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Diabetes Typ F: Unterstützung? Firlefanz? Oder eher ein großes Missverständnis?
3 Minuten
Manuela hat es schon 2014 gemacht, Imke folgte ihr 2016, und in diesem Jahr unterzog sich Andy dem ultimativen Typ-F-Experiment. Alle drei haben selbst keinen Diabetes, leben aber trotzdem damit, weil ihr Partner bzw. ihre Partnerin sich mit Diabetes herumschlagen muss. Und um besser zu verstehen, wie es sich anfühlt, täglich Blutzucker zu messen, Kohlenhydrate zu berechnen, viel lästiges Zeugs mit sich herumzuschleppen und Fragen aus dem Umfeld zu Sensoren oder Geräten am Körper zu beantworten, haben sie eine Zeitlang Diabetes simuliert – und darüber gebloggt. Ich fand bislang sämtliche dieser Testläufe spannend, denn sie offenbarten mir noch einmal einen ganz anderen Blick auf den Diabetes. Ganz besonders spannend fand ich es zu sehen, wie der Glukoseverlauf eines Stoffwechselgesunden auf Kohlenhydrat-Orgien reagiert.
Typ F(irlefanz): Diabetes als Partnerprojekt?
Doch es gab in letzter Zeit auch ein paar kritische Stimmen. So schrieb sich Ramona in ihrem Beitrag „Diabetes Typ F(irlefanz)“ ihren Frust über den „Hype“ um das Thema Typ F von der Seele: „Ich erwarte nicht, dass mein Partner oder eine andere Person aus dem Freundes- oder Familienkreis meine Krankheit bis ins allerkleinste Detail versteht. Das funktioniert auch meiner Meinung nach gar nicht – denn sechs Jahre ‚Passivdiabetes’ sind eben etwas anderes, als sich seit fast 20 Jahren tagein, tagaus mit der eigenen Therapie und all ihren Auswirkungen auseinanderzusetzen.“ Eine ähnliche Diskussion fand auch auf Instagram statt. Tenor: Es ist übertrieben, ein Partnerprojekt aus dem Diabetes zu machen, wenn ihn de facto doch nur einer der beiden hat und in erster Linie selbst Verantwortung für seine Erkrankung übernehmen muss.

Unterstützung und Verständnis vs. eigene Verantwortung
Ich kann beiden Positionen durchaus etwas abgewinnen. Es ist natürlich klasse und in vielen Situationen auch praktisch sehr hilfreich, wenn sich mein Mann für meinen Diabetes interessiert und mit den wichtigsten Handgriffen vertraut ist. Ebenso ist es schön, wenn er – zumindest halbwegs – nachempfinden kann, wie sich das Leben mit der Stoffwechselerkrankung und dem ganzen lästigen Drumherum anfühlt. Ob er mich dafür aufmerksam beobachtet und mit mir spricht oder es in einem Selbstexperiment ausprobiert, ist ja eigentlich egal. Doch ebenso bin auch ich der Auffassung, dass mein Diabetes in erster Linie meine Angelegenheit ist. Ich habe den Mist an der Backe, ich bin auch dafür verantwortlich. Ich kann nicht meinen Mann anraunzen, wenn ich es versäumt habe, Reserveinsulin einzupacken oder Traubenzucker einzustecken.
Es geht nicht immer nur um uns!
Und doch kreisen beide Sichtweisen ausschließlich um uns, die Diabetiker. Was brauchen wir? Werden wir verstanden? Bekommen wir Unterstützung? Dabei geht es beim Typ-F-Diabetes nach meinem Empfinden vor allem auch darum, wie es den Angehörigen und Freunden von Menschen mit Diabetes selbst geht. Wie fühlen sie sich, wenn sie in der Nacht von einem CGM-Alarm geweckt werden? Was macht es mit ihnen, wenn es gar kein CGM gibt, das Alarm schlagen könnte, und der Partner bzw. die Partnerin auf einmal krampfend neben ihnen liegt? Fühlen sie sich im Alltag eingeschränkt und unter Druck gesetzt, sich wegen eines erforderlichen Spritz-Ess-Abstands ebenfalls ein bisschen später an den Tisch zu setzen? Trauen sie sich aus Solidarität nicht mehr, eine Pizza zu bestellen, weil die bei ihrem Typ-Einser immer für Wertechaos sorgt? Haben sie sofort Angst, wenn ihr Typ-Einser mal nicht ans Telefon geht? Trauen sie ihm zu, den Diabetes ordentlich zu managen (und wenn nicht, wie leben sie mit diesem Misstrauen)? Juckt es sie in den Fingern, sich stärker einzumischen und reinzureden? Sind sie gekränkt, wenn gute Absichten ihrem Typ-Einser lästig sind? Gelingt es ihnen, Beleidigungen oder gemeine Attacken bei einer Hypoglykämie wirklich als „nicht gesagt“ einzusortieren? Sind sie enttäuscht, wenn ihr Typ-Einser ihre Sorgen nicht versteht?
Typ F: Diabetes-Stress, Depressionen und Ängste
Seit der DAWN2-Studie wissen wir, dass die Angehörigen von Menschen mit Diabetes nahezu ebenso stark unter Diabetes-Stress leiden wie Diabetiker selbst, auch das Risiko für Depressionen ist ähnlich hoch. Wenn es um Hypoglykämien geht, haben Angehörige sogar noch größere Angst vor Hypoglykämien, vor allem wenn sie in der Nacht auftreten. Die Erklärung für diesen Unterschied liegt auf der Hand: Eine schwere Hypoglykämie, bei der Fremdhilfe erforderlich ist oder möglicherweise sogar der Notarzt verständigt werden muss, ist besonders für Angehörige ein traumatisches Ereignis. Denn sie erleben den Notfall und ihre eigene Hilflosigkeit bei vollem Bewusstsein, während sich der Diabetiker möglicherweise hinterher gar nicht mehr an Einzelheiten erinnern kann.
Es geht also nicht nur um uns und unsere Bedürfnisse. Auch Typ-F-Diabetes zu haben, kann eine ziemlich ätzende Sache sein und ernstlich krank machen. Vielleicht sollten wir Typ-Einser auch einmal über einen umgekehrten Rollentausch nachdenken, damit wir die Perspektive unserer Liebsten besser verstehen?
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carogo postete ein Update vor 1 Tag, 11 Stunden
Hallo zusammen! Ich habe mich mit einer Freundin über die Rezepte in der Zeitschrift unterhalten und wir haben uns gefragt, was es eigentlich konkret mit den Nähwertangaben und der Unterscheidung zwischen Kohlenhydraten und anrechnungspflichtign KH auf sich hat?
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cesta postete ein Update vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa
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kw antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c
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moira antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)
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cesta antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
@kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!
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cesta antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
@moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!
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sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 3 Wochen
hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid
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mayhe antwortete vor 3 Wochen
Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 3 Wochen
@mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 2 Wochen, 6 Tagen
Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike
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sveastine antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike -
sveastine antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻♀️
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike
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mayhe antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
@mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.
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Das wüsste ich auch gerne.
Liebe Carogo,
anrechnungspflichtige KH sind Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel erhöhen. Es gibt auch KH, die nicht direkt blutzuckersteigernd wirken und damit für die Insulintherapie nicht oder nicht voll angerechnet werden müssen, wie bspw. Ballaststoffe oder KH, die nur sehr langsam den Blutzucker beeinflussen.
VLG
Gregor aus der Diabetes-Anker Redaktion
@gregor-hess: danke für die Antwort! Könntest du hierfür mal Beispiele nennen?