DDG begrüßt Ausstieg von Iglo aus Lebensmittelverband

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© siraanamwong – AdobeStock
DDG begrüßt Ausstieg von Iglo aus Lebensmittelverband

Wegen des Streits über die Kennzeichnung von Lebensmitteln wird Iglo, Hersteller von Tiefkühl-Lebensmittelprodukten, den Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft (BLL) verlassen. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) begrüßt diese Entscheidung.

Das Unternehmen Iglo hat angekündigt, aus dem Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft BLL (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V.) auszutreten. Gründe dafür seien laut Unternehmensangaben eine „fehlende strategische Ausrichtung auf die Herausforderungen der Zukunft der Branche und die Vernachlässigung der Bedürfnisse von mittelständischen Branchenmitgliedern“.

Mitgliedschaft im Branchenverband erscheint Iglo nicht mehr sinnvoll

Im Zuge der Debatte um eine Einführung einer Lebensmittelkennzeichnung sind grundsätzliche Defizite in der Ausrichtung des Verbandes zutage getreten“, so Antje Schubert, Vorsitzende der Geschäftsführung von Iglo Deutschland, „so dass eine Mitgliedschaft unseres Unternehmens nicht mehr sinnvoll erscheint.“

Die Haltung und Vorgehensweise des BLL seien mit den Wertvorstellungen einer verantwortungsvollen und an den Bedürfnissen der Verbraucher ausgerichteten Lebensmittelwirtschaft nicht vereinbar. Mit dem Austritt möchte Iglo ein deutliches Signal setzen und hofft, dass dieser Schritt eine überfällige, brancheninterne Debatte um die Zukunftsausrichtung auslösen wird.

DDG: BLL hat „Zeichen der Zeit in Sachen gesunde Ernährung verschlafen“

Zur Ankündigung des Herstellers Iglo, den Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft BLL (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V.) zu verlassen, kommentiert Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG):

„Wir begrüßen die Entscheidung von Iglo, nicht länger einen Verband zu unterstützen, der die Zeichen der Zeit in Sachen gesunde Ernährung verschlafen hat. Der BLL profiliert sich bislang als Verhinderer vieler wissenschaftlich empfohlener Maßnahmen zur Eindämmung von Übergewicht. Dies wurde zuletzt deutlich bei der Diskussion um den Nutri-Score, der ebenfalls nicht vom BLL unterstützt wird, obwohl bereits fünf deutsche Hersteller, darunter Iglo, das Kennzeichnungssystem eingeführt haben oder dies planen.“

„Iglo zeigt, dass es auch anders geht und die Lebensmittelindustrie Teil der Lösung sein kann und will. Für den BLL muss dies ein Weckruf sein, seine Blockadehaltung in Sachen gesunder Ernährung aufzugeben. Ein konkreter Schritt wäre die Unterstützung des Nutri-Scores als europäische Lösung einer verständlichen Lebensmittelkennzeichnung.“

Symbolpolitik, unzeitgemäß, kein offener Dialog – diese Punkte kritisiert Iglo am BLL

Die Kritik von Iglo am Gebaren des BLL macht das Unternehmen konkret an drei Punkten fest:


1. Der BLL betreibe Symbolpolitik – speziell beim Thema Europa:

Zwar würde in einer aktuellen Kampagne des Verbands ein klares Bekenntnis zu Europa gefordert, gleichzeitig sperre sich der BLL aber vehement gegen eine gesamteuropäische Lösung bei der Lebensmittelkennzeichnung und setze lieber auf eine rein nationale, deutsche Lösung. Dieser Widerspruch sei „ein industriepolitisches Armutszeugnis“.


Hier finden Sie das Statement des Unternehmens zu diesem Punkt im Wortlaut.

Symbolpolitik anstelle eines aktiven, europäischen Gestaltungswillens
Die deutsche Wirtschaft und ebenso die deutsche Lebensmittelwirtschaft ist fest in Europa verankert und profitiert von einem Binnenmarkt. Einer der Gründe ist der der sukzessive Abbau von nationalen Schranken und der Aufbau von effizienten, länderübergreifenden Lösungen. Davon profitieren insbesondere die mittelständischen Lebensmittelunternehmen.

Die aktuelle BLL-Kampagne #Helden für Europa („Lebensmittelwirtschaft fordert klares Bekenntnis zu Europa“) kann jedoch nur als Symbolpolitik bezeichnet werden, wenn gleichzeitig bei der Lebensmittelkennzeichnung eine rein nationale, deutsche Lösung vorgeschlagen wird. Eine deutsche Einzellösung bedeutet für die Unternehmen im internationalen Kontext zusätzlichen Verwaltungsaufwand, eine höhere Kostenbelastung und einen unnötigen Erklärungsaufwand für deren Vermittlung an die Verbraucher.
„Der Widerspruch der Aktionen des BLLs ist ein industriepolitisches Armutszeugnis für die Lebensmittelindustrie“, so Schubert, „und konterkariert den Weg, den die meisten Mitgliedsunternehmen bereits heute aktiv gehen.“ Die Erwartung an einen Branchenverband sei, dass er über den Tellerrand blicke und auch europäische Lösungen im Interesse aller Mitglieder vorantreibe.


