Diabetes und Recht: Ist die Rückkehr in die gesetzliche Krankenkasse möglich?

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Diabetes und Recht: Ist die Rückkehr in die gesetzliche Krankenkasse möglich? | Foto: Fokussiert - stock.adobe.com
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Diabetes und Recht: Ist die Rückkehr in die gesetzliche Krankenkasse möglich?

Mit zunehmendem Alter steigen die Beiträge in der privaten Krankenversicherung (PKV), was insbesondere für Menschen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes zu einer erheblichen finanziellen Belastung führen kann. Monatliche Kosten im vierstelligen Bereich sind keine Seltenheit. Viele Privatversicherte fragen sich: Ist vor diesem Hintergrund ein Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) möglich?

Ein zentrales Problem in der privaten Krankenversicherung sind die Kosten, die vor allem für Menschen mit chronischen Krankheiten bei zunehmendem Alter stark ansteigen. Die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind dagegen einkommensabhängig und auf einen Höchstbetrag gedeckelt; es werden dort nur Einkünfte bis maximal 5.175 Euro im Monat bzw. 62.100 Euro im Jahr (bis zur Beitragsbemessungsgrenze, Stand 2024) zur Beitragsberechnung berücksichtigt.

Problematisch kann auch das System der Kostenerstattung werden: Privatpatienten müssen Behandlungskosten zunächst vorstrecken und können diese dann bei der Versicherung zur Erstattung einreichen. Immer wieder kommt es dabei aber zu Unstimmigkeiten und Rechnungen werden nicht akzeptiert oder gekürzt. In solchen Fällen bleibt oft nur der kostspielige und risikobehaftete Weg, die Versicherung zu verklagen. Vor diesem Hintergrund möchten viele ältere Privatversicherte in die GKV wechseln. Dies ist aber grundsätzlich nur bis zum 55. Lebensjahr möglich. Danach gibt es nur wenige Optionen.

Fakten zur Rückkehr in die GKV
  1. Eine Rückkehr von der PKV in die GKV ist grundsätzlich nur bis zum 55. Lebensjahr möglich.
  2. Wer noch nicht 55 Jahre ist und wechseln möchte, darf maximal 62 100 Euro im Jahr (Stand 2024) verdienen.
  3. Wer wechseln möchte und über 55 Jahre ist, muss zusätzliche Bedingungen erfüllen.

Unter 55 Jahre: mehrere Wechsel-Optionen

Eine Möglichkeit besteht darin, in Abstimmung mit dem Arbeitgeber das Einkommen unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) zu drücken. Hierdurch wird man wieder sozialversicherungspflichtig und kann dann wieder zurück in die GKV. Dies lässt sich beispielsweise durch Teilzeit oder eine Gehaltsumwandlung in eine Betriebsrente erreichen. Letzteres bringt sogar einen doppelten Vorteil: Man baut eine zusätzliche Altersvorsorge auf und kann möglicherweise in die GKV wechseln. Beispiel: Herr Meier, 46 Jahre, verdient 74.000 Euro brutto. Er entscheidet sich, 500 Euro monatlich in eine Betriebsrente umzuwandeln, wodurch sein beitragspflichtiges Einkommen auf 68.000 Euro sinkt. Er liegt nun unter der JAEG und ist wieder sozialversicherungspflichtig.

Meist keine angestrebte Option, aber dennoch gut zu wissen: Bei Arbeitslosigkeit und Bezug von Arbeitslosengeld I wird man automatisch wieder zum gesetzlich Krankenversicherten. Beispiel: Frau Müller, 52 Jahre, kündigt ihren Job als Vertriebsleiterin und meldet sich arbeitslos. Sie wird dann automatisch in der GKV versichert.

Eine weitere Möglichkeit besteht für Eltern: Diese können während der Elternzeit temporär in die GKV zurückkehren. Beispiel: Das Ehepaar ­Schulze erwartet sein erstes Kind. Herr Schulze, 35 Jahre, bisher privatversichert, nutzt die Elternzeit, um in die GKV zu wechseln. Nach der Elternzeit hat er die Option, in der GKV zu bleiben, sofern sein Einkommen die JAEG nicht übersteigt.

Auch der Schwerbehindertenausweis kann den Weg in die gesetzliche Krankenkasse öffnen. Unter bestimmten Voraussetzungen haben schwerbehinderte Menschen ein Recht auf freiwilligen Beitritt zur GKV. Dies gilt allerdings nur bis zu einer von der jeweiligen Krankenkasse festgelegten Altersgrenze, die oft bei 45 Jahren liegt.

Über 55 Jahre: Rückwechsel nur schwer möglich

Der Gesetzgeber will verhindern, dass Menschen nach jahrzehntelanger privater Versicherung erst im Alter in die GKV wechseln, wenn es zu mehr gesundheitlichen Problemen und den damit verbundenen Kosten kommt. Für Menschen ab 55 Jahren ist eine Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) daher nur noch unter bestimmten Umständen möglich.

Eine der wenigen Optionen ist die Familienversicherung. Voraussetzungen dafür sind, dass der Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner in der GKV versichert ist und das Gesamteinkommen des Wechselwilligen die JAEG nicht überschreitet. Um diese Option zu nutzen, müsste die betroffene Person gegebenenfalls ihre Berufstätigkeit aufgeben oder stark reduzieren.

Ein Wechsel ist grundsätzlich auch möglich, wenn man eine neue Beschäftigung aufnimmt, bei der das Einkommen unter der JAEG liegt. Wer älter als 55 Jahre ist, muss hierzu dann aber nachweisen, dass er in den letzten fünf Jahren mindestens einen Tag gesetzlich versichert und in diesem Zeitraum nicht mehr als zweieinhalb Jahre versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder hauptberuflich selbstständig war.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich für eine Zeit im EU-Ausland niederzulassen und in die dortige gesetzliche Krankenversicherung einzutreten. Bei der Rückkehr nach Deutschland kann dann unter bestimmten Voraussetzungen ein Wechsel in die deutsche GKV erfolgen.

Schließlich ist auch beim Renteneintritt ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung der Rentner (KVdR) möglich, wenn in der zweiten Hälfte des Erwerbslebens mindestens 90 Prozent der Zeit eine Mitgliedschaft in der GKV bestand. Für jedes Kind werden dabei drei Jahre angerechnet.

(Rück-)Wechsel in die GKV: nicht einfach, aber es gibt Möglichkeiten

Der Weg zurück in die GKV ist nicht für jeden offen, aber mit den richtigen Voraussetzungen durchaus machbar. Mit der richtigen Strategie und gründlicher Vorbereitung kann der Wechsel dann möglicherweise doch noch klappen. Doch wie bei allen großen finanziellen Entscheidungen gilt: Man sollte sich im Vorfeld umfassend informieren, alle Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen und ggf. auch professionelle Unterstützung holen.


von Rechtsanwalt Oliver Ebert

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2024; 72 (11) Seite 42-43

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