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Der Diabetesalltag bringt – zusätzlich zum Messen und Spritzen bzw. zur Medikamentendosierung – viele Herausforderungen mit sich. Im Markt gibt es eine Vielzahl von Produkten, die Menschen mit Diabetes das Leben erleichtern sollen. Einiges davon wird von den Krankenkassen übernommen, manches ist aber auch unnötig bzw. an der Grenze zur Geldmacherei. Was darf der Arzt verordnen? Welche Rolle spielt die Hilfsmittelverordnung? Und was zahlen die Krankenkassen unter welchen Umständen?
Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse haben Anspruch auf die Versorgung mit notwendigen Hilfsmitteln (§ 33 SGB V). Unter Hilfsmitteln versteht man dabei laut Definition in der Hilfsmittelverordnung “sächliche medizinische Leistungen, die von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden”.
Der Arzt kann ein solches Hilfsmittel grundsätzlich (nur) verordnen, wenn es medizinisch notwendig für den Erfolg einer Behandlung ist oder dabei hilft, eine wesentliche Behinderung zu vermeiden oder auszugleichen. Die Krankenkasse übernimmt dann die Kosten für die Anschaffung bzw. stellt ein Hilfsmittel als Sachleistung zur Verfügung. Auch die Kosten für eine Änderung, Reparatur oder Ersatzbeschaffung der Hilfsmittel müssen von der Krankenkasse übernommen werden, ebenso notwendige Schulungen und Unterweisungen.
Allerdings darf die Krankenkasse ihre Versicherten in vielen Fällen mit einem Selbstbehalt an den Kosten beteiligen; für manche Hilfsmittel gibt es auch nur Festbeträge – entstehen Mehrkosten, muss der Patient diese selbst bezahlen. Hier gibt es übrigens keinen Unterschied zwischen den gesetzlichen Krankenkassen: Alle erstatten für ein bestimmtes Hilfsmittel denselben einheitlichen Betrag. Festbeträge werden allerdings nicht für bestimmte einzelne Produkte oder Marken festgesetzt, vielmehr werden Festbetragsgruppen gebildet: In jeder Gruppe befinden sich verschiedene, in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Produkte.
Zur Kostenübernahme durch die Krankenkassen reicht ein ärztliches Rezept jedoch nicht immer aus: Gemäß § 275 Abs. 3 SGB V können Krankenkassen in geeigneten Fällen vor Bewilligung eines Hilfsmittels durch ihren Medizinischen Dienst (MDK) prüfen lassen, ob dieses überhaupt aus medizinischer Sicht erforderlich ist. Der MDK überprüft dann unter anderem, ob eine medizinische Notwendigkeit zur Versorgung mit dem Hilfsmittel besteht und ob das Produkt auch zweckmäßig ist, insbesondere vor dem Hintergrund der Therapiesituation und Versorgungslage.
Das kann mitunter zu problematischen Auseinandersetzungen und langwierigen Streitigkeiten führen: So wird beispielsweise die Notwendigkeit einer Insulinpumpe vom MDK oft angezweifelt, wenn nicht zuvor andere, günstigere Therapieformen (z. B. eine intensivierte Insulintherapie, ICT) ausgeschöpft wurden bzw. diese möglicherweise ebenfalls ausreichend gewesen wären. Selbst ein Rollstuhl für einen querschnittsgelähmten Patienten muss nicht automatisch als notwendig angesehen werden – es kommt nämlich darauf an, ob der Rollstuhl auch wirklich genutzt wird bzw. genutzt werden kann. Dies kann beispielsweise bei sehr schwachen, gebrechlichen, altersdementen oder blinden Menschen im Einzelfall fraglich sein.
Auch kann man ein Hilfsmittel nicht in jedem Fall einfach beliebig kaufen und dann die Kosten der Krankenkasse in Rechnung stellen. Seit 2009 sind die Krankenkassen nämlich berechtigt, die Hilfsmittelversorgung exklusiv über ausgewählte Vertragsunternehmen vorzunehmen. Dies bedeutet, dass man sein Hilfsmittelrezept bei einem solchen exklusiven Vertragspartner der Krankenkasse einlösen muss. Erkundigen Sie sich daher vorab bei Ihrer Krankenkasse, ob es in Ihrer Region einen solchen Versorgungsvertrag gibt, und wenn, lassen Sie sich die Unternehmen nennen.
