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Im Jahr 2006 bekam ich meine erste Insulinpumpe. Ich war aufgeregt wie nie zuvor, aber auch skeptisch zugleich. Denn ab diesem Tag hieß es für mich, Verantwortung zu übernehmen, aufzupassen, zu kümmern, ein Bett zu teilen, und das alles 24 Stunden, jeden Tag – für den Rest meines Lebens. Das hört sich jetzt anstrengend und kompliziert an, aber ich wusste ja, meine Pumpe wird mir eine Hilfe sein. Mein kleines „Wunder“ eben, das mir ein bisschen mehr das gewohnte Leben zurückgeben kann. Gleichzeitig war ich ab dem Tag nicht nur die stolzeste Pumpenträgerin im gesamten Krankenhaus, sondern irgendwie auch auf eine Art und Weise „Mama“ geworden. Ich hatte jetzt etwas, um das ich mich kümmern musste, ob ich wollte oder nicht.
Meine Pumpe hängt an mir, egal ob ich mir die Zähne putze oder arbeiten bin. Das ist der Sinn der Sache, denn damit bekomme ich ja mein Insulin. Aber sie ist eben überall dabei, außer beim Duschen und beim Sport. Das heißt auch nachts, in meinem Bett. Zum Anfang konnte ich mich da irgendwie überhaupt nicht mit anfreunden. Ich meine, ich hatte keine Angst, dass ich sie rausschmeiße oder dass sie außerhalb der Decke liegt, aber es war einfach ungewohnt, das Bett teilen zu müssen. Auch wenn sie nicht viel Platz wegnimmt. Doch das war ja nicht die einzige Hürde, die wir meistern mussten. Ich habe ja gesagt, als Insulinpumpenbesitzer ist man Mama oder eben Papa, so in der Art war es auch. Mein „Pumpen-Baby“ hält mich manchmal nachts auf Trab. Sei es mit nächtlichen Warnmeldungen, dass die Ampulle bald leer ist, die temporäre Basalrate abgelaufen ist oder die Batterie demnächst gewechselt werden muss. Andererseits gibt’s dann noch ernstzunehmende andere Alarme, wie Verstopfung, Pumpe im Stopp-Modus oder dass die Ampulle komplett leer ist. Am Morgen danach spürt man dann manchmal noch, dass die Nacht nicht die allerbeste war, z.B. mit Kopfschmerzen, erhöhten Blutzuckerwerten oder aber einfach Schlafmangel. All diese nächtlichen „Ruhestörungen“ schafft meine Pumpe auch heutzutage noch, wobei ich im Nachhinein immer froh darüber bin, dass sie mich aufgeweckt hat. Besser einmal mehr stören als gar nicht, denn meist ist nach 5-10 Minuten Fürsorge und Aufmerksamkeit der ganze „Spuk“ auch schon wieder vorbei. Man kann es dem kleinen „Quälgeist“ ja auch nicht verübeln.
Jeder Diabetiker weiß, dass es sinnvoll ist, die wichtigsten „Ersatzteile“ bei sich zu tragen. Hier spreche ich natürlich nicht von kurzen Ausflügen zum Supermarkt o.ä., aber wenn man mal für eine längere Zeit oder den ganzen Tag unterwegs ist. Eben dann, wenn man in brenzligen Situationen nicht so schnell auf sein „Hauptlager“ zugreifen kann. Das „Ersatzteillager“ mit sich herumzutragen, kann schon mal nerven. Als wenn wir nicht schon genug mitnehmen müssen. Auch hier ist es wieder vergleichbar wie mit einem Baby. Da nimmt man auch oft Wechselsachen oder Notfall-Schnuller mit. Bei uns Diabetikern sind das dann eben Pflaster, Batterien, Ersatz-Kanüle, Pikser, Einwegspritzen, Kanülen und all das, was man für wichtig hält. Natürlich schleppt man das nicht jeden Tag, in doppelter und dreifacher Ausführung mit sich herum, aber manchmal ist es notwendig. Wieder eine Sache mehr, die zusammen mit der Pumpe und dem „Eltern-Dasein“ zur wichtigen Aufgabe wurde.
