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Früher ein allenfalls belächeltes Randthema, heute ein thematisches Schwergewicht: Angehörige und Freunde von Menschen mit Diabetes rücken immer mehr in den Fokus der Diabetologie, sodass es sogar eine eigene Kategorie für sie gibt: den Typ-F-Diabetes. Wieso dies richtig und wichtig ist, erläutert Günter Nuber in der Blickwinkel-Kolumne.
Es war nach einem Kongress des Weltdiabetesverbandes IDF (International Diabetes Federation), ich meine im Jahr 2000 (in Mexiko): Damals lauschte ich einer Runde Diabetes-Experten, die, vom Kongress heimgekehrt, sich darüber amüsierten, dass international nun neben dem Typ-1- und Typ-2-Diabetes ein neuer Typus diskutiert wird: jener, der der Rolle von Lebenspartnern und Familienangehörigen gerecht werden soll. Heute sagen wir „Typ-F-Diabetes“ dazu: das „F“ stellvertretend für Familie, Freunde, eben Angehörige. Ganz unmedizinisch – aber sozialpsychologisch offensichtlich international ein Thema. Schon damals.
Was die zentrale Rolle sowie Diabetes-Betroffenheit der Eltern von Kindern mit Diabetes angeht, auch deren Diabetes-Involvement: Darüber gab es nie Diskussion. Klarer Fall von Typ-F-Diabetes. Seit zwei, drei Jahren nun rücken mehr und mehr jene „Typ-Fler“ ins Themenfeld der sozialen Netzwerke, die als Partner mit Typ-1-Diabetikern zusammenleben. Ist ja nachvollziehbar:
Im Internet tauscht man sich aus (bzw. gründet Gruppen) über wirklich alle Teilaspekte des Lebens, über den Gemütszustand einer Eintagsfliege mit Nahtoderfahrung (Fliegenklatsche!). Das Zusammenleben mit einem Menschen, dessen Alltag (und damit der eigene) zusätzlich geprägt ist vom Hantieren mit Insulin, Insulinpumpe, Sensoren in allen Lebenslagen, ist hingegen ein thematisches Schwergewicht. Für viele.
Auf dem Live-Forum #Diabetesbarcamp in Frankfurt im September gab es einen vollbesetzten Workshop dazu: Pärchen diskutierten, die 7 Jahre miteinander lebten – oder 7 Monate. Bei den einen war der Diabetes schon da, als man zusammenfand, bei den anderen kam er erst dazu („Wir schaffen das, meine Kleine“). Die eine geht offensiv damit um, das andere Paar benötigt 7 Jahre, um „die Diabetes-Last mit dem anderen zu teilen“. Niemand solle zusehen, „wie ich in die Küche krieche und mich am Kühlschrank hochhangele …“.
Ein anderer muss in der Hypoglykämie in der Küche zusammenbrechen, sich die Schulter brechen, bis er Frau und Sohn einbezieht in seinen Diabetes. Einig war man sich weitgehend über „den schmalen Grat zwischen zu viel und zu wenig Anteilnahme“ – und so erfinden, vereinbaren und benutzen manche Pärchen Codewörter, die dem Hypoglykämie-gefährdeten Partner ultimativ die drohende Unterzuckerung ankündigen. Trefferquote 100 Prozent, wie man hört.
Andere wie Bloggerin Ramona erkennen im „Typ F“ derzeit einen Hype, ein aufgebauschtes Thema; den Diabetes könne man selbst nicht recht verstehen – wie dann der Partner? Und etwas Frust schwingt auch mit: „Der Typ-Fler ist trotzdem, was er ist: gesund.“
Seit kurzem gibt es jedenfalls ein eigenes Schulungsprogramm, das Angehörige von Menschen mit Diabetes in den Mittelpunkt stellt. Es heißt „DiaLife – zusammen leben mit Diabetes“. Entwickelt wurde es vom Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD) und Kooperationspartnern. Mit Modulen zur Insulintherapie, zu Strategien der Kommunikation, zu Notfallsituationen sowie tatsächlich zu „Leben mit Diabetes nachempfinden“. Das Bundesministerium für Gesundheit hat dieses Programm gefördert. Tolle Sache!
Als Schlusswort der Frankfurter Runde sagte Moderatorin und Diabetikerin Nadja in die Runde: „Ich finde es toll, dass Ihr für uns da seid und den Weg mit uns geht.“ Dem ist aus meinem Blickwinkel nichts hinzuzufügen.
von Günter Nuber
Chefredaktion Diabetes-journal,
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (10) Seite 29
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