf die Blutzuckerverläufe nach dem Essen auswirken kann. Eine FPE-Berechnung ist aber zeitintensiv und aufwendig und daher eher nichts für den Alltag.

Personen, die allerdings kohlenhydratarm oder tendenziell fett- und eiweißreich essen, könnten von einer FPE-Berechnung profitieren. Die Berechnung ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Fett- und Eiweißmenge der Mahlzeit den enthaltenen Kohlenhydratgehalt deutlich übersteigt – wie bei Steak mit Salat und einer kleinen Portion Baguette.

So berechnet man die Fett-Protein-Einheit

Eine FPE ist definiert als 100 Kilokalorien aus Fett und Eiweiß. Sie müssen nun herausfinden, wie viel Energie aus Fett (1 g liefert 9 Kilokalorien) und wie viel aus Eiweiß (1 g enthält 4 Kilokalorien) das Lebensmittel enthält. Bei fertig verpackten Produkten ist dies einfacher herauszufinden als bei loser Ware vom Metzger oder an der Verkaufstheke: Sie können über die Nährwertangaben auf den Verpackungen berechnen oder dazu in Nährwerttabellen nachschlagen.

Nachdem Sie die Energie (also die Kilokalorien) aus Fett und Eiweiß ermittelt haben, werden beide zusammengerechnet und das Ergebnis durch 100 geteilt: Sie erhalten die FPE für Ihr Lebensmittel (Berechnungsbeispiel: siehe Kasten) – diese wird nun analog dem Kohlenhydratfaktor (also KE- oder BE-Faktor) mit Insulin berechnet.

Berechnungsbeispiel


Rindersteak
  • Menge: 200 g
  • Gesamtkalorien: 219 kcal
  • Fett: 10 g
  • Eiweiß: 33 g
Kräuterbutter
  • Menge: 20 g
  • Gesamtkalorien: 115 kcal
  • Fett: 12 g
  • Eiweiß: 0 g

Kilokalorien aus Fett (22 g × 9 kcal) +
Kilokalorien aus Eiweiß (33 g × 4 kcal) =
———————————————-
Kilokalorien aus Fett und Eiweiß (330 kcal)


330 kcal : 100 = 3,3 FPE, gerundet 3 FPE

Die ermittelte FPE wird normalerweise mit dem jeweiligen KE- oder BE-Faktor multipliziert. Einige Personen rechnen auch mit einer Einheit Insulin für eine FPE. Allerdings ist hier Vorsicht geboten, denn erfahrungsgemäß ist eine FPE nicht gleichzusetzen mit einer KE- oder BE-Einheit. Daher sollte bei der Berechnung zunächst nicht die gesamte Insulinmenge für die FPE kalkuliert werden. Um Hypoglykämien zu vermeiden, hat es sich bewährt, mit kleinen Dosen anzufangen und die Insulinmenge bei Bedarf zu erhöhen.

Wie dosiert man FPE-Insulin am besten?

Auch zur Insulindosierung von FPE gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das größte Problem dabei ist der Blutzuckeranstieg erst Stunden nach der Mahlzeit; daher kann man mit einer direkten Insulinabgabe zum Essen wenig erzielen. Das injizierte Analoginsulin wirkt zu schnell, und der Blutzuckeranstieg ist hierfür zu langsam. Hier ist das Risiko einer Unterzuckerung groß.

Man kann dies verschiedentlich auffangen:
1.   das Insulin für die berechneten FPE nachträglich spritzen,
2.   das Insulin bestmöglich aufteilen – einen Teil vor der Mahlzeit und den zweiten danach bzw. einige Stunden später spritzen.

So können Sie das Insulin für die FPE verzögern:


FPE   Dauer von verzögertem/dualem/
Multi­wave-Bolus in der Pumpe
1   3 Stunden
2   4 Stunden
3   5 Stunden
mehr als 3   8 Stunden

Quelle: Pankowska et al., J Diabetes Sci Technol 2010; 4: 571 – 576

Da der Blutzuckeranstieg durch FPE von Mensch zu Mensch und Mahlzeit zu Mahlzeit verschieden ist, braucht die Insulindosierung viel Erfahrung und Übung. Mit einer Insulinpumpe könnte der verzögerte oder duale bzw. Multiwave-Bolus genutzt werden. Etwas einfacher wäre es, den verzögerten Blutzuckeranstieg nachträglich oder sogar am nächsten Morgen zu korrigieren.


von Patricia Kirschke
Bachelor of Science Ökotrophologie,
Diabetes- und Ernährungsberatung,
Diabetes-Klinik Bad Mergentheim,
Theodor-Klotzbücher-Straße 12,
97980 Bad Mergentheim,
Tel.: 0 79 31/5 94-1 63,
Fax: 0 79 31/5 94-8 91 61,
E-Mail: diabetesberater@diabetes-zentrum.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (5) Seite 28-29

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  • carogo postete ein Update vor 2 Tagen, 5 Stunden

    Hallo zusammen! Ich habe mich mit einer Freundin über die Rezepte in der Zeitschrift unterhalten und wir haben uns gefragt, was es eigentlich konkret mit den Nähwertangaben und der Unterscheidung zwischen Kohlenhydraten und anrechnungspflichtign KH auf sich hat?

    • Das wüsste ich auch gerne.

    • Liebe Carogo,
      anrechnungspflichtige KH sind Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel erhöhen. Es gibt auch KH, die nicht direkt blutzuckersteigernd wirken und damit für die Insulintherapie nicht oder nicht voll angerechnet werden müssen, wie bspw. Ballaststoffe oder KH, die nur sehr langsam den Blutzucker beeinflussen.
      VLG
      Gregor aus der Diabetes-Anker Redaktion

    • @gregor-hess: danke für die Antwort! Könntest du hierfür mal Beispiele nennen?

  • cesta postete ein Update vor 1 Woche, 5 Tagen

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

    • Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
      Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.

      LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c

    • Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)

    • @kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!

    • @moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • sveastine antwortete vor 3 Wochen

      @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • mayhe antwortete vor 3 Wochen

      Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

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