- Aus der Community
Schenkt anderen doch bitte etwas Empathie
3 Minuten
Ich habe eine Essstörung. Ich habe therapeutische Hilfe in Anspruch genommen, nicht nur über ein paar Wochen. Sondern über Jahre. Ich gehe damit offen um, zunächst, um Prävention zu betreiben, aber auch, weil es mir geholfen hat, offen damit umzugehen. Weil es auch mir leichter fällt, das alles zu akzeptieren.
Eine Essstörung verläuft in den seltensten Fällen linear, es äußert sich nicht dadurch, dass man irgendeine Art von Gemüse nicht mag oder sich vor Fleisch ekelt, es handelt sich hierbei um eine psychische Krankheit, die man im Sucht-Segment ansiedelt. Ähnlich wie ein Alkoholiker – dieser lässt, um trocken zu sein, den Alkohol weg. Aber wie funktioniert dies bei essgestörten Menschen? Wir können ja nicht das Essen bleiben lassen. Bei den Menschen mit einer klassischen Essstörung wie beispielsweise Anorexie oder Bulimie wird in der Therapie vor allem daran gearbeitet, sich nicht mehr zu intensiv mit Nahrung und Ernährung zu beschäftigen. Doch hier liegt die Krux, wenn es um Menschen wie mich geht. Menschen mit Diabetes und einer Essstörung.
Sich mit Diabetes keine Gedanken ums Essen machen? Geht nicht!
Wir werden uns immer intensiv mit unserer Nahrung und Ernährung beschäftigen müssen. Meine „Laufbahn“ begann mit „Binge-Eating“ in der Kindheit: Wenn ich mich emotional im Ungleichgewicht befand, stopfte ich alles willkürlich in mich hinein. Durch meine Diabetes-Diagnose wurde die Affinität zum Essen verstärkt. Die ganzen verbotenen Nahrungsmittel, die Einschränkungen sorgten dafür, dass ich noch mehr Druck verspürte und immer mehr in mich hineinstopfte. Dies wirkte sich natürlich auch auf mein Gewicht aus, ich war schon immer übergewichtig, doch nun schienen Gewichtszunahmen unausweichlich. Rund drei Jahre nach meiner Diagnose schlitterte ich in die nächste Essstörung, die Diabulimie.
Diese fand ihr Ende auf der Intensivstation mit zwei Wiederbelebungsversuchen und noch 42 kg Körpergewicht. Was darauf folgte, waren vier Monate auf der Intensivstation. Seitdem sind rund 18 Jahre vergangen. Diese Jahre waren geprägt von verschiedenen Therapien und Therapeuten, aber vor allem von ständigen Höhen und Tiefen meiner Essstörung. Ich habe immer wieder mit meinem Körper gekämpft, immer abhängig von meiner emotionalen Verfassung und meinem Stresspegel.
Die Essstörung bleibt
Heute weiß ich: Die Essstörung wird mich nie ganz verlassen, sie wird immer ein Teil von mir sein. An manchen Tagen ganz ruhig und dann an manchen Tagen ganz laut. Aber seit rund einem Jahr ist sie zum Glück nur noch in meinen Gedanken und danach handle ich nicht mehr.

Mein größtes Problem, mit dem ich mich konfrontiert sehe, ist aber das Außen. Die Gesellschaft. Die Menschen, mit denen ich in Kontakt stehe, etwas Neues, Bewerbungsgespräche, fremde Leute. Ich muss zugeben, dass vieles davon nur in meiner Fantasie stattfindet, aber dann gibt es auch Dinge, die einen komplett aus der Bahn werfen, die real sind.
Wenn ich beispielsweise meine Geschichte erzähle und als Antwort zu hören bekomme, ich sehe aber gar nicht so aus – für mich ein Schlag in die Magengrube. Mein erster Gedanke war: Ich bin zu fett, niemand glaubt mir meine Erlebnisse, weil ich viel zu dick bin. Was hier in wenigen Sekunden in meinem Kopf, meinem Herzen und meiner Seele passiert, ist zunächst unaufhaltsam, aber ich habe gelernt, es für mich in Einklang zu bringen. Es kostet mich jedoch viel Energie und Zeit.
Das Gegenteil von gut…
Nun stelle ich mir vor, dass so etwas nicht nur mir täglich passiert, sondern auch anderen Erkrankten. Sei es mit dem Diabetes: „Siehst gar nicht so aus! Du bist doch noch so jung…“, oder bei Depressionen: „Du bist doch ein junges, hübsches Mädchen, geh doch mal in die Sonne, geh doch tanzen, hab doch Spaß!“
Da stelle ich mir dann doch manchmal die Frage, ob diese Leute auch zu jemandem mit einem beispielsweise Blinddarmdurchbruch sagen würden: „Ach komm, ich mache ein Pflaster drauf, das wird schon wieder.“ Würden sie jemandem von einer OP eines komplizierten Bruchs abraten, weil das schon irgendwie wieder zusammenwächst?!
Ich habe das Gefühl, dass in Deutschland das Verständnis und vor allem die Empathie für psychische Krankheiten fehlen und als nicht wichtig angesehen werden.
Ich wünsche mir, dass daran gearbeitet wird. Ich wünsche mir, dass jeder, der diesen Text liest und, egal, ob er betroffen oder auch nicht direkt betroffen ist, darüber nachdenkt, ob mehr Empathie uns allen nicht guttun würde.
Über ihre Diabulimie schreibt Jasmin auch in dem Beitrag Der Riss in meiner Seele und das Gefühl, das immer bleibt
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bloodychaos postete ein Update vor 2 Tagen, 4 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
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loredana postete ein Update vor 4 Tagen, 1 Stunde
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
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Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.
Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.
Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️
Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).