Das Gesunde-Herz-Gesetz: Präventionspolitik durch Ampel-Bruch ins Herz getroffen

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Das Gesunde-Herz-Gesetz: Präventionspolitik durch Ampel-Bruch ins Herz getroffen | Foto: Yeti Studio – stock.adobe.com
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Das Gesunde-Herz-Gesetz: Präventionspolitik durch Ampel-Bruch ins Herz getroffen

Streit über das Gesunde-Herz-Gesetz war sicher kein Grund für den Bruch der Ampel-Koalition, es gab sogar einen Kabinettsbeschluss. Unter den Akteuren des Gesundheitswesens war das Vorhaben im Detail aber durchaus umstritten. Was bleibt von der Idee über?

Der Tag, an dem das Gesunde-Herz-Gesetz (GHG) zur ersten Lesung im Bundestag aufgerufen wurde, wird wohl lange im politischen Gedächtnis Deutschlands bleiben – nicht wegen der Debatte zu dem Gesetzesvorschlag am 6. November, sondern weil kurz danach an diesem Abend die Ampelkoalition mit einem Knall zerbrochen ist. Die Zukunft des GHG und der anderen gesundheitspolitischen Projekte der bisherigen Bundesregierung, von der Krankenhausreform bis zum Werbeverbot für ungesunde Kinderlebensmittel, ist damit ungewiss.

Ein gesundes Herz per Gesetz: Wenn es so einfach wäre, hätte wohl nicht erst Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ein solches Vorhaben in den Bundestag gebracht. Auf das „Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit“ hatte sich die Ampelkoalition Ende August tatsächlich noch mit einem gemeinsamen Kabinettsbeschluss geeinigt.

Mehr Kosten und kaum Nutzen, urteilte Dietrich Monstadt, Berichterstatter für Diabetes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in der Debatte über den Entwurf. „Das GHG ist nicht nur realitätsfern, sondern bindet auch immense Mittel, die besser in bewährte Präventionsmaßnahmen investiert wären“, warnte er. Monstadt kritisierte auch explizit, dass die vor über vier Jahren verabschiedete Nationale Diabetes-Strategie bis heute nicht umgesetzt wurde.

In einem Änderungsantrag zum GHG kritisierte die Unions-Fraktion einen „Trend hin zu einer stärkeren Medikalisierung“ und plädierte für mehr Primärprävention. Und sie nahm einige Forderungen der Diabetologie auf: Die Bundesregierung solle sich mit den Ländern dafür einsetzen, Schulgesundheitsfachkräfte zu etablieren und verpflichtende Einheiten zur Gesundheitsbildung in Schulen einzuführen, die gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung in den Lehrplan integrieren.

Gesunde-Herz-Gesetz: Bruch der Ampel-Koalition brachte Ende für den „guten Anfang“

Johannes Wagner sprach in der Debatte für Bündnis 90/Die Grünen vom GHG als „guten Anfang“. Es seien aber alle Säulen der Prävention wichtig, neben Früherkennung und Nachsorge auch die Vermeidung kardiovaskulärer Krankheiten, auch durch gesunde Lebensumstände und eine Umgebung, die Kinder schützt und Bewegung fördert. Hier habe sich, trotz des Einsatzes von Monstadt, auch die Union eher als Blockierer gezeigt, monierte er.

Für das nun wohl ausfallende parlamentarische Verfahren hatte er ein klares Ziel ausgegeben: „Mittel der Krankenkassen, die bisher dafür eingesetzt werden, die Gesundheitskompetenz der Menschen zu stärken und ihre Lebensumstände gesünder zu machen, müssen auch in Zukunft umfänglich hierfür zur Ver­fügung stehen. Alles andere würde die Prävention in Deutschland auch langfristig in falsche Bahnen lenken.“

Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Warum ein Gesetz?
  1. Deutschlands Rückstand in der Lebenserwartung zum Durchschnitt der anderen westeuropäischen Länder bertrug im Jahr 2000 rund 0,7 Jahre – 2019 waren es bereits etwa 1,4.
  2. Unter 5 Prozent der Menschen mit genetisch bedingt hohen Cholesterin-Werten in Deutschland sind diagnostiziert.
  3. 70 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden durch unge­sunde Ernährung, Bewegungsmangel, Rauchen und Alkoholkonsum verursacht.