Alle zwei Tage steht es bei mir an: Kanüle wechseln. Natürlich wurden aus den zwei Tagen auch schon mal drei, da bin ich ehrlich. Aber am dritten Tag war es dann auch allerhöchste Zeit. Ich bin wirklich froh, dass ich mich im „Normalfall“ nur noch alle zwei Tage neu piksen muss. Aber mit der Zeit kommt eben auch die Routine und man vergisst, wie „gut“ man es eigentlich mittlerweile hat. Trotzdem warte ich mit dieser unlustigen Beschäftigung meist so lange wie möglich. Wieder einmal vergleichbar mit den „Eltern-Aufgaben“. Wir müssen uns darum kümmern, dass die Kanüle gewechselt wird, von alleine macht unsere Pumpe das leider noch nicht. Es ist unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass vorher alles schön desinfiziert wurde und das „Baby“ weiterhin 1A funktionieren kann. Klar, nicht immer läuft dieser Prozess reibungslos und ohne Komplikationen ab. Mal pikst es mehr, mal blutet es und manchmal ist man mit den Gedanken ganz woanders und vergisst durchaus, das Pflaster vorher abzumachen. Japp, das passiert jedem Diabetiker während seiner Pumpen-Zeit mit Sicherheit einmal.
Die wohl größte Umstellung vom Pen auf die Pumpe. Eine 24-Stunden-Basalrate, damit wir Vollzeit mit Insulin versorgt sind. Aber auch die Basalrate wird sich mit der Zeit immer mal wieder verändern. Wir werden älter, sind mal mehr, mal weniger aktiv und unser Hormon-Haushalt verändert sich. Ich weiß, wenn es an der Zeit ist, die Basalrate umzustellen, zu verändern, dann waren die Blutzuckerwerte eine gewisse Zeit vorher schlecht. Sei es zu hoch, zu tief oder eine einzige Achterbahnfahrt. Deshalb mag ich die Umstellung und die Aufgabe an sich auch nicht wirklich. Manchmal muss man vorher sogar erst einmal einen oder mehrere Basalratentest(s) durchführen, um das Problem herauszufinden. Schrecklich! Vergleichbar ist das Verändern der Basalrate mit der Erziehung „des Kindes“. Ein stetiger Prozess, dem wir immer wieder während der Jahre begegnen werden und an dem immer weiter gearbeitet werden muss. Ob man will oder nicht, auch das gehört zum Dasein als „Eltern“ oder aber Pumpenträger dazu. Man bekommt manchmal sogar wertvolle Unterstützung, sei es durch den Diabetologen oder die Familie. Jeder muss bei diesem Thema schließlich immer noch seinen eigenen Weg finden, denn nur wir wissen, wo das Problem liegt.
Oh ja, ein ganz heikles Thema, über das ich hier spreche. Darüber bin ich mir bewusst! Aber Gott sei Dank sprechen wir hier „nur“ über eine Pumpe, die zwar sehr wertvoll und lebensnotwendig ist, aber zum Glück nicht vergleichbar mit einer realen, lebendigen Person. Es gibt Dinge in einem Diabetes Alltag, die bestreitet man ohne seine Pumpe. Bei mir ist das zum Beispiel Sport, Schwimmen und Duschen. Denn von einer wasserfesten Pumpe habe ich leider noch nichts gehört. Ich werde mir mit Sicherheit auch keine Konstruktion basteln, um meine Pumpe 15 Minuten unter der Dusche bei mir zu haben. Manchmal bin ich auch wirklich froh, mal wieder OHNE Pumpe zu sein, auch wenn ich sie im Alltag sowieso schon nicht mehr bemerke. Aber genau bei solchen Situationen, sei es Sport oder Duschen, ist es leider auch schon einmal vorgekommen, dass ich mein „Kind“ vergessen habe. Einfach mutterseelenallein auf dem Badezimmer-Schrank liegengelassen oder in der Sport-/Schwimmtasche. Dann ist der Schreck, wenn man es bemerkt, der allergrößte. Manchmal kommen Fragen auf wie z.B.: „Wo um Himmels Willen habe ich sie liegen lassen?“ oder: „Oh Mist, wo wird nur mein Blutzucker jetzt sein?“ Zum Glück habe ich die Pumpe bisher aus allen Verstecken wiedergefunden und sie nie so lange abgekoppelt, dass der Blutzucker ungewöhnlich „Höchstnoten“ hatte. Zum Glück ist meine Pumpe nicht nachtragend, mein Blutzucker manchmal schon eher. Alles in allem bin ich jeden Tag froh, die Entscheidung für meine Insulinpumpe getroffen zu haben. Ich übernehme gerne die Verantwortung und opfere wertvollen Platz in meinem Koffer, für die Ersatzteile und Hilfsmittel meiner Pumpe. Die nächtlichen „Aufweck-Aktionen“ finde ich immer noch, mal mehr, mal weniger, nervenaufreibend. Aber alles, was mir meine Pumpe gibt und ermöglicht, nehme ich dafür gerne in Kauf. Ich bin eben eine Pumpen-Mama und froh, mein „Baby“ jeden Tag durch die Welt zu tragen. Wie siehst du das? Bist auch du eine Pumpen-Mama oder ein Pumpen-Papa? ☺
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