Hilfsmittel unterstützen bei der Diabetestherapie

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Hilfsmittel unterstützen bei der Diabetestherapie

Ein Leben mit Diabetes ist, wenn man einen Typ-1-Diabetes hat, immer auch mit Hilfsmitteln für die Diabetestherapie verbunden. Dazu gehören zum Beispiel Blutzucker-Messgeräte, Systeme zum kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM-Systeme), Insulinpens, Insulinpumpen – um nur die geläufigen zu nennen. Auch für viele Menschen mit Typ-2-Diabetes sind solche Hilfsmittel inzwischen selbstverständlich und sie möchten sie nicht mehr missen. Welche Hilfsmittel es gibt – zumindest einen Auszug davon, denn alle würden den verfügbaren Platz sprengen –, erläutert Dr. Jens Kröger in diesem Artikel. Einen besonderen Schwerpunkt legt er dabei auf die Smart-Pens, die durch die Digitalisierung immer mehr im Kommen sind.

Menschen mit Diabetes können eine Vielzahl von Hilfsmitteln nutzen, um sich den Umgang mit ihrer Erkrankung zu erleichtern und ihr Diabetes-Management so gut wie möglich hinzubekommen. Im Folgenden werden einige Diabetes-Hilfsmittel, die von vielen gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen – abgesehen von eventuell erforderlichen gesetzlichen Zuzahlungen – bezahlt werden, näher dargestellt.

Blutzucker-Messgeräte

Blutzucker-Messgeräte werden verwendet, um den aktuellen Blutzucker aus einem Blutstropfen zu bestimmen. Der Blutstropfen wird dabei möglichst aus der Seite einer Fingerbeere entnommen und auf einen Teststreifen für ein Blutzucker-Messgerät aufgetragen. Das Bestimmen des Blutzuckerwerts dient dazu, akute Entgleisungen wie Über- und Unterzuckerungen (Hyper- und Hypoglykämien) zu identifizieren. Des Weiteren erfolgt aufgrund dieser Messungen ein Anpassen der Insulindosis oder anderer Diabetes-Medikamente.

Um die Glukosewerte richtig messen zu können, ist eine technische Einweisung für das korrekte Durchführen der Messung mit dem tatsächlich verwendeten Messgerät erforderlich. Im Rahmen einer strukturierten Schulung in der Praxis ist es wichtig, zu erlernen, welche Therapie-Entscheidungen aufgrund der Werte sinnvollerweise getroffen werden.

Folgende Personen können ein Blutzucker-Messgerät verordnet bekommen

  • Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes, mit Schwangerschaftsdiabetes oder mit anderen Diabetesformen mit Insulintherapie
  • Menschen mit Typ-2-Diabetes ohne Insulintherapie nur in bestimmten Ausnahme-Situationen

Kontinuierliches Glukose-Monitoring

Systeme zum kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM-Systeme) mit Alarmfunktionen enthalten einen Sensor, der kontinuierlich den Gewebezucker im Unterhautfettgewebe an Arm, Bauch oder Gesäß (je nach Zulassung) misst. Die Daten werden automatisch an ein Empfangsgerät oder eine App auf einem Smartphone übertragen und ermöglichen es Menschen mit Diabetes, den Verlauf der Glukosewerte rückblickend und vorausschauend zu verfolgen.

Folgende Personen können ein CGM-System verordnet bekommen

  • Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes und intensivierter Insulintherapie bzw. Insulinpumpen-Therapie, wenn sie das individuell vereinbarte Therapieziel nicht erreichen. Hierzu gehören der HbA1c-Wert, das Verhindern schwerer und sehr schwerer Hypoglykämien, die Reduktion von leichten Hypoglykämien, das Verbessern der Lebensqualität etc.

Insulinspritzen

Insulinspritzen sind eine traditionelle Methode, um Insulin zu verabreichen. Sie bestehen aus einem Kolben mit einer Kanüle, die in eine Insulinflasche oder Insulinpatrone gestochen wird. Anschließend wird eine etwas größere Menge Insulin aufgezogen als benötigt, Luft aus der Spritze entfernt und dann das Insulin ins Unterhautfettgewebe (subkutan) injiziert.

