„Nicht realistisch dargestellt“: DDG übt Kritik an Diabetes-Bericht des RKI

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„Nicht realistisch dargestellt“: DDG übt Kritik an Diabetes-Bericht des RKI

In seinem ersten Bericht der „Nationalen Diabetes Surveillance“ veröffentlichte das Robert Koch-Institut (RKI) Zahlen zu Diabetes mellitus in Deutschland. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) begrüßt den Bericht, weist jedoch darauf hin, dass die Zahlen zur stationären Diabetesversorgung unzureichend abgebildet und somit weit unterschätzt sind.

Über eine halbe Millionen Menschen erkranken jedes Jahr an Diabetes mellitus. Mit seinen Begleit- und Folgeerkrankungen zusammengenommen, verursacht die Stoffwechselerkrankung Kosten von jährlich schätzungsweise 21 Milliarden Euro.

„Der RKI-Bericht zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Versorgungsstrukturen finanziell und personell weiter zu stärken, um auch künftig gute diabetologische Prävention, Diagnostik und Therapie in Deutschland sicherzustellen“, betont DDG-Präsidentin Prof. Dr. Monika Kellerer, Ärztliche Direktorin des Zentrums für Innere Medizin I am Marienhospital in Stuttgart. „Wir unterstützen das Projekt und hoffen, dass es dazu beiträgt, den im Koalitionsvertrag festgehaltenen, längst überfälligen Nationalen Diabetesplan schneller voranzutreiben.“

Kritische Betrachtung der Zahlen zur stationären Versorgung

Der RKI-Bericht basiert auf verschiedenen Datenquellen, unter anderem auch auf den Abrechnungs- und Versorgungsdaten der Krankenkassen und damit auf Daten von rund 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherten. „Doch trotz der umfassenden Datenlage müssen insbesondere die Zahlen zur stationären Versorgung kritisch betrachtet werden“, mahnt DDG-Pressesprecher Prof. Dr. Baptist Gallwitz.

Die Autoren bezogen gemäß der OECD-Maßgaben nur Krankenhausaufnahmen mit der Hauptdiagnose Diabetes ein. Nicht berücksichtigt werden Diabetespatienten, die wegen einer anderen Diagnose eingeliefert wurden und deren Diabetes im Fallpauschalensystem (DRG) nur als Nebendiagnose eingestuft wurde. „So suggerieren die genannten Zahlen, dass die Krankenhausfälle mit Diabetes seit 1998 leicht abgenommen haben – doch nur, weil Diabetes als Nebendiagnose technisch herausfällt“, erklärt Gallwitz.

Hingegen zeigen aktuelle Analysen des WiG2 Instituts im Auftrag der DDG, dass etwa jeder siebte Krankenhauspatient Diabetes hat. Auf internistischen Krankenhausstationen sind sogar etwa die Hälfte aller Patienten betroffen.

Zahlen-Diskrepanz: Diabetes zu selten als Hauptdiagnose bewertet

Der Grund für die Diskrepanz zwischen den GKV-Zahlen und den tatsächlichen Patientenzahlen in Krankenhäusern sieht Prof. Dr. Andreas Fritsche, Sprecher der DDG-Kommission „Epidemiologie und Versorgungsforschung“, in erster Linie darin, dass die Kodierpraxis in Kliniken Diabetes selten als Hauptdiagnose kennzeichnet, da andere Diagnosen und Behandlungen fürs Krankenhaus größeren finanziellen Nutzen bringen.

„Zudem kommen besonders ältere Diabetespatienten mit Beschwerden wie Bluthochdruck, Nieren- oder Herzkreislaufbeschwerden ins Krankenhaus – häufige Folge- und Begleiterkrankungen der Stoffwechselerkrankung. Fast die Hälfte aller Diabetespatienten ab 65 Jahren leidet laut RKI-Bericht beispielsweise zusätzlich an einer Herzkreislauferkrankung“, berichtet Fritsche, Stellvertretender Leiter des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen.

Auch in diesen Fällen wird der Diabetes nicht als Hauptdiagnose bewertet. Um den Bedarf an Pflege, medizinischer und anschließender ambulanter Versorgung sowie Rehabilitation realistisch abzubilden, müssen diese vielen Patienten in gesundheitspolitischen Erhebungen Berücksichtigung finden.

Daten kritisch einordnen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden

„Die Nationale Diabetes Surveillance wurde vom Bundesministerium für Gesundheit berechtigterweise ins Leben gerufen, um der Politik ein klares Bild von den Bedarfen zu geben und damit die Planung, Umsetzung und Evaluation von Public-Health-Maßnahmen zu unterstützen“, erklärt Fritsche. „Vor diesem Hintergrund müssen wir die Daten kritisch einordnen, um gesundheitspolitische Fehlentscheidungen zu vermeiden.“

Anlässlich der RKI-Erhebung bekräftigt die DDG die Forderung nach einem Nationalen Diabetesplan, der auch ein Nationales Diabetesregister vorsieht. Im Fokus stehen außerdem, die medizinische Versorgung für Menschen mit Diabetes durch adäquate Medizinerausbildung und -weiterbildung sicherzustellen und zu verbessern, die flächendeckende Versorgung durch niedergelassene Allgemein- und Fachärzte zu gewährleisten, eine angemessene Behandlung und Pflege im Krankenhaus zu ermöglichen sowie moderne Medikamente bereitzustellen.

„Die Politik muss nun handeln, um die Weichen rechtzeitig zugunsten einer bedarfsgerechten Diabetesversorgung in Deutschland zu stellen“, mahnt Kellerer. Im stationären Bereich gebe es bereits eine starke diabetologische Unterversorgung.


Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)

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