2. Der BLL verharre im Gestern statt gesellschaftliche Veränderungen mitzugestalten:

Anstatt auf die Wünsche der Verbraucher einzugehen und den gesellschaftlichen Wandel zu berücksichtigen und mitzugestalten, arbeite der BLL lediglich daran, die Bestandsinteressen der Lebensmittelindustrie zu verteidigen und zu bewahren: „Wer heute glaubt, dass man Themen ‘politisch wegmoderieren‘ könne, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt“, moniert Iglo-Sprecherin Schubert.


Hier finden Sie das Statement des Unternehmens zu diesem Punkt im Wortlaut.

Verharren im Gestern anstelle einer Mitgestaltung von gesellschaftlichen Veränderungen
„er BLL ist in den konkreten Aktivitäten darauf fokussiert, die (Bestands-)Interessen der Lebensmittelindustrie ausschließlich zu verteidigen und zu bewahren. Wesentliche gesellschaftliche Veränderungen werden weder aufgenommen, noch übernimmt der BLL als Sprachrohr der Branche eine Gestaltungsposition im Sinne einer gesellschaftlichen Verantwortung der Lebensmittelindustrie ein.

„Das wichtigste Kapital von Lebensmittelunternehmen ist Vertrauen“, so Schubert weiter. „Die Menschen in unserer Gesellschaft gewinnen wir als Branche nur mit Antworten auf ihre (neuen) Fragen. Wer heute glaubt, dass man Themen ‘politisch wegmoderieren‘ könne, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.“
Ein Verband sollte auch der Zukunft gerecht werden und den gesellschaftlichen Wandel berücksichtigen – und auf dieser Basis bestehende Positionen korrigieren. Das Beispiel der vielfachen medialen Formate i. S. „die Tricks der Lebensmittelindustrie“ zeige deutlich die Herausforderungen der Branche auf. Um einem generellen Vertrauensverlust der Branche entgegenzuwirken, bedarf es mutiger, gegebenenfalls unbequemer, neuer Schritte.
Wenn die maßgeblichen Akteure im BLL dies nicht erkennen, schaden sie ihren eigenen Mitgliedern und nicht zuletzt der Reputation der Lebensmittelindustrie.


3. Im BLL fänden kleine Mitgliedsunternehmen kein Gehör:

Der Verband betriebe eine Art der „Hinterzimmerpolitik“, bei der nur die großen Akteure über die Aktivitäten und Entscheidungen bestimmen. Das Thema der transparenten Lebensmittelkennzeichnung sei beispielsweise nicht ergebnisoffen mit allen Mitgliedern diskutiert worden; vielmehr stand die BLL-Position sc hon fest, ohne dass gegenteilige Meinungen und Ansichten gehört und berücksichtigt wurden.


Hier finden Sie das Statement des Unternehmens zu diesem Punkt im Wortlaut.

Kleine Mitgliedsunternehmen finden kein Gehör anstelle eines offenen Dialogs
„Die Lebensmittelwirtschaft lebt von der Vielfalt – sowohl beim Produktangebot, als auch hinsichtlich der Einstellungen und Meinungen der Mitglieder. Leider ist die BLL-Kultur geprägt von einer Art der „Hinterzimmerpolitik“. Dort entscheiden die großen Akteure über die Aktivitäten und Entscheidungen. Ein aktiver Dialog mit dem führenden deutschen Tiefkühlkostunternehmen oder thematisch betroffenen Akteuren gehört nicht zum Alltag.

So kommt es dazu, dass beispielsweise das Thema einer Lebensmittelkennzeichnung nicht ergebnisoffen, sondern bereits vorgeprägt behandelt wird. „Wir hätten uns gewünscht, dass iglo im Vorfeld einer Entscheidung zu einem BLL-Vorschlag für einen nationalen Alleingang hinsichtlich einer deutschen Nährwertkennzeichnung eingebunden worden wären“, so Antje Schubert. „Hier wurden Befürworter gezielt ausgegrenzt. Ein solches Verhalten ist für einen Branchenverband unwürdig.“
Ein derartiges Thema hätte zwingend eine Debatte mit den betroffenen Unternehmen bedurft, so dass zumindest die unterschiedlichen Positionen innerhalb eines verbandsinternen Dialogs Gehör finden können.“
Wenn die maßgeblichen Akteure im BLL dies nicht erkennen, schaden sie ihren eigenen Mitgliedern und nicht zuletzt der Reputation der Lebensmittelindustrie.



Redaktion diabetes-online.de

Kirchheim-Verlag, Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 14, 55130 Mainz,
Tel.: (0 61 31) 9 60 70 0, Fax: (0 61 31) 9 60 70 90,
E-Mail: redaktion@diabetes-journal.de

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 4 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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