Weitere Kosten für Diabetiker wegen Insulin-Analoga?

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Weitere Kosten für Diabetiker wegen Insulin-Analoga?

Deutscher Diabetiker Bund: Einschränkung hochwertiger medizinischer Versorgung droht durch Festbetrag. Andere Verbände schließen sich Kritik an.

Der hochwertigen medizinischen Versorgung von Menschen mit Diabetes droht eine weitere Einschränkung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht vor, moderne Insulinanaloga mit einem Festbetrag zu belegen:

Dieter Möhler: “ein Unding!”

„Patienten müssten dann die Differenz zu einem Mehrpreis des Normalinsulins selbst bezahlen – das ist ein Unding”, kritisiert der Bundesvorsitzende des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB), Dieter Möhler. Diese mögliche Regelung trifft Typ-1- und Typ-2-Diabetiker, die Insulin spritzen, Pumpenträger jedoch nicht. Der G-BA plant für Humaninsulin und Insulinanaloga die Neubildung von drei Festbetragsgruppen: für kurzwirksame Insuline, langwirksame Basalinsuline und Mischinsuline.

Bundesausschuss will kosten sparen

Damit will das Gremium weitere Kosten in der Versorgung von Diabetikern sparen, denn Analoginsuline sind teurer als Humaninsulin. Von der Gruppenbildung ausgenommen sind allerdings die Durchstechflaschen für Insulinpumpen. Die geplante Neuregelung betrifft demnach Menschen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes, die auf eine intensivierte Insulintherapie eingestellt sind und sich mit einem Insulinpen spritzen.

Kostengünstigere Insulinversorgung angesterbt?

Sabine Westermann vom DDB-Rechtsberatungsnetz geht davon aus, dass der G-BA damit jetzt auch eine kostengünstigere Insulinversorgung für Typ-1-Diabetiker erreichen will. Bei Typ-2-Diabetikern ist die Kostenübernahme von Analoginsulin nach den Verordnungsausschlüssen des G-BA durch Rabattverträge zwischen Kassen und Insulinherstellern geregelt.

Noch mehr Zuzahlungen für Insuline?

Sollten im aktuellen Fall die Pharmaunternehmen die Preise für ihre Analoginsuline nicht senken, drohen den Patienten weitere Zuzahlungen für möglicherweise anfallende Differenzbeträge, die gut im zweistelligen Euro-Bereich pro Insulinpackung liegen könnten. „Wer sich als Diabetiker Insulinanaloga mit dem Pen spritzt und sich das künftig nicht mehr leisten kann, muss auf Humaninsulin umgestellt werden”, so Möhler.

Gesundheitspolitischer Sparwahn ist unethisch

„Den gesundheitspolitischen Sparwahn auf dem Rücken der Patienten auszutragen, ist unethisch.” Der DDB-Bundesvorsitzende befürchtet auch, dass Ärzte dadurch vermehrt auf Insulinpumpentherapien ausweichen könnten, für die es keine Festbeträge geben wird. „Das könnte die ohnehin schon ablehnende Haltung der Kassen bei der Kostenübernahme von Insulinpumpen weiter verschärfen”, erklärt Möhler.

Therapiemöglichkeiten weiter eingeschränkt

Durch die Festbetraggruppenbildung werden Therapiemöglichkeiten eingeschränkt und medizinisch notwenige Versorgungsalternativen vorenthalten, erläutert Rechtsanwältin Sabine Westermann. „Sowohl schnellwirkende als auch langwirkende Insulinanaloga stellen eine therapeutische Verbesserung dar.”

Besser Lebensqualität durch Analoga

Ein deutlicher Unterschied der schnellwirkenden Analoginsuline gegenüber Humaninsulin zeige sich vor allem in der Verkürzung des Spritz-Ess-Abstandes. „Die daraus resultierenden Unterschiede in der Lebensqualität und Therapiezufriedenheit sind offenkundig und bedürfen deswegen keiner weiteren Nachweise durch Studien”, betont sie. Hier verweist Westermann auf das Recht der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe von Diabetikern am gesellschaftlichen und beruflichen Leben.

Schriftliche Kritik abgeschmettert

Ihre Kritikpunkte hat die DDB-Patientenvertreterin vor wenigen Tagen in einem Antrag gegenüber dem Unterausschuss Arzneimittel des G-BA schriftlich formuliert und auf eine Einstellung des Verfahrens gedrängt. Dieser Antrag wurde jedoch von vornherein abgeschmettert. „Die anderen Patientenvertreter des Gemeinsamen Bundesausschuss wollen sich diesem bis jetzt nicht anschließen. Und rein formal wird mir als Einzelperson vom G-BA verweigert, einen Antrag zu stellen.”

Isoliertes Antragsrecht, keine “Gleichschaltung”!

Eine Änderung der Geschäfts- und Verfahrensordnung des Bundesausschusses hat der DDB-Bundesvorsitzende schon im März 2010 beantragt: Es müsse ein isoliertes Antragsrecht für jeden themenbezogenen Patientenvertreter geben, nicht nur für die anerkannten Patientenorganisationen insgesamt. Darf der themenbezogene Vertreter nur Anträge in Abstimmung mit den anderen stellen, bedeutet dies „faktisch eine Gleichschaltung”, so Möhler.

Nicht im Interesse der Patienten

„Das mag im Interesse der Politik sein, nicht aber im Interesse der Patienten.” Diese Vorgehensweise sei „weder demokratisch noch rechtsstaatlich”, kritisiert er, bleibt aber optimistisch: „Die Klage hat daher hinreichend Aussicht auf Erfolg.” Dies könnte auch sämtliche älteren Entscheidungen des G-BA zu Leistungseinschränkungen im Diabetesbereich zu Fall bringen.

G-BA: Sitzung am 21. Februar

Der Beschluss zu den Festbetragsgruppen von Human- und Analoginsulinen wird am 21. Februar 2013 in der Plenumssitzung des G-BA verabschiedet (nach Redaktionsschluss). Der DDB hat dazu schon Protestaktionen angekündigt.

Verband “DDH-M” unterstützt DDB-Kritik

Auf der Website der Selbsthilfeorganisation Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes” (DDH-M) heißt es: “Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) kritisierte das Vorhaben des G-BA kürzlich in einer Pressemitteilung. Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M) schließt sich dieser Kritik an. Denn die Festbeträge würden für betroffene Patienten eine deutlichere finanzielle Mehrbelastung oder eine schlechtere Versorgung durch Humaninsulin bedeuten.”


Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB)

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