- Technik
Die Qual der Wahl
3 Minuten
Das Insulinpumpenkolloquium am Diabetes-Zentrum Mergentheim ist eine Veranstaltung für Pumpenträger und Menschen mit Diabetes mellitus, die ein System zur kontinuierlichen Glukosemessung tragen. Das Kolloquium 2017 stand unter dem Motto „Pumpen und Sensoren – Qual der Wahl“. Rund 230 Betroffene nahmen daran teil.
Beim Pumpenkolloquium stand im Zentrum die Vorstellung verschiedener technischer Möglichkeiten, mit denen kontinuierliche Glukosemessung und Insulinpumpentherapie heute realisiert werden können. Die Runde wurde eröffnet durch das Referat „Fortschritt, der unter die Haut geht: das erste Langzeit-CGM in Deutschland“.
Eversense: Sensor unter der Haut
Es ging um den Eversense-Sensor, der von Roche Diabetes Care Deutschland vertrieben wird: Es handelt sich dabei um einen unter die Haut gelegten Sensor, der für 90 Tage dort bleibt und über den zugehörigen Transmitter die Daten auf den Monitor überträgt (Watch, Smartphone). Der Sensor ist stäbchenförmig und wird ambulant in den Oberarm implantiert. Die Einführungswunde wird nach Eingriff mit einem Klammerpflaster verschlossen; darüber kann nach den ersten 24 Stunden der externe Transmitter angebracht werden.
Die Besonderheit des Systems: Der externe Transmitter versorgt den subkutan implantierten Sensor auch mit Energie. Der Sensor im Unterhautfettgewebe misst auf optischem Weg die Glukose (Fluoreszenz-Phänomen); der Wert wird in den Transmitter gesendet und danach dort in einen Glukosewert umgerechnet. Der Transmitter schickt den errechneten Wert z. B. an das Smartphone des Nutzers, das die empfangenen Werte mit einer App sichtbar machen kann. Die Alarmfunktion wird über den Transmitter gewährleistet, der den Träger optisch, akustisch und auch haptisch warnt.
Das bedeutet, dass auch ohne die momentane Nutzung eines Smartphones die Übertragung des Alarms an den Träger des Systems gewährleistet ist. Die App ist jedoch erforderlich, um die vom Transmitter übertragenen Daten in einen Zusammenhang zu bringen und optisch darzustellen. Sie gewährleistet auch die Tagebuchfunktion mit ergänzender Eingabemöglichkeit der Insulindosierung und der gegessenen Kohlenhydrate. Eine Übertragung auf ein modernes Device im Sinne einer Armbanduhr ist möglich.
Daten für weitere Personen zugänglich
Die zweite Präsentation beschäftigte sich mit der Frage: „CGM – was kann der Dexcom-Sensor?“ Hier wurde der neue Dexcom-Sensor vorgestellt. Interessant ist die Möglichkeit, die Daten aus dem System nicht nur persönlich zu nutzen, sondern sie über eine spezielle App weiteren Personen mitzuteilen, so dass auch im Fall der Versorgung von Kindern (Schule etc.) ein Überprüfen oder Beurteilen der Stoffwechsellage durch die Eltern möglich ist. Das System könnte gerade bei Kindern gewährleisten, dass die Eltern zusätzliche Sicherheit (Unterstützung der Dosisfindung) auch bei Abwesenheit des Kindes bekommen.
Im dritten Vortrag stellte Dr. Andreas Thomas (Medtronic GmbH) die Grundzüge der nächsten Pumpengeneration vor. Er erläuterte die Zukunftsperspektive hinausgehend über die bereits vorhandenen technischen Möglichkeiten der Hypoglykämie- und der vorbeugenden Hypoglykämie-Abschaltung: Das Kennzeichen des Hybrid-Closed-Loop-Systems sei, dass die Pumpe selbst aufgrund der Sensordaten die Zuckerkonzentration über die Basalrate steuert, ebenso ggf. auch über ergänzende Boli oder Anpassung der Basalrate. Hingegen muss der Pumpenträger noch aktiv in das System eingreifen bei Mahlzeitenboli sowie zur Anpassung bei geplanter körperlicher Aktivität.