Die Krankenkassen sind übrigens auch berechtigt, dem Patienten ein bereits auf Lager befindliches Hilfsmittel zu überlassen, sofern dieses gleichwertig mit dem verordneten und geeignet ist. Gerade bei Insulinpumpen gibt es mitunter Leihgeräte. Zudem prüft die Kasse meist, ob nicht auch ein anderes, günstigeres Hilfsmittel ausreicht, um mindestens denselben Erfolg zu erzielen.
Bei privat krankenversicherten Patientenkommt es darauf an, was im Versicherungsvertrag vereinbart wurde. Nicht selten ist dort geregelt, dass nur bestimmte Hilfsmittel erstattet werden. Ist eine Insulinpumpe oder ein CGM-System nicht aufgeführt, kann eine Kostenübernahme schwierig werden. Im Zweifel wird man – meist in einem Verfahren vor dem Landgericht – versuchen müssen, die Anschaffungs- und Materialkosten einzuklagen.
Der GKV-Spitzenverband (Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen) erstellt das Hilfsmittelverzeichnis sowie ein Pflegehilfsmittelverzeichnis. Dort sind derzeit weit über 20 000 Produkte gelistet, deren Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Voraussetzung für die Aufnahme in dieses Verzeichnis ist, dass der Hersteller die Funktionstauglichkeit und den therapeutischen beziehungsweise pflegerischen Nutzen des Hilfsmittels sowie die Einhaltung von Qualitätsstandards nachweist. Im Internet kann unter http://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de das Hilfsmittelverzeichnis durchsucht werden.
In der Regel wird ein Hilfsmittel nur dann von der Krankenkasse übernommen, wenn es im Hilfsmittelverzeichnis gelistet ist. Ausnahmen sind allerdings möglich, denn das Hilfsmittelverzeichnis ist nicht bindend, sondern hat lediglich eine Ordnungsfunktion. Wenn einem Produkt eine Hilfsmitteleigenschaft zukommt, der Qualitätsnachweis erbracht ist (z. B. durch erforderliche CE-Kennzeichnungen) und auch ein medizinischer Nutzen feststeht bzw. naheliegt, dann kann es im Einzelfall auch ohne Listung im Hilfsmittelverzeichnis verordnet werden. Dies hat das Bundessozialgericht schon mehrfach ausdrücklich entschieden. Eine Ablehnung allein mit der Begründung, dass ein Produkt nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet ist, wäre daher unzulässig.
In jedem Fall sollte das Hilfsmittel aber vor der Anschaffung bei der Krankenkasse beantragt und dort genehmigt werden. Eine nachträgliche Genehmigung eines selbstbeschafften Hilfsmittels ist nicht zulässig, denn es gilt das Sachleistungsprinzip: Die Krankenkasse muss eine Leistung, nicht aber einen Geldbetrag zur Verfügung stellen. Und hat man sich ein Hilfsmittel bereits beschafft, dann ist man ja schon “versorgt” und braucht keines mehr auf Kassenkosten zu erhalten. Eine Verordnung wäre in diesem Fall auch nicht mehr notwendig.
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Klassische Hilfsmittel sind beispielsweise Prothesen, orthopädische und andere Hilfsmittel (z. B. Rollstühle und Gehhilfen), da mit diesen wieder eine Mobilität hergestellt werden kann. Auch Hörhilfen oder Sehhilfen gleichen eine vorhandene Behinderung weitgehend aus. Hier gibt es allerdings schon eine Einschränkung: Brillen und Kontaktlinsen sind zwar Hilfsmittel, dürfen aufgrund einer gesetzlichen Ausnahmeregelung (gemäß § 33 Abs. 2 und 3 SGB V) allerdings nur noch unter bestimmten Voraussetzungen von der Krankenkasse anteilig bezahlt werden. Im Bereich der Diabetestherapie sind einige Hilfsmittel wichtig bzw. nicht mehr wegzudenken.
Die wohl wichtigsten Hilfsmittel in der Diabetestherapie sind die Blutzuckermessgeräte zur Selbstmessung. So wird man als Patient in die Lage versetzt, seinen Stoffwechsel zu überwachen und die Medikamentendosis bzw. Insulinmenge entsprechend anzupassen. Moderne Diabetestherapien wie die intensivierte Insulintherapie, die funktionelle Insulintherapie oder der Einsatz einer Insulinpumpe sind ohne Selbstmessung nicht möglich.
