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Stecker rein und los geht es. Auch und gerade da elektronische Geräte immer komplexer werden, werben viele Hersteller mit so einem einfachen Start, neudeutsch "Plug and Play" genannt. Bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems kann davon keine Rede sein, der Beginn des Digital-Zeitalters in Arztpraxen und Apothekenwird seit Jahrzehnten mühselig vorbereitet. Und das ist keine rhetorische Übertreibung, die "Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte" (Gematik) wurden 2005 gegründet.
Am 2. Februar hat der Bundesrat nun einen weiteren Stecker in diesem Umbauprozess eingesteckt. Die Länderkammer stimmte zwei Gesetzen zu, dem Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetz(GDNG) und dem Digital-Gesetz (DigiG). Letzeres umfasst verschiedene Maßnahmen zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens, allen voran die flächendeckende Einführung des E-Rezepts und der elektronischen Patientenakte (ePA). Das E-Rezept ist bereits seit Anfang Januar offiziell Standard, die ePA soll ab Anfang nächsten Jahres mit dem Opt-out-Verfahren breit eingeführt werden. Konkret heißt das: Wer der Anwendung nicht widerspricht, für den wird eine ePA angelegt.
Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) sieht in dem beschlossenen Gesetzes-Duo ein wichtiges Signal für das Voranschreiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen. "Die ePA im Opt-out-Verfahren, die allen Versicherten zunächst bis auf Widerruf zur Verfügung gestellt wird, behebt eine zentrale Digitalisierungs-Baustelle im Gesundheitswesen", lobte Prof. Dr. Claus Vogelmeier, Vorsitzender der DGIM-Kommission Digitale Transformation in der Inneren Medizin. Er hob die Schnittmengen des aktuell diskutierten Konzepts zur inhaltlichen Ausgestaltung der ePA mit einer Vorschlagsliste der DGIM hervor.
Dazu zählen Arztbriefe aus der stationären und ambulanten Versorgung, eine Medikationsliste aus Verordnungs- und Dispensier-Informationen sowie Laborbefunde und Befundberichte aus bildgebender und anderer Diagnostik. Auch zwei Aspekte des Fachkonzepts für die ePA lobt die Internisten-Gesellschaft: zum einen die Möglichkeit, dass Versicherte den Hausarzt als "Vertrauensleistungserbringer" mit zeitlich unbeschränktem Datenzugriff ausstatten können, zum anderen, dass die Versicherten vor möglichen negativen Auswirkungen auf ihre zukünftige Behandlung gewarnt werden, wenn sie selbstständig Inhalte aus der ePA löschen oder diese verbergen.
"Eine bessere Verfügbarkeit von Patientendaten in der ePA sorgt für mehr Patientensicherheit. Gleichzeitig gibt es auch triftige Gründe, warum Patientinnen und Patienten bestimmte Daten nicht einsehbar machen wollen. Beiden Anliegen trägt die vorliegende Lösung Rechnung", erklärte Vogelmeier. Auch die Regelungen des GDNG finden vorsichtige Zustimmung der ärztlichen Fachgesellschaft. Sie fordert seit Längerem eine vereinfachte Nutzung von Gesundheitsdaten in dermedizinischenForschung. Das Gesetz schaffe nun in Teilen weitere Sicherheit, da es zum Beispiel die Möglichkeit einräumt, pseudonymisierte Daten unter bestimmten Voraussetzungen mit anderen Forschungseinrichtungen zu teilen. Gleichzeitig sieht die Fachgesellschaft hier weiter hohe bürokratische Aufwände und Hürden für Forschende, es brauche weitere Vereinfachung des Datenzugriffs zum Wohle der Patienten.
Als echten Meilenstein bezeichnete Dr. Doris Pfeiffer die Ausgestaltung der ePA als Opt-out-Lösung. "Die ePA für alle hat das Potenzial, sich als zentrale Datendrehscheibe zu etablieren und damit die Patientenautonomie zu stärken und allen an der Versorgung Beteiligten schnell und verlässlich die für die Behandlung nötigen, unter Umständen lebenswichtigen Informationen zur Verfügung zu stellen", kommentierte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands. Genutzt werden könne dieses Potenzial allerdings nur, wenn eine ausgereifte Opt-out-ePA in die Fläche geht.
Die Krankenkassen würden alles daran setzen, die ePA für alle fristgerecht zur Verfügung zu stellen, und hätten daher lange vor Abschluss der Gesetzgebung die Arbeiten daran begonnen. "Doch bei allem Engagement – die vorgesehene Frist bis zum Beginn nächsten Jahres ist mehr als ambitioniert. Die Versicherten benötigen genug Zeit für eine informierte Entscheidung für oder gegen die ePA und die Krankenkassen zur Vorbereitung der Opt-out-Lösung. Nicht zuletzt müssen Ärztinnen und Ärzte die ePA dann auch befüllen können – und das setzt voraus, dass alle Praxis-Verwaltungssysteme für diesen Zweck entsprechend angepasst sind, gab Pfeiffer zu bedenken.
Wo es aktuell hakt, machte Dr. Jens Baas im Vorfeld der Bundestags-Anhörung der beiden Digitalgesetze im November klar: "Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kommt nicht bei den Menschen an. Es gibt zwar das E-Rezept und die elektronische Patientenakte, aber kaum einer nutzt sie. Weniger als ein Prozent der Versicherten hat die ePA installiert und im ersten Halbjahr 2023 wurden nicht einmal ein Prozent aller Rezepte digital ausgestellt. Deshalb ist es enorm wichtig, dass mit dem Gesetz wieder Dynamik in die Digitalisierung kommt", zeigte der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse sich überzeugt.
Es brauche dringend mehr Nutzerfreundlichkeit und echten Mehrwert – und zwar für Patienten und für Ärzte. "Das Einloggen in die elektronische Patientenakte muss vereinfacht werden. Wie Patienten es von anderen Apps gewohnt sind, muss die Identifikation auch in der Akte per Gesichtsscan oder Fingerabdruck möglich sein", nannte Baas ein Beispiel. Für Ärzte müsse die Akte schnell und komfortabel zu befüllen sein. "Die ePA darf nicht zum Zeitfresser in der Arztpraxis werden. Hier sind die Softwarehersteller gefragt, die Akte so zu integrieren, dass sie sich nahtlos in die Praxisabläufe einfügt", forderte er. Der eine oder andere Stecker scheint also noch richtig eingesteckt werden zu müssen.
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