Typ-2-Diabetes – und jetzt?

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Typ-2-Diabetes – und jetzt?

Brigitte, wann und wie wurdest du als Typ-2-Diabetikerin diagnostiziert?

Das war im Jahr 2008 bei meinem Hausarzt, der aufgrund meiner Schilddrüsenerkrankung regelmäßig mein Blut untersucht und damals festgestellt hat, dass mein HbA1c mit 7,6 Prozent etwas zu hoch war. Ich musste dann damals auf meine Ernährung achten und war anfangs auch ganz brav. Irgendwann schlich sich viel wieder ein, sodass ich 2010 mit einer Metformin-Tablette pro Tag anfangen musste.

Zu Beginn hat dir der Arzt also nur eine Ernährungsumstellung empfohlen. Hast du dafür Hilfestellungen erhalten?

In einer einstündigen Schulung hatte mir eine Ernährungsberaterin Informationen an die Hand gegeben – etwa zur Ernährungspyramide. Aber dadurch, dass ich im Job immer sehr eingespannt war, hat das nicht richtig gegriffen. Beim Verzicht auf „klassischen“ Zucker wie Cola oder Säfte hatte ich keine Probleme. Aber den einen oder anderen Kuchen habe ich doch vernascht. Immer mit schlechtem Gewissen. Wenn ich mal gesund gekocht habe, hat die Familie die Nase gerümpft. Und da diese fiese Zuckererkrankung nicht weh tut, kann man sie ganz hervorragend verdrängen.

Gibt es in deiner Familie eigentlich weitere Diabetes-Fälle?

Nein, mir ist keiner bekannt. Für mich hieß Diabetes damals „Spritzen“ – mehr wusste ich nicht.

Typ-1-Diabetiker wie ich werden nach der Diagnose strukturiert geschult. Ist das bei Typ-2-Diabetikern anders?

Ja, es hieß nur, passen Sie ein bisschen auf, beachten Sie die Ernährungstabelle. Aber ohne Basiswissen, keine Lösungen, wie es weitergehen kann. Erst als ich 2010 Metformin bekommen habe, wurde mein Hausarzt deutlicher: „Du musst aufpassen, sonst musst du irgendwann spritzen.“ Das war ein Schock! Aber auf der anderen Seite wurde verharmlost: „So schlimm ist das jetzt auch noch nicht.“ Bei diesem Gemenge von Bangemachen und „Istgarnichtsoschlimm“ habe ich mich teilweise gar nicht wiedergefunden – und daher habe ich den Diabetes dann oft verdrängt …

… bis die Unzufriedenheit stieg und du zu einem Diabetes-Spezialisten gegangen bist.

Ja, weil du gesagt hast, ich müsse mich mehr darum kümmern (lacht). Ich war bei einer Diabetespraxis, weil ich dachte, es gibt bestimmt noch andere Dinge, die ich nicht in Betracht ziehe oder die ich unwissentlich falsch mache und vielleicht ändern kann. Aber ich war noch nie so enttäuscht von einem Arzttermin – unter anderem, weil mir ständig signalisiert wurde, dass meine Krankenkasse nichts übernehmen würde – weder Blutuntersuchungen noch Blutzuckermessgeräte oder Fußuntersuchungen. Immerhin hat man meine Füße dann doch kontrolliert – alles ist gut. Und: Man hat mir dort das Mischpräparat Janumet verschrieben, das ich gut vertrage und das mein Hausarzt noch gar nicht kannte. Mein HbA1c wurde besser – aktuell liegt es bei 6,5 Prozent – und mein nächster Termin ist im Dezember. Dann aber wieder beim Hausarzt.

© MSD SHARP & DOHME GmbH

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Was würdest du dir für die Behandlung von Typ-2-Diabetikern wünschen – gerade am Anfang nach der Diagnose?

Mehr Aufklärung! Kein Bangemachen! Denn dann ist man ein paar Monate lang völlig verkrampft, kaut auf rohem Brokkoli herum und irgendwann sagt man sich: „Was soll das alles, sterben müssen wir alle irgendwann einmal.“ Ich finde als „normal Disziplinierte“, dass das der falsche Weg ist. Man braucht auch hin und wieder mal eine Auffrischung – nicht nur alle Vierteljahr eine Blutuntersuchung und den erhobenen Zeigefinger des Arztes. Es fehlt einfach an Informationen.

Erst warst du also erschrocken über die Diagnose, dann hast du sie verdrängt. Wie stehst du heute zu deinem Diabetes?

Mein Diabetes und ich haben uns inzwischen arrangiert. Hin und wieder muss er ein Stück Kuchen abkönnen, die nächsten zwei Tage bin ich dafür dann wieder artig. Ich habe einfach einige Gewohnheiten umgestellt wie auf Saft und Cola zu verzichten. Cola ist für mich heute etwas Besonderes wie für andere Champagner. Ich koche heute auch weniger üppig, meine Familie hat sich daran gewöhnt. Beim Backen habe ich mir angewöhnt, nur noch 60 Prozent der angegebenen Zuckermenge zu verwenden oder stattdessen Stevia – das schmeckt genauso gut! Und ich mache seit einem Jahr Sport, der mir großen Spaß macht. Wenn man sich ein wenig nach dem Typ-2-Diabetes richtet, kann man sehr gut damit umgehen.

Was nervt dich am meisten am Diabetes?

Dass man ihn nicht bemerkt. Es gibt keine roten Flecken, er tut nicht weh, ich habe keine akuten Probleme wie Unterzuckerungen. Und das macht es unheimlich schwierig – und gleichzeitig superleicht, es zu vergessen.

Kennst du andere Typ-2er?

Nein.

Würdest du dir das wünschen?

Klar, das fände ich gut. Weil jeder andere Erfahrungen und Informationen hat – gerade beim Thema Ernährung.

Was ist denn dein nächstes Ziel?

Auch wenn man mir in der Diabetespraxis gesagt hat, ich müsse meinen Blutzucker nicht täglich kontrollieren, habe ich darauf bestanden, ein Messgerät zu bekommen. Ich will wissen, wie sich mein Blutzucker im Laufe des Tages verändert. Jetzt habe ich ein Gerät und werde demnächst mal eine Woche lang konsequent messen. Ich bin schon gespannt.

Davon musst du mir dann erzählen. Danke, Brigitte! Und jetzt genießen wir unseren Kuchen!

 


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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

  • gingergirl postete ein Update vor 1 Woche, 6 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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