Blutzuckermessgeräte werden als klassische Hilfsmittel von den Krankenkassen problemlos übernommen. Auch Blutzuckerteststreifen werden erstattet, allerdings ist es dort etwas komplizierter. Da man damit den Blutzuckerwert messen und somit eine Körperfunktion ausgleichen bzw. einen Stoffwechselzustand ermitteln kann, fallen die Teststreifen zwar grundsätzlich unter die Definition eines Hilfsmittels – allerdings kommt hier die Politik ins Spiel: Aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe müssen Teststreifen aus Sicht der gesetzlichen Krankenversicherung als Arzneimittel betrachtet werden und fallen daher grundsätzlich ins Budget des Arztes. Andererseits: Obwohl Teststreifen als Arzneimittel eingestuft sind, muss für sie aufgrund § 31 Abs. 3 SGB V ausdrücklich keine Zuzahlung geleistet werden.
Auch Systeme zur kontinuierlichen Messung der Glukose (CGM: Continous Glucose Monitoring) sind grundsätzlich Hilfsmittel. Im Gegensatz zur Selbstmessung wird der Glukosegehalt allerdings nicht über einen Blutstropfen, sondern mittels eines Sensors in der Gewebsflüssigkeit (interstitiell) ermittelt und permanent an einen Empfänger gefunkt. Beim Vergleich mit der herkömmlichen Blutzuckermessung gibt es dadurch einen Zeitversatz von bis zu 20 Minuten, da der Zucker aus dem Blut erst ins Gewebe gelangen muss.
Bei CGM-Systemen ist eine Kostenübernahme schwieriger, denn diese Systeme sind nach Auffassung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA; regelt den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen) als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode anzusehen. Gemäß § 135 SGB V dürfen diese Leistungen nur erbracht werden, wenn der diagnostische und therapeutische Nutzen anerkannt ist, eine medizinische Notwendigkeit hierfür besteht und auch die Kriterien der Wirtschaftlichkeit erfüllt sind.
Der G-BA hat daher ein gesetzlich vorgesehenes Methodenbewertungsverfahren beim dafür zuständigen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) eingeleitet, dessen Ergebnis aber noch nicht endgültig feststeht. Aus diesem Grund wird eine Kostenübernahme von CGM-Systemen in den allermeisten Fällen bislang noch verweigert. Ein Vorbericht des IQWiG gibt aber Hoffnung: Es ist damit zu rechnen, dass eine Kostenübernahme von CGM-Systemen in absehbarer Zeit möglich sein wird.
Seit kurzem gibt es mit dem FreeStyle Libre ein Flash-Glukose-Monitoring-System (FGM), mit dem der Messwert abgescannt werden kann, ohne sich für jede Messung stechen zu zu müssen. Der Patient setzt sich ein kleines, flexibles Filament in das Unterhautfettgewebe des hinteren Oberarms. Ein Sensor misst bis zu 14 Tage lang automatisch die Glukosekonzentration in der Gewebsflüssigkeit und speichert. Der Patient muss dann nur ein zugehöriges Lesegerät kurz über den Sensor halten (“scannen”), es werden dann der aktuelle Glukosewert, der Trend und ein Glukoseprofil der letzten acht Stunden angezeigt.
Im Gegensatz zu CGM-Systemen gibt es keine dauernde, automatische Funkübertragung der Werte und auch keine Alarmierung. Die Mitwirkung des Patienten ist daher, wie auch bei einer Selbstmessung, nach wie vor gefordert, allerdings muss er sich dazu nicht mehr jedes Mal stechen, sondern lediglich mit dem Lesegerät kurz über den Sensor am Arm fahren. Zudem entfallen beim FreeStyle Libre die bei CGM-Systemen erforderlichen, täglichen Kalibrationsmessungen. Da man keine Funkverbindung braucht, gehen – anders als beim CGM – auch keine Werte verloren, wenn der Empfänger einmal nicht in Reichweite ist.
Bei FGMS handelt es sich nicht um ein klassisches Blutzuckermessgerät, daher ist die Erstattung durch die Krankenkassen derzeit noch unklar. Nach Auskunft des Herstellers Abbott werden aber bereits intensive Gespräche mit Krankenkassen geführt..
Bei einer Insulinpumpe handelt es sich um kleine Geräte, die laufend Insulin zuführen und somit den Grundbedarf (Basalrate) abdecken. Zu Mahlzeiten oder bei Bedarf kann zusätzlich benötigtes Insulin (Bolus) jederzeit auf Knopfdruck abgegeben werden. Das Insulin wird über einen Schlauch (Katheter) abgegeben, der mit einer dünnen Stahl- oder Teflonkanüle verbunden ist, die im Unterhautfettgewebe liegt.
