Schätzungsweise rund 11 Millionen Menschen in Deutschland leben mit Diabetes, Tendenz steigend. Doch diese große Bevölkerungsgruppe wird von der Politik nur unzureichend berücksichtigt und vertreten, wie das „Deutschland Diabetes-Barometer“ von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe zeigt.
diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe setzt sich seit über 15 Jahren für die Interessen der Menschen mit Diabetes in Deutschland ein. Mittlerweile ist die Zahl der Erkrankten inklusive Dunkelziffer auf 11 Millionen Menschen mit Diabetes angestiegen und jede Minute kommt eine Neuerkrankung hinzu.
In den Parteiprogrammen zur Bundestagswahl fanden sich bei keiner Partei konkrete Maßnahmen, wie dieser Tsunami aufgehalten werden könnte und wie die hohe Anzahl der Betroffenen auch zukünftig bestmöglich versorgt werden könnte, um Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Erblindung oder Amputation zu verhindern.
Ergnisse des „Deutschland Diabetes-Barometer“: Nur 16 Prozent fühlen sich von der Politik gut vertreten
So ist es kein Wunder, dass bei einer Umfrage Ende Januar auf der Patienten-Veranstaltung „t1day“ mit 400 Teilnehmenden nur 16 Prozent der Aussage zustimmten, sie sähen sich in Bezug auf eine gute diabetologische Versorgung von der Politik adäquat vertreten. Insbesondere die aktuelle Bedrohung, dass es durch das verabschiedete Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) zu Einschränkungen bei der Betreuung aller Menschen mit Diabetes durch diabetologische Schwerpunktpraxen kommen könnte, bereitete den Menschen mit Diabetes große Sorge.
Flankierend zum t1day hatte diabetesDE als Schirmherrin der Veranstaltung auf Instagram (@deutschediabeteshilfe) ein „Deutschland Diabetes-Barometer“ gestartet, um Meinungen einzuholen, ob die Politik beim Wahlkampf die diabetologische Versorgung auf dem Schirm hat.
Auf Instagram mehr als 400.000 Kontakte erreicht
So kommentierte zum Beispiel Ivo, Typ-1-Diabetes (@mydialetics): „Wir können die großen Probleme (Überlastung der Praxen, nicht ausreichende Versorgung/Schulungsangebote, etc.) nicht lösen, wenn wir das politisch nicht auch angehen. Mehr Prävention, mehr Aufklärung, bessere Schulungsbedingungen für Fachkräfte, mehr Zeit für Patienteninteraktion. Dafür setze ich mich ein.“
Und Conny, Typ-1-Diabetes (@zuckerschockconny), ergänzt: „Meiner Meinung nach geht da einfach noch mehr. Wir sind so viele und müssen auch in den Gesetzen und Reformen einen Platz finden. Aber die Parteien sehen Diabetes alle sehr unterschiedlich. Es braucht hier neue Gesetze, Reformen und vor allem die Erwähnung von uns Diabetikern im Wahlprogramm.“
Wirtschaftliche und gesundheitsökonomische Folgen
Aber genau diese fehlte in allen Wahlprogrammen. „11 Millionen Menschen mit Diabetes werden von der Politik einfach ignoriert“, kritisiert Dr. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe. „Das ist viel zu kurz gedacht, denn durch chronische Erkrankungen entstehen auch finanzielle Belastungen für die Gesellschaft und Wirtschaft. Viel zu selten wird über Diabetes und seine langfristigen wirtschaftlichen und gesundheitsökonomischen Folgen gesprochen. Die meisten Arbeitgeber haben noch nicht erkannt, was es bedeutet, wenn chronisch kranke Menschen als fitte Arbeitnehmer*innen ausfallen.“
Mit zielführender Prävention und guter Versorgung Kosten senken
Menschen mit Typ-2-Diabetes haben etwa doppelt so hohe Versorgungskosten wie Personen ohne Typ-2-Diabetes und haben zudem mehr Fehltage durch Erkrankungen, werden häufiger erwerbsunfähig und sterben häufiger bereits im erwerbsfähigen Alter.
Die jährlichen Diabetes-assoziierten Kosten im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland belaufen sich auf etwa 30 Milliarden Euro. Das entspricht etwa 10 Prozent der Gesamtausgaben. Mit aktuellen Bevölkerungstrends und ohne entsprechende Gegenmaßnahmen ist davon auszugehen, dass sich die Versorgungskosten bis 2040 etwa verdoppeln werden. *
Darum fordern wir die zukünftige Bundesregierung auf, endlich Ernst zu machen mit zielführenden Präventionsmaßnahmen und einer guten Versorgung der Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland.
*Quelle: Zitat von Prof. Dr. Michael Laxy, Professur für Public Health und Prävention, Technische Universität München, beim SZ-Wirtschaftsgipfel am 11.11.2024 in Berlin
Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (4) Seite 64-65