Gesunde Ernährung: gesamtgesellschaftlich gegensteuern beim Zucker

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Gesunde Ernährung: gesamtgesellschaftlich gegensteuern beim Zucker | Foto: kardaska – stock.adobe.com
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Gesunde Ernährung: gesamtgesellschaftlich gegensteuern beim Zucker

Mehr als die Hälfte der letzten Legislaturperiode wurde über die Werbung für ungesunde Lebensmittel gegenüber Kindern gestritten. Die „Zucker-Steuer“ stand nicht so im Fokus, um gesunde Ernährung zu fördern – ändert sich das jetzt?

Seit 15 Jahren spricht sich das Wissenschaftsbündnis DANK bereits für mehr Maßnahmen der Verhältnisprävention aus. Das Ziel: die bekannten Risikofaktoren für nicht übertragbare Erkrankungen für die gesamte Gesellschaft zu reduzieren. Kurz vor der Wahl zum Bundestag hatte die „Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten“ einen Sechs-Punkte-Plan für mehr Prävention und Gesundheitsschutz vorgelegt.

Denn trotz der ausdauernden Bemühungen zieht DANK-Sprecherin Barbara Bitzer eine ernüchternde Bilanz: „Andere Länder zeigen seit Jahren, wie mehr Gesundheitsschutz mit gezielter und umfassender Verhältnisprävention gelingt. Es darf nicht sein, dass wir in Deutschland als entwickeltem Land immer wieder über freiwillige Maßnahmen und mehr Aufklärung diskutieren und damit Präventions-Nachzügler sind und wertvolle Zeit verlieren.“

DANK-Forderungen: sechs konkrete Maßnahmen für gesunde Ernährung und Lebensweise

Bitzers Forderung an die nächste Bundesregierung ist klar: „Die Politik muss endlich eine Präventionswende einleiten, damit alle Menschen erreicht werden und vor allem Kinder gesund aufwachsen können.“

Mit sechs konkreten Maßnahmen will DANK diese Wende beginnen:

  • Steuerliche Instrumente: Darunter fallen eine Hersteller-Abgabe auf zuckergesüßte Getränke. Ebenso eine stärkere Besteuerung gesundheitsschädlicher Produkte wie Tabak und Alkohol sowie eine Befreiung gesunder Produkte von der Mehrwertsteuer.
  • Werbebeschränkungen: Werbung und Marketing für Ungesundes und gesundheitsschädliche Produkte soll eingedämmt werden, um Kinder und Jugendliche zu schützen.
  • E-Zigaretten-Trend brechen: Einweg-E-Zigaretten und Aromen will DANK verbieten.
  • Bessere Schul-Ernährung: Die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Schul-Ernährung sollen bundesweit eingeführt werden.
  • Klare Lebensmittel-Kennzeichnung: Der Nutri-Score soll verbindlich auf allen Produkten eingeführt werden.
  • Frühe Bewegung: Es soll mindestens eine Stunde Bewegung pro Tag in Kita und Schule geben.

Im Wahlkampf wurden diese Themen vom lautstarken Ringen um die Migrations- und die Wirtschaftspolitik an die Wand gedrückt. Dabei betont DANK, dass Maßnahmen der Verhältnisprävention auch die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland stärken könnten. Eine gesunde Bevölkerung sei die Grundlage für eine leistungsfähige Gesellschaft.

„Durch gezielte Präventionsmaßnahmen können nicht nur die Gesundheitskosten deutlich reduziert und Folgekosten eingespart werden. Sie kosten zunächst nichts und können sogar neue Einnahmen generieren, beispielsweise durch höhere Steuern auf Tabak- und Alkoholprodukte, um Haushaltskassen in wirtschaftlich angespannten Zeiten zu entlasten“, argumentiert Bitzer. Allein der Tabakkonsum verursache in Deutschland jedes Jahr Folgekosten in Höhe von 97 Milliarden Euro, Alkoholkonsum 57 Milliarden Euro und Adipositas 63 Milliarden Euro, so DANK.

