Im Online-Vortrag gab Ernährungswissenschaftlerin Alexandra Gregor einen Überblick über Fleisch-Ersatz-Produkte, deren Nährstoffprofil und Ökobilanz sowie Tipps für eine ausgewogene Ernährung.
Am 11. April trafen wir uns online zum Thema Trendfood Fleisch-Ersatz. Diplom-Ökotrophologin Alexandra Gregor, Referentin für Ernährungs- und Verbraucherfragen beim Bayerischen Bauernverband (BBV), gab einen Überblick über gängige Fleisch-Alternativen und deren Nährstoff-Profil im Vergleich zum „Naturprodukt“ Fleisch. Sie ging dabei auch auf die Ökobilanz sowie die Kennzeichnung ein. Hier eine kurze Zusammenfassung.
Fleisch-Ersatz liegt im Trend. Die Erzeugung steigt von Jahr zu Jahr, spielt allerdings im Vergleich zur Fleisch-Erzeugung immer noch eine untergeordnete Rolle. Warum kaufen Verbraucher Fleisch-Ersatzprodukte? Die Gründe sind Neugier, Tierschutz, Geschmack, Klima/Umwelt, Gesundheit, Lesen/Hören bis hin zu Unverträglichkeiten.
Fleisch ist das Original, es ist ein Naturprodukt. Es enthält Proteine mit für uns hoher biologischer Wertigkeit*, d. h. unser Körper kann sie gut „nutzen“. Es enthält auch wertvolle Mineralstoffe wie Zink, Eisen, Selen sowie B-Vitamine, insbesondere Vitamin B12. Nachteil: Es fehlen die in unserer Ernährung so wichtigen Ballaststoffe. Wir essen immer noch zu viel Fleisch pro Jahr und Kopf, nämlich 52 kg – die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt nur 16 kg, was einer Menge von 300 g pro Woche entspricht.
*Biologische Wertigkeit bei Proteinen: Hier kommt es nicht auf die Gramm pro 100 g Produkt an, sondern auf die Zusammensetzung. Sie ist bei tierischen Proteinen höher als bei pflanzlichen, da sie aufgrund ihrer ähnlichen Aminosäuren-Zusammensetzung besser vom Körper zu nutzen sind. Hühnerei hat eine Wertigkeit von 100, Rindfleisch von 87, Schweinefleisch von etwa 80.
Überblick zu gängigen Fleisch-Ersatz-Produkten
pflanzenbasiert: Sojabohnen (u.a. Tofu und Tempeh), Süßlupinen, Linsen, Jackfrucht und Weizenmehl (Seitan). Sie enthalten teilweise höhere Mengen an Eiweiß, allerdings mit geringerer biologischer Wertigkeit. Sehr positiv: der Gehalt an Ballaststoffen.
Hybrid-Fleisch: Das ist eine Mischung aus Fleisch und anderen Zutaten, häufig Gemüse. Dabei ist die Art und Menge des Gemüse-Zusatzes bei Fertigprodukten sehr unterschiedlich. Hinweis: Werfen Sie einen kritischen Blick auf die Zutatenliste und den Verarbeitungsgrad. Tipp von Alexandra Gregor: Selbst mischen ist meist deutlich besser und gesünder. Machen Sie z. B. Frikadellen aus geraspelten Möhren und Zucchini oder Haferflocken, ersetzen Sie einen Teil des Fleischs im Geschnetzelten z. B. durch Paprikastreifen oder anderes Gemüse. Ersetzen Sie das Hackfleisch einer Bolognese durch Linsen usw.
Insekten: Aktuell sind in der Europäischen Union (EU) vier Insektenarten für den Verzehr zugelassen: gelber Mehlwurm, europäische Wanderheuschrecke, Hausgrille und Getreideschimmelkäfer. Sie sind eine gute Protein- und Vitamin-B-Quelle. Ihr essbarer Anteil ist mit 80 Prozent deutlich höher als z. B. bei Rindern. Jedoch: Es gibt noch keine Hygiene- oder Haltungs-Vorschriften, der Einsatz von Arzneimitteln, Hormonen und Chemikalien wird noch nicht kontrolliert, übertragbare Zoonosen sind nicht auszuschließen und Allergiker sollten besonders aufpassen.
Was könnte die Zukunft im Bereich Fleisch-Ersatz bringen?
- In-Vitro-Fleisch: Das ist echtes Fleisch, Stammzellen aus tierischen Muskelzellen werden in einer Nährlösung vermehrt.
- Fermentierte Proteineaus pflanzlichen Rohstoffen wie Leguminosen, Ölsaaten oder Getreide werden mithilfe von Mikroorganismen wie Bakterien, Schimmelpilzen und Hefen umgewandelt, z. B. Quorn: Fleisch-Ersatz aus dem fermentierten Myzel eines Schlauchpilzes.
- Viele Start-ups nutzen Mikroben-Proteine oder Algen.
Tipps der Ernährungswissenschaftlerin aus dem Online-Vortrag:
- Kochen Sie wieder frisch aus regionalen Produkten – dann wissen Sie, woran Sie sind und was drin ist. Probieren Sie es doch bspw. mal mit Grünkern-Chili, Linsen-Bolognese, Erbsenburger…
- Industriell hergestellte vegetarische oder vegane Fleisch-Ersatzprodukte sind häufig hochverarbeitet, enthalten viele Zusatzstoffe und viel Salz.
- Laut der DGE kann Fleisch als Teil der vollwertigen Ernährung die Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen erleichtern – die Menge macht’s.
- Lebensmittel-Verschwendung ist ein wahnsinniger Verlust an Ressourcen. Gründe sind häufig fehlendes Wissen zum richtigen Lagern und Zubereiten. U.a. die Landfrauen des BBV fordern ein Schulfach Alltagskompetenzen, um hier entgegenzuwirken.