Die Nationale Herz-Allianz gehörte zu den Unterstützern des Gesundes-Herz-Gesetzes, auch sie nannte es einen „guten Anfang“. Es solle aber in eine gezielte nationale Herz-Kreislauf-Gesundheitsstrategie münden, plädierte das Bündnis aller großen herzmedizinischen Fachgesellschaften Deutschlands und der Deutschen Herzstiftung als Patientenvertretung für Verbesserungen.

Diese sollte Verhältnis- und Verhaltensprävention, Beginn der Lebensstil-Modifikation im Kindesalter, Anerkennung genetischer Ursachen und der Nikotinsucht als Krankheit und vor allem auch Maßnahmen zur Steigerung der Laien-Reanimation adressieren, erklärt die Allianz. Allein durch Letzteres wären rund 10 000 Menschenleben pro Jahr zusätzlich zu retten, betont sie.

Explizit forderte die Nationale Herz-Allianz, dass die bisherigen Leistungen der Krankenversicherungen zur Verhaltensprävention nach § 20 Absatz 5 SGB V nicht zugunsten des GHG umgeschichtet werden dürfen. Insbesondere die qualitätsgeprüften Bewegungsangebote müssten erhalten bleiben, so die Herzexperten.

Medikamentöse Cholesterin-Senkung bei Kindern: „Aber die lieben Kleinen!“

Als emotionales Argument gegen das „Gesunde-Herz-Gesetz“ wurde gern die angeblich geplante medikamentöse Therapie zur Cholesterin-Senkung auch bei Kindern ins Feld geführt. Der Entwurf sah einen gesetzlichen Anspruch auf erweiterte Leistungen zur Früherkennung einer Fettstoffwechsel-Erkrankung im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche vor.

Ziel war, insbesondere die familiäre Hypercholesterinämie (FH) frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Dabei handelt es sich um eine gar nicht so seltene angeborene Störung des Fettstoffwechsels, die bereits im Kindesalter zu einer ausgeprägten Erhöhung des LDL-Cholesterins und damit erhöhtem Herzinfarkt-Risiko schon in jüngeren Jahren führt.

Familiäre Hypercholesterinämie: vererbtes Risiko

Es gibt zwei Formen der familiären Hypercholesterinämie: Die heterozygote (nur ein Elternteil hat die Veranlagung vererbt) führt unbehandelt zu LDL-Cholesterin-Werten zwischen 200 und 450 mg/dl (statt 100 mg/dl bei Gesunden) und tritt bei 1 von 250 Menschen auf. Die homozygote (von beiden Elternteilen vererbt) führt zu noch drastischeren Erhöhungen des LDL-Cholesterins bis 1000 mg/dl und tritt bei 1 von 1 Million Menschen auf.

Um die Therapie auf die Kinder mit dem höchsten Risiko zu fokussieren, sollte laut Gesetzentwurf bei hohen Cholesterinwerten in der geplanten U-Unter­suchung eine genetische Diagnose der FH folgen. Es sei nicht geplant, eine Statin-Therapie bei Kindern ohne genetisch determinierte FH zu initiieren, strich die nationale Herz-Allianz klar heraus.

Die Deutsche Gesellschaft für pädia­tri­sche und adoleszente Endokrinologie und Diabetologie (DGPAED) hatte die Aufnahme eines FH-Screenings in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf sehr begrüßt und empfohlen, es an die U9 anzugliedern. Bei erkannten Patienten sei dann tatsächlich der frühzeitige Einsatz von Statinen, aber auch anderen medikamentösen Cholesterinsenkern erforderlich.

Ob es nun noch zu einem Herz-Gesetz kommt, ist zweifelhaft. Als noch vor der Bundestagsdebatte ein SPD-Landesminister überlegt hatte, das Gesetz in die kommende Legislatur zu verschieben, stieß er auf Ablehnung. Eine Parteikollegin befürchtete laut Medienberichten, ein solcher Stopp könnte eine „mehrjährige Verschiebung“ des wichtigen Themas zur Folge haben. Ob das stimmt, wird man nun sehen müssen.


von Marcus Sefrin

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2024; 72 (12) Seite 48-49

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  • cesta postete ein Update vor 1 Woche, 2 Tagen

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

    • kw antwortete vor 1 Woche

      Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
      Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.

      LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c

    • moira antwortete vor 1 Woche

      Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)

    • @kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!

    • @moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

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