Insulinpumpen und ihr Zubehör sind als Applikationshilfen im Hilfsmittelverzeichnis gelistet und werden grundsätzlich von den Krankenkassen übernommen, sofern eine medizinische Notwendigkeit dafür vorliegt. Die Voraussetzungen für eine Insulinpumpentherapie müssen daher mit dem Antrag auf Kostenübernahme ausführlich begründet werden, auch ist eine umfassende Dokumentation vorzulegen (vgl. hierzu auch den Beitrag „Wie erreiche ich die Kostenübernahme?“).
Wichtige Hilfsmittel sind auch Insulinpens. Bis vor einigen Jahren war es noch üblich, das Insulin selbständig aus Fläschchen in Spritzen aufzuziehen. Dies ist mit Hilfe eines Insulinpens nicht mehr nötig: Die Insulinpatrone wird in den stiftförmigen Pen (englisch für: Füller, Kugelschreiber) eingesetzt, der Nutzer kann dann komfortabel die abzugebenden Einheiten einstellen.
Es gibt zwischenzeitlich viele unterschiedliche Insulinpens, beispielsweise mit verschiedener Dosierungsmöglichkeit, einem Speicher der zuletzt abgegebenen Insulindosis oder sogar mit einer Funkschnittstelle zum automatischen Datenversand. Dazu gibt es auch Fertigpens, die vorbefüllt sind und nach Verbrauch entsorgt werden.
Die Erstattung eines Insulinpens ist allerdings nicht immer problemlos; mitunter sind die Krankenkassen der Auffassung, dass ein Insulinpen nur der Bequemlichkeit dient und aus medizinischer Sicht nicht notwendig ist. Pens sollen daher grundsätzlich nur verordnet werden, wenn der Patient die Einheiten mit der Spritze nicht genau (kolbengenau) aufziehen kann, z. B. bei Neuropathie, Tremor oder Gefühllosigkeit. Wichtig ist daher, dass der Arzt die Verordnung entsprechend begründet. Als Alternative können vom Arzt Fertigpens verordnet werden – die wiederum als Arzneimittel gelten.
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Verbrauchsmaterialien wie Lanzetten oder Kontrolllösung für Blutzuckermessgeräte sind ebenfalls grundsätzlich verordnungsfähig. Eine Mengenbegrenzung für Lanzetten ist nicht vorgesehen, der Arzt muss lediglich darauf achten, dass die verordnete Menge wirtschaftlich und notwendig ist. Er hat insbesondere auch zu beachten, dass Lanzetten nur für den einmaligen Gebrauch vorgesehen sind. Es muss daher für die durchgeführte Anzahl an Blutzuckermessungen natürlich auch die entsprechende Menge an Lanzetten zur Verfügung stehen.
Gleiches gilt für Kanülen für Insulinpens: Auch Kanülen sind Einmalprodukte (Single-Use-Produkte) und dürfen laut Hersteller nur einmalig verwendet werden. Wir haben im Diabetes-Journal schon mehrfach darüber berichtet, welche Probleme auftreten können, wenn diese sehr dünnen Kanülen mehrfach verwendet werden. Auch hier muss und darf der Arzt daher die erforderliche Menge verordnen.
Kontrolllösungen für Blutzuckermessgeräte sind ebenfalls zu Lasten der Krankenkasse verordnungsfähig – sie sind erforderlich, um die Funktionsfähigkeit des Blutzuckermessgerätes zu überprüfen. Jedes Gerät sollte in regelmäßigen Abständen mittels Kontrolllösung überprüft werden.
Die regelmäßige Selbstmessung des Blutdruckwerts ist oftmals ein ebenfalls sehr wichtiger Bestandteil der Diabetesbehandlung. Solche Selbstmessungen daheim in ruhiger Umgebung sind aussagekräftiger als Einzelmessungen beim Arzt. Führt der Arzt die Messung durch, ist der Patient nicht selten aufgeregt (Weißkittel-Effekt), und es wird ein verfälscht hoher Wert gemessen. Eine klassische Messung mit dem Stethoskop kommt für die Selbstmessung allerdings eher nicht in Frage. Es gibt daher unterschiedliche Geräte, die eine einfache Messung möglich machen und anschließend den Blutdruckwert anzeigen.
