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Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf." – Dieses kluge afrikanische Sprichwort gilt weltweit auch für Kinder mit Diabetes. Selbstverständlich brauchen sie ihre Eltern ganz besonders, weil die neben vielen anderen Dingen zusätzlich die Diabetesbehandlung verantwortlich durchführen und überwachen.
Aber auch viele andere Personen, Großeltern, Geschwister, Tanten und Onkel, Freunde und Nachbarn tragen dazu bei, dass Kinder wichtige Erfahrungen außerhalb der engsten Familie sammeln können. Dabei lernen Mädchen und Jungen, sich in unterschiedlichen Umgebungen wohlzufühlen, sich einzuordnen und selbstbewusst neue Aufgaben anzugehen.
In vielen Familien sind heute beide Eltern berufstätig, etwa 17 Prozent der Kinder in Deutschland wachsen bei einem alleinerziehenden Elternteil auf. Die Zeit, die Kinder und Eltern heute in Ruhe miteinander verbringen können, ist oft viel zu knapp. Und hohe Ansprüche an die Flexibilität im Beruf erschweren das Familienleben und die gute Versorgung eines Kindes mit Diabetes zusätzlich. Trotz bestem Willen können Eltern deshalb nicht immer alles allein schaffen.
"Diabetes ist ein Familienprojekt", schrieb der australische Kinderdiabetologe Prof. Fergus Cameron 2015 in einem viel beachteten Beitrag in der Fachzeitschrift
Gleichzeitig sind viele Omas und Opas jung genug, um selbstverständlich mit neuen Technologien umzugehen, sportlich aktiv zu sein und die Behandlung eines Kindes mit Typ-1-Diabetes verantwortlich zu überwachen. Frau B. (63) hatte vor einem Jahr bei ihrem dreijährigen Enkel vermutet, dass sein unstillbarer Durst etwas mit Diabetes zu tun haben könnte und ihrer Tochter geraten, zum Kinderarzt zu gehen.
"Für mich war es selbstverständlich, nach der schlimmen Diagnose an der Diabetesschulung teilzunehmen. Ich wollte ja weiter für unseren Enkel da sein und seine Eltern unterstützen. Wir alle hatten zu Beginn etwas Sorge, ob es mit der Pumpe und dem Kathetersetzen sicher klappt. Inzwischen ist auch das für mich Routine wie Telefonieren", berichtet die engagierte Großmutter.
Viele Großeltern sind zunächst tief traurig, wenn sie von der Diabetesdiagnose bei ihrem Enkelkind hören. Aus ihrem Freundeskreis oder sogar aus eigener Erfahrung kennen sie den Typ-2-Diabetes und dessen Behandlung. Dagegen wissen nur wenige über den Typ-1-Diabetes bei Kindern Bescheid. Manche Großeltern mit Typ-2-Diabetes machen sich sogar – völlig unbegründet – Vorwürfe, dass sie den Diabetes an den Enkel "weitervererbt" hätten. Gegen solche Fehleinschätzungen und übertriebene Ängste helfen nur gute Information und klare Absprachen zwischen den Generationen:
Während einer Diabetesschulung berichtete Herr R. (68), dass er sich jetzt intensiv in den Typ-1-Diabetes einarbeiten wolle. Er sei sich nicht sicher, ob er das noch schaffe. Der Vater seiner drei Enkelkinder – der achtjährige Enkelsohn hat Diabetes – habe die Familie verlassen. Die Mutter müsse arbeiten. Herr R. hat viel Rückhalt durch andere Eltern erfahren und konnte sich mit Hilfe seines Enkelsohnes, der sich nach drei Jahren Diabetes schon wie ein "Profi" fühlte, und dem Diabetesteam das notwendige Wissen und die praktischen Fertigkeiten aneignen.
Nicht alle jungen Familien haben das Glück, Großeltern in der Nähe zu haben. Und manchmal ist ein harmonisches Miteinander einfach nicht möglich, weil ein Großelternteil die Notwendigkeit der Diabetestherapie nicht sehen will, das Kind heimlich mit Süßigkeiten "verwöhnt" und es damit gefährdet. In seltenen Ausnahmefällen sind Großeltern trotz ausführlicher Aufklärung weiter uneinsichtig. Die Eltern haben berechtigte Zweifel, ob diese Großeltern gut für ihr Kind sind.
Dann sollten Eltern andere Menschen aus der Familie, dem Freundeskreis oder der Nachbarschaft in die Betreuung des Kindes einbeziehen. Es ist kein falsch verstandener Egoismus, wenn Eltern eines Kindes mit Diabetes sich regelmäßig eine kurze Auszeit – Restaurantbesuch, Theater, Sport, Wochenende etc. – nehmen, um die Partnerschaft zu pflegen und neue Kräfte zu tanken. Und ihre Kinder lernen so von früh auf, dass sie nicht nur Zuhause sicher sind.
In fast allen Bundesländern gibt es dazu auch Initiativen von Menschen mit Typ-1-Diabetes, die als Paten oder Ersatzgroßeltern in Notfällen einspringen oder junge Familien über längere Zeit unterstützen wollen. Über diabetes-kids.de kann unter dem Stichwort "Diabetes-Paten" ein Kontakt angebahnt werden. Die Diabetes-Paten springen auch in Notfällen ein, wenn z. B. ein Elternteil ins Krankenhaus muss oder sich aus anderen Gründen weniger kümmern kann. Auch die Diabetes-Nannys der Stiftung Dianiño helfen, solche Notsituationen zu überbrücken.
Viele Kinder lieben ihre Großeltern, weil die sie verwöhnen, nicht "ganz so streng" sind wie die Eltern, Zeit für sie haben. Das sollte sich auch mit Diabetes nicht ändern. Verwöhnen heißt heute aber für kein Kind, ihm unbegrenzt Süßigkeiten, Computerspiele oder Fernsehen zu erlauben. Dies schadet allen Kindern. Verwöhnen kann bedeuten, Kindern wichtige Erfahrungen zu vermitteln, z. B. gemeinsam kochen oder backen, interessante Ausstellungen für Kinder oder einen Zoo besuchen, Geschichten erzählen oder vorlesen, Basteln, zum Sport begleiten oder anders zusammen aktiv sein.
Und schließlich sind das geduldige Zuhören, Anregungen zur Lösung von Problemen und immer wieder Ermutigung und Zuneigung das Wichtigste, was Großeltern ihren Enkeln schenken können.
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