Pflegegrad für Kleinkind mit Diabetes

2 Minuten

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Pflegegrad für Kleinkind mit Diabetes

Rechtsanwalt Oliver Ebert gibt Ihnen in der Rubrik Rechteck Antworten auf Rechtsfragen rund um das Thema Diabetes.

Die Frage

Meine Tochter ist 2 Jahre alt und hat seit einem Monat Diabetes Typ 1. Heute haben wir die Antwort auf unseren Antrag auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit bekommen. Sie hat keinen Pflegegrad bekommen, nur 10 Punkte wurden erreicht. Da unsere Tochter noch so klein ist, haben wir mindestens mit dem Pflegegrad 2 gerechnet, so wurde es vom Sozialdienst im Krankenhaus auch erklärt. Ich habe den Bericht des Gutachters gelesen, er ist voll von Ungenauigkeiten und Fehlern. Jetzt möchte ich Widerspruch einlegen – aber von Pflegegrad 0 auf “2” zu kommen, halte ich bei dieser Ausgangslage für schwierig. Was können Sie empfehlen, wie man einen Widerspruch am besten formuliert?

Natalia S.


Die Antwort von Oliver Ebert

Leider ist es nicht ganz so einfach. Die Zuerkennung eines Pflegegrads setzt voraus, dass aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen eine Pflegebedürftigkeit vorliegt. Dies wird im Rahmen einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst ermittelt. Dabei wird ein Katalog von gesetzlich vorgegebenen Kriterien (“Begutachtungsinstrument”) abgearbeitet und jede dort aufgeführte Position wird jeweils mit Punkten versehen. Ein Pflegegrad 1 liegt ab Erreichen einer Gesamtpunktzahl von 12,75 von möglichen 100 Punkten vor; für den Pflegegrad 2 müssen mindestens 27 Punkte vorliegen.

Es kommt also darauf an, inwieweit man noch in der Lage ist, sich selbstständig zu versorgen bzw. den Alltag zu bewältigen. Allerdings ist dies bei Kindern nicht immer einfach zu ermitteln, denn Kinder sind bis zu einem gewissen Alter ja ohnehin auf Hilfe angewiesen. Berücksichtigt wird aber nur der zusätzliche Pflege- und Hilfeaufwand, der im Vergleich zu einem gesunden Kind auftritt. Auch die Fähigkeiten des Kinds werden altersentsprechend bewertet. Daher wird nur der Betreuungsaufwand berücksichtigt, der nicht ohnehin bei einem Kind gleichen Alters anfällt.

Vor diesem Hintergrund empfehle ich folgende Vorgehensweise: Gehen Sie das vom Medizinischen Dienst erhaltene Gutachten einzeln durch und begründen für jede Position schriftlich, warum nach Ihrer Auffassung zu wenige Punkte vergeben sind. Dabei sollten Sie aber wirklich nur den Pflegeaufwand darlegen, der mit dem Diabetes zu tun hat. Ich empfehle auch, hierbei unbedingt realistisch zu bleiben und keine übertriebenen Zeitangaben oder unnötigen Tätigkeiten anzusetzen. Sofern vorhanden, sollten Sie ein Pflegetagebuch vorlegen, in dem die Tätigkeiten dokumentiert sind – ansonsten empfiehlt es sich, spätestens jetzt eine solche Dokumentation anzulegen.

Den Widerspruch müssen Sie innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids einlegen. Als Begründung sollten Sie anführen, dass der Pflegebedarf vom Medizinischen Dienst unzutreffend bewertet ist, und dies wie oben beschrieben darlegen. Gleichzeitig sollten Sie beantragen, dass eine erneute Begutachtung erfolgt. Diesen Termin sollten Sie dann entsprechend vorbereiten und darauf bestehen, dass der Gutachter jede einzelne Position des Begutachtungsinstruments mit Ihnen bespricht.


Autor:

Oliver Ebert
REK Rechtsanwälte Stuttgart, Balingen
Nägelestraße 6A, 70597 Stuttgart

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (1) Seite 48

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