So funktioniert die Zucker-/Fettsteuer beim Osterhasen

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So funktioniert die Zucker-/Fettsteuer beim Osterhasen

In den europäischen Ländern und auch in Deutschland wird inzwischen immer lauter über die Einführung einer Fett- und Zuckersteuer nachgedacht. Neben anderen werden auch diese politischen Maßnahmen der Verhältnisprävention von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen, um die Verfügbarkeit ungesunder Lebensmittel zu reduzieren und so Adipositas und Folgeerkrankungen wie Diabetes Typ 2 eindämmen zu helfen. Niemand weiß aber so ganz genau, was damit tatsächlich auf die deutsche Bevölkerung zukommen würde. diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe macht den Praxistest und besteuert Ostersüßigkeiten.

Häufig aus Unkenntnis haben Verbraucher diffuse Ängste vor den sogenannten Verbrauchssteuern für ungesunde Lebensmittel (Fett-/Zuckersteuer). Es wird befürchtet, dass Gesundheitsapostel den Deutschen per Gesetz verbieten wollen, Süßigkeiten zu essen und zuckerhaltige Limonaden, Eistees etc. zu trinken.

Wird nicht beeinflusst: Freiheit der persönlichen Lebensmittelauswahl

„Diese Furcht ist unbegründet, denn die Freiheit der persönlichen Lebensmittelauswahl wird durch Zucker-/Fettsteuern nicht eingeschränkt. Wir sollten hier mutiger sein und von anderen Ländern lernen, die diese fiskalischen Maßnahmen bereits mit Erfolg eingeführt haben. “, fordert Prof. Dr. Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

213 Millionen Schokohasen

Süßigkeiten sind in Deutschland heute so billig wie in keinem anderen europäischen Land (1) und sie sind in großer Fülle verfügbar. Zum Osterfest 2015 werden allein 213 Mio. Schokohasen produziert (2).

Flascher Umgang mit Süßigkeiten

„Es wird den Menschen heute leicht gemacht, Süßigkeiten mit Grundnahrungsmitteln zu verwechseln und sich daran satt zu essen. Das ist ein falscher Umgang mit Süßigkeiten. Eine Steuer- und damit Preiserhöhung erinnert Menschen daran, dass Süßigkeiten eher der Nachtisch und kein Ersatz für Hauptmahlzeiten sein sollten. Trotzdem hat jeder natürlich weiterhin die freie Wahl, sich für den Verzehr von Süßigkeiten in beliebiger Menge zu entscheiden“, erläutert Privatdozent Dr. Erhard Siegel, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).

Für einen Praxistest kaufte diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe typische Oster-Süßigkeiten in einem Supermarkt und in einem Discounter (s. Tab. 1). Anschließend wurden in 7 Modellrechnungen verschiedene Verbrauchssteuern angewandt, um so zu neuen Endpreisen pro Packung zu kommen (Tab. 2).

Erfolgreiche Beispiele für Zucker- und Fettsteuern

Erfolgreiche Beispiele für Zucker- und Fettsteuern können inzwischen einige Länder vorweisen, die meisten besteuern den Zuckergehalt in Softdrinks (7). Finnland, Dänemark, Ungarn und Mexico haben auch Erfahrungen mit Steuern auf Süßigkeiten und/ oder gesättigte Fette oder Fastfood.

Finnland erhebt eine Steuer auf Süßigkeiten in Höhe von 95 Cent/ kg Süßigkeit oder Speiseeis (7). In Dänemark konnte festgestellt werden, dass eine Besteuerung gesättigter Fette (2,14 €/ kg) und von Süßigkeiten pro Prozent Preiserhöhung zu einem Konsumrückgang um rund 0,35 bzw. 0,3 Prozent führte (10).

International wird eine Steuererhöhung empfohlen, die den Endverbraucherpreis um mindestens 20 Prozent erhöht. Nach den dänischen Erfahrungen kann erwartet werden, dass der Verzehr von Süßigkeiten damit um etwa 6 Prozent sinkt. Mexico konnte bereits in den ersten 3 Monaten nach Einführung einer „Soda Tax“ 2014 zeigen, dass eine 10%ige Preiserhöhung (6) den Konsum zuckerreicher Limonaden um 10% Prozent senkte (3, 5) und den Verkauf von Wasser in Flaschen um 13% ansteigen ließ (4).