Closed Loop braucht noch schnellere Insuline
Ein Closed-Loop-System ist auch dadurch gekennzeichnet, dass sogar die Mahlzeitenboli nicht mehr vom Betroffenen persönlich in die Pumpe einprogrammiert werden müssen und dadurch der Bolus ausgelöst wird. Vielmehr wird die entsprechende Insulingabe für die Mahlzeit getriggert durch den Blutzuckeranstieg. Die Teilnehmer waren sich in der Diskussion nicht sicher, ob dieses System wirklich erfolgreich arbeiten kann.
Womöglich handele es sich dabei nicht nur um eine Frage der Pumpen- bzw. der Sensortechnik, sondern auch um die Frage der Verfügbarkeit noch schneller wirksamerer Insuline: Sie müssten auch bei subkutaner Gabe noch so rechtzeitig und intensiv wirken, dass nach dem Essen überschießende Spitzen des Gewebezuckers vermieden werden können. Vielleicht könne es auch auf ein System hinauslaufen, das zwar den Closed Loop beherrscht, im Alltagsleben aber doch mahlzeitenabhängig zusätzlich vom Nutzer gesteuert wird.
Die aktive Steuerung des Systems durch den Nutzer wird wohl erforderlich bleiben gerade bei der vorbeugenden Dosisanpassung für körperliche Bewegung – wenn es bis dahin nicht besonders kurz wirksame Insuline geben wird.
Intuitive Pumpensteuerung, Flash Glucose Monitoring
Danach wurde die mylife YpsoPump mit ihren speziellen Möglichkeiten vorgestellt: Es faszinierte besonders die Steuerung der Pumpe über ein System von Icons, das völlig ohne eine Sprachführung auskommt. So wurde eindrucksvoll direkt im Hörsaal per Videokamera vorgeführt, wie rasch bei dieser Pumpe z. B. ein Reservoir-Wechsel möglich ist und wie einfach über die Icon-Tasten eine Bolusabgabe (sogar mit Variante) ausgelöst werden kann.
Das Symposium wurde abgerundet durch eine Präsentation von Abbott Diabetes Care: Die Nutzer wurden informiert über die aktuelle Weiterentwicklung der Kostenübernahme und die derzeit vorhandenen Möglichkeiten des Auslesens des Systems mit einer App. Außerdem wurden Daten aus der Alltagsversorgung von Menschen mit Diabetes vorgestellt.
Dabei ließ sich zeigen, dass es bei Nutzern zu einer Absenkung des rechnerischen HbA1c-Wertes kommt – und auch, dass sich die Rate an Hypoglykämien senken lässt. Ließe sich das nicht nur in Studien zeigen, sondern auch in der Alltagsversorgung der Patienten, so wäre einer der gefährlichsten Punkte einer besseren Einstellung – die Unterzuckerungen – aktiv angegangen!
Am Ende des Pumpenkolloquiums waren sich alle Beteiligten einig, dass dieser Tag eine Menge neuer und interessanter Informationen brachte – und auch, dass er Einblick gab in aktuelle Entwicklungen der Diabetologie.
von Dr. med. Bernhard Lippmann-Grob
Leitender Oberarzt, Diabetes-Klinik Bad Mergentheim,
Theodor-Klotzbücher-Straße 12, 97980 Bad Mergentheim,
E-Mail: lippmann-grob@diabetes-zentrum.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (1) Seite 16
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bloodychaos postete ein Update vor 2 Tagen, 22 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
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loredana postete ein Update vor 4 Tagen, 19 Stunden
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
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Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.
Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.
Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️
Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).