Folgende Personen können Insulinspritzen verordnet bekommen

  • Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes und Insulintherapie. Es empfiehlt sich für jeden Menschen mit Diabetes und Insulintherapie, immer ein paar Spritzen mit sich zu führen, insbesondere bei einer Reise ins Ausland – auch bei Nutzung einer Insulinpumpe oder eines Insulinpens.

Insulinpens

Insulinpens haben die Form eines Kugelschreibers und werden verwendet, um Insulin subkutan zu injizieren. Sie sind einfach zu bedienen und bieten eine diskrete Möglichkeit, Insulin zu verabreichen. Man unterscheidet wiederverwendbare Insulinpens und Fertigpens. Während wiederverwendbare Insulinpens zur Gruppe der Hilfsmittel gehören, gehören Fertigpens zu den Arzneimitteln.

Folgende Personen können Insulinpens verordnet bekommen

  • Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes und Insulintherapie

Smart-Pens

Smart-Pens sind Pens, die mit digitaler Technologie ausgestattet sind, um Menschen mit Diabetes das Insulin-Management zu erleichtern. Diese intelligenten Pens bieten Funktionen, die es den Benutzern ermöglichen, den Einsatz von Insulin auch im Rückblick besser zu überwachen. Hier gibt es wiederverwendbare Pens und Fertigpens, die mit digitalen Kappen versehen werden können. Bisher stehen nur wenige Smart-Pens zur Verfügung (siehe Tabelle auf Seite 21), was sich allerdings in den nächsten Wochen und Monaten ändern wird.

Folgende Personen können Smart-Pens verordnet bekommen

  • Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes und Insulintherapie. Smart-Pens sind bisher keine Regelleistung der Krankenkassen, können aber mit besonderer Begründung, nach Verfügbarkeit, verordnet bzw. getestet werden.

Insulinpumpen

Insulinpumpen sind medizinische Geräte, die kontinuierlich Insulin in die Körper von Menschen mit Diabetes abgeben. Eine Insulinpumpe wird in der Regel außerhalb des Körpers getragen. Durch einen Schlauch (Katheter) wird das Insulin unter die Haut (subkutan) abgegeben. Das Insulin befindet sich in einem Reservoir oder in einer Kartusche in der Pumpe.

Es gibt Schlauch-Pumpen und Patch-Pumpen. Bei Schlauch-Pumpen kann man selbst auswählen, wie lang die verwendeten Katheter sein sollen. Patch-Pumpen haben nur einen sehr kleinen Schlauch oder nur eine Kanüle zur Abgabe des Insulins.

Die Nutzerinnen und Nutzer können die Insulin-Basisversorgung (Basalrate) in der Pumpe programmieren, die diese dann kontinuierlich abgibt. Wenn weitere Insulingaben für z. B. die Aufnahme von Kohlenhydraten erforderlich sind, werden diese manuell abgegeben.

Folgende Personen können eine Insulinpumpe verordnet bekommen

  • Menschen mit Typ-1-Diabetes, die mit der intensivierten Insulintherapie (ICT) nicht das mit dem Diabetes-Team vereinbarte individuelle Therapieziel erreichen
  • bei Menschen mit Typ-2-Diabetes mit Insulintherapie und z. B. schmerzhafter Polyneuropathie (Nervenschäden), Schichtarbeit oder Schwangerschaft müssen die Gründe individuell dargelegt werden

AID-Systeme

Mittlerweile ist die Diabetes-Technologie so weit, dass Insulinpumpen und CGM-Systeme zusammenarbeiten, um die Insulingabe laufend an den Bedarf anzupassen. Als Schnittstelle gibt es unterschiedliche Algorithmen. Solche Systeme nennt man AID-Systeme, AID steht für automatisierte Insulin-Dosierung.

Folgende Personen können ein AID-System nutzen

  • Allen Menschen mit Typ-1-Diabetes sollte bei Nichterreichen des individuellen Therapieziels ein AID-System angeboten werden. Jeder Mensch mit Diabetes sollte dann zusammen mit dem Diabetes-Team entscheiden, ob er oder sie ein AID-System möchte und welches individuell das beste System ist.