Die Blutdruckmessung muss auch nicht mehr zwingend am Oberarm erfolgen. Inzwischen gibt es Geräte, die zuverlässig am Handgelenk messen. Menschen mit Gefäßverengungen sollten allerdings eher ein Messgerät für die Messung am Oberarm benutzen.
Zu unterscheiden ist auch, ob es sich um ein halbautomatisches oder ein vollautomatisches Gerät handelt. Beim vollautomatischen Gerät muss man nur die Manschette anlegen und das Gerät pumpt sich automatisch auf, während man bei einem halbautomatischen Messgerät die Manschette selbst aufpumpen muss.
Blutdruckmessgeräte sind Hilfsmittel und werden grundsätzlich von der Krankenkasse erstattet, allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen vorliegen: Der Arzt muss diagnostizieren, dass ein erhöhter Blutdruck vorliegt und aus medizinischer Sicht eine regelmäßige Blutdruckkontrolle notwendig ist. Wichtig: Der Arzt sollte auf der Verordnung unbedingt klarstellen, welchen Gerätetyp er verordnet. Enthält die Verordnung nämlich keine konkreten Angaben, erhalten Sie im Zweifel lediglich ein nichtautomatisches Oberarmmessgerät mit Pumpe.
Sofern ein modernes vollautomatisches bzw. zumindest halbautomatisches Blutdruckmessgerät verordnet werden soll, das selbständig die Manschette aufpumpt, muss dies ebenfalls ausdrücklich auf dem Rezept vermerkt sein.
Auch Einlagen für Schuhe gelten als Hilfsmittel. Gerade Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom sind oftmals auf spezielle Schuheinlagen angewiesen. Solche Einlagen sind grundsätzlich als Hilfsmittel verordnungsfähig, wenn keine anderweitige Korrektur (z. B. durch eine Operation) durchgeführt werden kann. Als Indikation gelten beispielsweise neuropathische Fußveränderungen in Kombination mit anderen Fußverformungen. Einlagen dürfen grundsätzlich nicht zur Korrektur der Fußstellung, sondern nur zur Fußbettung verordnet werden.
Kork-/Lederschalen-Einlagen für Schuhe sind vor allem bei Kleinkindern und Jugendlichen unter bestimmten Voraussetzungen verordnungsfähig. Eine Voraussetzung ist immer, dass das Wachstum noch nicht abgeschlossen ist. Bei Erwachsenen können solche Einlagen nicht mehr auf Kassenrezept verordnet werden.
Die Kosten für Software und Apps zur Aufzeichnung der Blutzuckerwerte bzw. zur Dokumentation von Insulindosen und Nahrungsmengen (wie DIABASS) werden in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen. In manchen Fällen kann aber unter Vorlage einer ausreichend begründeten Verordnung eine Kostenübernahme erreicht werden.
Wer beispielsweise aufgrund einer Nephropathie (Nierenschaden), einer Neuropathie (Nervenschaden) oder eines Schlaganfalles nicht mehr (richtig) gehen kann, dem kann ein Rollator auf Kassenkosten verordnet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass man überhaupt noch über ausreichende Körperfunktion verfügt, um mit Hilfe des Rollators selbständig die Wohnung zu verlassen und so am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Geräte zur Messung der Blutgerinnung (Koagulationsmessgeräte) sind ebenfalls verordnungsfähig, Voraussetzung hierfür ist aber, dass eine in der Regel lebenslange gerinnungshemmende (antikoagulatorische) Therapie erforderlich ist. Der Arzt muss eine solche Verordnung ausführlich medizinisch begründen.
Um die Messutensilien zu transportieren bzw. das Insulin vor allem im Sommer auch kühl zu lagern, gibt es diverse Aufbewahrungs- und Kühltaschen. Diese sind zwar oft nützlich, aber aus medizinischer Sicht nicht notwendig bzw. nicht für die Behandlung erforderlich. Eine Verordnung auf Kassenrezept ist daher grundsätzlich nicht möglich.
Insgesamt gibt es also eine Vielzahl unterschiedlicher und nützlicher Produkte in der Diabetesbehandlung, die auch weitgehend von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
von RA Oliver Ebert | REK Rechtsanwälte Stuttgart/Balingen
E-Mail: Sekretariat@rek.de, Internet: www.diabetes-und-recht.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (1) Seite 14-23
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