Besserer Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

Im Vorfeld der Bundestagswahl haben auch ein breiteres Bündnis mit DANK und auch Ärzte- und Verbraucherverbänden sowie Kinderrechts-Organisationen einen besseren Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen gefordert. Etwa jeder siebte Minderjährige in Deutschland sei von Übergewicht oder Adipositas betroffen – Kinder aus ärmeren Familien in besonderem Maß. Die künftige Bundesregierung müsse deshalb eine gesunde Ernährung aller Kinder fördern – unabhängig von ihrer sozialen Herkunft.

Die Benachteiligung von Kindern aus ärmeren Familien, die eher von Fehlernährung und Adipositas betroffen sind, werde hierzulande ignoriert, kritisierten die Verbände in ihrem Appell. In Schweden habe ein bereits zwischen 1959 und 1969 eingeführtes kostenloses, gesundes Schul-Essen dagegen zur Reduktion sozioökonomischer Unterschiede und zu einem höheren Einkommen im Erwachsenenalter geführt. Dieser Zuwachs lag in einer aktuellen Untersuchung bei 3 Prozent über alle Schüler und noch darüber für Schüler aus ärmeren Haushalten.

Studie zu süßen Kindergetränken

Hier geht es zur Foodwatch-Marktstudie Kindergetränke

Weniger Zucker bringt mehr Gesundheit und spart Geld ein

Das Dauerthema „Zucker-Steuer“ wurde auch auf der Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) letzten November in Hannover wieder einmal diskutiert. Der Münchener Prof. Dr. Michael Laxy prognostizierte für Deutschland aus gesellschaftlicher Perspektive Einsparungen von 16 Milliarden Euro im Zeitraum von 20 Jahren durch die Folgen einer gestaffelten Hersteller-Abgabe auf zuckergesüßte Getränke. Er sieht eine klare Beweislage für den Einfluss solcher Getränke auf Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen. Angesichts dessen sprach er von einem Marktversagen, weil diese Kosten der Zucker-Getränke von der Allgemeinheit getragen werden.

Als Vorbild einer Hersteller-Abgabe für Zucker-Getränke wird Großbritannien genannt. Der Vorstoß dazu kam nicht aus dem Gesundheits-, sondern aus dem Finanzministerium, berichtete Prof. Dr. Jean Adams auf der DDG-Herbsttagung immer noch etwas überrascht. Die Wissenschaftlerin der Universität Cambridge gab auch Tipps, was zum Beispiel Deutschland nach der britischen Erfahrung bei Einführung einer solchen Abgabe besser machen könnte:

Ihre Höhe sollte automatisch an die Inflation angepasst werden, die Ausnahmen für milchbasierte Getränke sollten besser differenziert werden und der Schwellenwert für den Zucker-Gehalt der Getränke mit der Zeit sinken. „Da geht noch mehr“, sagte sie mit Blick auf die bisher festgesetzten 5 Gramm pro 10 Milliliter. Aber vielleicht meinte sie ja auch den deutschen Elan bei der Einführung verhältnispräventiver Maßnahmen …

Komplexe Zusammenhänge: Zucker-Konsum und Gesundheitsfolgen:
  1. Eine schwedische Beobachtungsstudie fand unterschiedliche Zusammenhänge von Zucker-Verzehr und Herz-Kreislauf-Erkrankungen je nach Zucker-Quelle und Krankheit.
  2. Hoher Konsum gesüßter Getränke war mit hohem Risiko für die meisten Krankheiten verbunden.
  3. Andersherum war es für Süßgebäck: Der geringste Verzehr ging mit dem höchsten Risiko einher – vielleicht, weil Kuchen und Co für gutes Sozialleben stehen, so die Autoren.

von Marcus Sefrin

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (3) Seite 50-51

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