Praxistest: 6 bis 60 Cent pro Packung mehr

Der Praxistest von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe ergab, dass die Osterleckereien durch eine zusätzliche Besteuerung je nach Modellrechnung in der Größenordnung von 6 bis 60 Cent pro Packung mehr kosten könnten.

Natürlich können Verbraucher auch die Steuer umgehen, indem sie auf preiswertere Marken umsteigen. Allein die Wahl eines Marken-Schokohasen kann den Preis pro 100 g um das 6-Fache gegenüber einem „No name“-Produkt erhöhen (= plus 600 Prozent, s. Produktbeispiele 1 und 2 in Tab. 2) – aber markentreue Verbraucher tun dies vermutlich seltener; ökonomisch weniger gut gestellte Verbraucher kaufen sowieso eher preisbewusst.

„Im Vergleich zu diesen ohnehin vorhandenen Preisdifferenzen ist beispielsweise eine 20-prozentige Preiserhöhung durch eine Süßigkeitensteuer bescheiden.“, erläutert Danne.

Weniger Zucker, Fett oder Inhalt

Verbraucher könnten die Steuer auch umgehen, indem sie weniger Süßigkeiten kaufen, weniger häufig oder in kleineren Mengen Süßigkeiten essen. Produzenten und Händler könnten die Produkte günstiger machen, wenn sie kleinere Portionsgrößen anbieten oder die Mengen an Zucker und Fett in den Produkten reduzieren würden. Jede dieser Reaktionen wäre im Sinne der Gesundheitsförderung positiv zu bewerten.

Es wird aber auch deutlich, dass der Einfluss einer Fett- und Zucker- bzw. Süßigkeitensteuer begrenzt ist, sie kann immer nur eine von vielen verschiedenen Maßnahmen sein, um das Übergewicht in Deutschland zu bekämpfen.

Forderung: Vielfalt anderer Maßnahmen

„Auch mit einem sechsprozentigen Konsumrückgang bei den Süßigkeiten lässt sich das Übergewichtsproblem einer ganzen Bevölkerung allein nicht in den Griff kriegen, es muss daneben auch eine Vielfalt anderer Maßnahmen geben, z.B. verbindliche Standards für die Schulverpflegung, ein Verbot von Kindermarketing für übergewichtfördernde Lebensmittel und konsequente Bewegungsförderung in Lebenswelten (8).“, darauf weist Prof. Dr. Martin Wabitsch hin, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG).

Die WHO und die Vereinten Nationen empfehlen, die bisherigen verhaltens- durch diese verhältnispräventiven Maßnahmen zu ergänzen (9).

Literatur:
1. AID, Tagungsbericht März 2015 (Lobitz, Rüdiger):
Deutschland bleibt Europas „Süßwaren-Billigland“ – Trends 2015
http://www.aid.de/downloads/eif_bericht_suesswarentrends_2015.pdf
2. Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (26.03.15):
http://www.bdsi.de/pressemeldungen/details/zahl-der-woche-deutsche-suesswarenindustrie-produziert-213-millionen-osterhasen-aus-schokolade/
3. http://www.kpbs.org/news/2014/nov/28/mexicos-sugary-drink-tax-shows-initial-results/
4. http://www.pri.org/stories/2014-12-02/mexicos-soda-tax-starting-change-some-habits-say-health-advocates
5. http://www.ibtimes.com/mexicos-sugary-drink-tax-turns-1-year-old-us-health-proponents-hope-it-can-sway-1779632
6. http://www.theguardian.com/world/2014/jan/16/mexico-soda-tax-sugar-obesity-health
7. World Cancer Research Fund: The Nourishing Framework http://www.wcrf.org/int/policy/nourishing-framework/use-economic-tools (Abfrage vom 27.03.15)
8. Strategiepapier der Deutschen Allianz gegen nichtübertragbare Krankheiten zur Primärprävention (2014)
http://www.diabetesde.org/ueber_uns/gesundheitspolitische_interessenvertretung/strategiepapier_der_deutschen_ncd_allianz_zur_primaerpraevention/
9. WHO: Global Action Plan for the Prevention and Control of NCDs 2013-2020
http://www.who.int/nmh/events/ncd_action_plan/en/ (Abfrage vom 27.03.15)
10. European Diabetes Leadership Forum 2012: Vortrag des Dänischen Steuerministers Torbjörn Christensen

Quelle: Gemeinsame Pressemeldung von diabetesDE | Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) | Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG)

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  • cesta postete ein Update vor 1 Tag, 13 Stunden

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

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