Sehhilfen

Sehhilfen für Menschen mit Diabetes finden sich im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenkassen. Dabei wird nach Brillengläsern, Kontaktlinsen und vergrößernden Sehhilfen unterschieden. Menschen mit Diabetes mit einer Sehschwäche bzw. Blindheit können einen Anspruch auf Verschreibung von optisch vergrößernden Sehhilfen wie Brillengläsern mit Lupenwirkung oder Lupen haben. Hinsichtlich der elektronischen Sehhilfen versteht man Bildschirm-Lesegeräte, elektronische Lupen, Kamerasysteme zum Vergrößern der Schrift etc. Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens (Monitore, Laptops, Tablets) sind von der Versorgung ausgeschlossen, auch wenn diese im Zusammenhang mit den elektronisch vergrößernden Sehhilfen eingesetzt werden.

Folgende Personen können Sehhilfen verordnet bekommen

  • Menschen mit Diabetes und hochgradiger Sehbehinderung oder Blindheit

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

Neben den Hilfsmitteln gibt es weitere Unterstützung für Menschen mit Diabetes, die nicht unter das Kapitel Hilfsmittel der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen fällt, aber dennoch Menschen mit Diabetes in ihrem Therapie-Management helfen kann. Ein Beispiel sind die Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA).

DiGAs sind in Deutschland spezielle medizinische Apps oder digitale Programme, die dazu dienen, Diagnose, Überwachung, Behandlung oder Nachsorge von Krankheiten zu unterstützen. Seit Oktober 2020 können solche Anwendungen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Basis des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) zugelassen und von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden.

DiGA werden einer strengen Prüfung unterzogen, um ihre medizinische Qualität, ihre Datensicherheit und den Datenschutz zu gewährleisten. Es muss nachgewiesen sein, dass sie einen positiven Effekt auf die Versorgung der kranken Menschen haben und als Medizinprodukte zertifiziert sind. Nach der Zulassung erhalten sie eine DiGA-Nummer und können verordnet werden. Krankenkassen können auch ohne ärztliche Verordnung eine DiGA genehmigen. Zurzeit (Stand Mai 2023) gibt es 47 zugelassene DiGA (davon 29 vorläufig und 18 dauerhaft ins DiGA-Verzeichnis aufgenommene).

Hinsichtlich des Diabetes gibt es aktuell folgende DiGA

Vitadio (vorläufig aufgenommen)

  • DiGA, die darauf abzielt, die Diabetes-Kontrolle innerhalb von drei Monaten zu verbessern, indem sie die Nutzenden zu einem besseren Selbstmanagement und Lebensstil befähigt. Für Anwendende entstehen keine Kosten.
  • Verordnet bekommen können sie Menschen mit Typ-2-Diabetes.

HelloBetter Diabetes und Depression (dauerhaft aufgenommen)

  • DiGA, die Menschen mit Diabetes und Depression mit einem 12-wöchigen Online-Kurs wirksam unterstützen kann. Für Anwendende entstehen auch hierbei keine Kosten.
  • Verordnet bekommen können sie Menschen ab 18 Jahren mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes und Depression.

zanadio (dauerhaft aufgenommen)

  • DiGA, die Menschen mit Adipositas (extremes Übergewicht) hilft, durch eine Veränderung ihrer Gewohnheiten in den Bereichen Bewegung und Ernährung langfristig ihr Gewicht zu reduzieren. Die Mindestlaufzeit beträgt 90 Tage, kann aber verlängert werden.Verordnet bekommen können sie Menschen ab 18 Jahren mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 bis 40 kg/m2 (unabhängig davon, ob ein Diabetes besteht).

Oviva Direkt für Adipositas (vorläufig aufgenommen)

  • DiGA, die Menschen mit Adipositas hilft, durch eine Veränderung ihrer Gewohnheiten in den Bereichen Bewegung und Ernährung langfristig ihr Gewicht zu reduzieren.
  • Verordnet bekommen können sie Menschen ab 18 Jahren mit einem BMI von 30 bis 40 kg/m2 (unabhängig davon, ob ein Diabetes besteht).

Eine Hilfsmittelverordnung sollte immer auch unter dem Aspekt der Lebensqualitäts-fördernden Therapie-Unterstützung im Rahmen einer partizipativen Entscheidungsfindung betrachtet werden.

Schwerpunkt: „Hilfsmittel – was, wann, warum“


von Dr. Jens Kröger

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Erschienen in: Diabetes-Anker, 2023; 72 (7) Seite 18-23

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