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Welche gesundheitspolitische Themen stehen bei den zur Bundestagswahl 2025 antretenden Parteien auf der Agenda – insbesondere in Bezug auf die Diabetes-Versorgung und -Prävention? Politik-Redakteur Markus Sefrin hat die Vorhaben unter die Lupe genommen.
Früher als erwartet werden die Menschen in Deutschland am 23. Februar an die Urnen gerufen, um über die bundespolitische Ausrichtung der nächsten vier Jahre zu entscheiden. Und die rund neun Millionen Menschen mit Diabetes hierzulande stehen damit auch vor der Frage, ob es Themen im Zusammenhang mit dieser Krankheit gibt, die für sie bei der Wahl eine Rolle spielen. Denn auf der politischen Agenda stehen davon so einige.
Zu den Gesetzesvorhaben der Ampelkoalition, die buchstäblich kurz vor Toresschluss der letzten Wahlperiode noch verabschiedet werden konnten, zählt die Krankenhausreform. Das zentrale Projekt von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) ist damit formal seit Jahresbeginn in Kraft – doch viele Details sind noch offen. Manche wie die Leistungsgruppen und die dahinterstehenden Qualitätsmerkmale werden laut Plan ohne weitere Parlamentsbeschlüsse, aber mit Zustimmungspflicht des Bundesrats, in Rechtsverordnungen festgelegt, die jetzt unter Leitung des nächsten Gesundheitsministers erarbeitet werden.
Andere Punkte wie die Berechnung der Vorhaltefinanzierung, die Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung und die Regelungen zur sektorenübergreifenden Versorgung sind von Kritikern der Reform ausgemachte Sollbruchstellen des Lauterbach’schen Entwurfs, die im Laufe der nächsten vier Jahre wahrscheinlich neue Entscheidungen erfordern.
Weitestgehende Erleichterung war bei den niedergelassenen Diabetologen über das Aus für das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) zu spüren. Der Entwurf dafür hatte im September 2024 Ärzte und Patienten vor das Gesundheitsministerium in Berlin getrieben, um mit über 90.000 Unterschriften auf die Gefahren des geplanten Gesetzes für Diabetes-Schwerpunktpraxen hinzuweisen.
Denn es sollte das Prinzip gelten „ein Patient, ein Hausarzt, eine Pauschale“, was die Schwerpunktpraxen von einer wesentlichen Finanzierungsquelle abgeschnitten hätte. In der Politik gab man zerknirscht zu, diese möglichen Folgen schlicht nicht bedacht zu haben. „Die positive Nachricht: Ich glaube, dass wir sowohl im Ministerium als auch bei Gesundheitspolitikern angekommen sind“, zeigte sich Dr. Tobias Wiesner auf der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) letzten November in Hannover überzeugt.
Die Bedeutung des Diabetes und die Besonderheiten der Versorgung dieser Volkskrankheit sei den Entscheidern nun besser bewusst, so das DDG-Vorstandsmitglied. Die Herausforderungen, die das GVSG lösen sollte, bleiben aber bestehen, auch die neue Regierung wird hier Lösungen finden müssen. „Alles auf Anfang!“, fasste Wiesner zusammen.
Auch wenn so mancher angesichts des Ankündigungs-Feuerwerks von Gesundheitsminister Lauterbach zum Schluss öfter mit den Augen gerollt hat, fallen in seine Amtszeit tatsächlich Meilensteine der Digitalisierung des Gesundheitswesens: Seit Anfang 2024 ist das E-Rezept verpflichtend, seit 15. Januar dieses Jahres gibt es die elektronische Patientenakte (ePA) für alle als Standard mit Widerspruchsmöglichkeit. Exemplarisch sieht man an der ePA, was bei dem Dauerthema Digitalisierung auch die nächste Bundesregierung beschäftigen wird: Ärzte beklagen Bürokratie und Praxisferne, Datenschützer warnen vor Missbrauchsmöglichkeiten und Patienten wünschen sich eine Gesundheitsversorgung auch ohne Informatik-Studium.
Mit viel Sympathie verfolgte die organisierte Diabetologie in der letzten Legislaturperiode die Bestrebungen, die an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel einzuschränken. Das Gesetzesvorhaben von Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) ist ein Paradebeispiel für die ampelinterne Blockade durch ganz grundsätzliche Uneinigkeit: Der Gesetzentwurf aus dem Februar 2023 schaffte es daher nicht einmal ins Parlament. Ob das Thema auch auf der Agenda der nächsten Bundesregierung auftaucht, wird wohl maßgeblich von deren Zusammensetzung abhängen.
Der Bundestags-Beschluss zur Nationalen Diabetesstrategie stammt aus dem Juli 2020 und damit aus den Schlusstagen der bald vorletzten Bundesregierung, der bis dato letzten Großen Koalition. Zwar hat sich seitdem am Robert Koch-Institut (RKI) mit der Diabetes-Surveillance ein Mosaikstein dieser Strategie gut entwickelt, doch insgesamt war sie in den letzten Jahren eindeutig aus dem Fokus geraten. Darauf wies auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Dietrich Monstadt immer wieder hin – ob sich das ändert, wenn seine Partei nicht mehr in der Opposition sitzen sollte, bleibt freilich abzuwarten.
Prävention ist immer ein Thema, wenn es um Diabetes insbesondere des Typs 2 geht. Auch sie ist daher eine Säule der Diabetesstrategie. Die Ampelregierung hatte sich die Gründung eines „Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit“ auf die Fahnen geschrieben, das zwischenzeitlich auch als „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (BIPAM) die Prävention im Namen trug. Die inhaltliche Ausgestaltung und Organisation wurde jedoch viel kritisiert, das entsprechende Gesetzesvorhaben blieb bis zum Koalitionsbruch unvollendet.
Gleiches gilt auch für das „Gesunde Herz-Gesetz“, mit dem Lauterbach die im internationalen Vergleich hohe Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland senken wollte. Auch hier galt „Gut gemeint ist nicht gut gemacht“. Die geplanten Vorhaben wurden zwar größtenteils von Kardiologen unterstützt, doch selbst die störten sich an der Finanzierung über Krankenkassen-Mittel, die bisher für Präventions- und Bewegungsprogramme vorgesehen waren.
von Marcus Sefrin
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (1/2) Seite 50-51
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