Ist eine Stoffwechsel-Normalisierung bei Typ-2-Diabetes dauerhaft möglich?

Ist eine Stoffwechsel-Normalisierung bei Typ-2-Diabetes dauerhaft möglich?
Ist eine Stoffwechsel-Normalisierung bei Typ-2-Diabetes dauerhaft möglich?
ink drop – stock.adobe.com

Ein Typ-2-Diabetes lässt sich zwar nicht heilen, unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich aber bei vielen Menschen die Diagnose zumindest wieder umkehren – man spricht dabei von einer Remission. Ob diese Stoffwechsel-Normalisierung von Dauer ist, hängt vom Zeitpunkt des Behandlungsbeginns, von einer nachhaltigen Lebensstiländerung und einer geeigneten Behandlung mit Medikamenten ab.

Um das Ende einer Remission des Typ-2-Diabetes – also ein Drosseln der Diabetes-Symptome hin zu einer Stoffwechsel-Normalisierung – festzustellen, gelten dieselben Kriterien wie bei der erstmaligen Diagnose der Stoffwechselerkrankung. Darauf hat Professor Dr. Blandine Laferre vom Irving Medical Center an der Columbia University in New York bei einem internationalen Diabetes-Kongress hingewiesen. Sprich: Wenn der HbA1c-Wert wieder auf über 6,5 % steigt, erneut Diabetesmedikamente nötig sind, jegliche Blutzuckerwerte oberhalb von 200 mg/dl, Nüchtern-Blutzuckerwerte höher als 126 mg/dl oder beim oralen Glukosetoleranztest nach zwei Stunden Werte von über 200 mg/dl gemessen werden, dann ist der Typ-2-Diabetes zurück. „Ein einziger dieser Marker reicht aus“, betonte die Diabetologin.

Dauer der Stoffwechsel-Normalisierung bei Typ-2-Diabetes variiert – und es gibt keine Garantie

Ob und wie lange die Stoffwechsel-Normalisierung Bestand hat, variiert je nach Ausgangslage und der anfänglichen Therapie des Typ-2-Diabetes. Selbst eine kurzfristige intensive Insulintherapie, die Gabe anderer Diabetes-Medikamente, ein bariatrischer Eingriff oder Änderungen der Lebensgewohnheiten sind kein Garant dafür, dass sich der Diabetes nicht erneut manifestiert. So zitierte Prof. Laferre eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2013, wonach 30 Prozent der Patientinnen und Patienten mit neu aufgetretenem Typ-2-Diabetes und HbA1c-Werten zwischen 9,7 und 11,9 Prozent, die über zwei bis drei Wochen nach der Diagnose eine intensive Insulintherapie erhalten hatten, ein Jahr später wieder Diabetes-Symptome aufwiesen.

Auch ein Therapie-Start mit GLP1-Rezeptoragonisten (GLP1-RA) scheint die Stoffwechsel-Normalisierung trotz eines positiven Effekts auf die Funktion der insulinproduzierenden Betazellen nur bedingt zu erhalten, da die Glukosewerte nach Ende der Therapie wieder ansteigen. Bei bariatrischen Eingriffen scheint eine nachhaltige Remission vor allem von der Behandlung vor der Operation abzuhängen. So kam es in einer Studie aus dem Jahr 2010 im Verlauf von fünf Jahren bei Patientinnen und Patienten mit einem Roux-en-Y-Magenbypass (Behandlung zuvor ausschließlich mit einer Ernährungsumstellung), nur in 24 Prozent der Fälle zu einem Wiederauftreten der Symptome. An zweiter Stelle folgen diejenigen, die vor der OP eine Behandlung mit oralen Antidiabetika durchgeführt haben. 72 Prozent Rückfallquote waren es bei einer vor der Operation durchgeführten Insulintherapie.

Erfolgsfaktor für eine Remission: Therapie des Typ-2-Diabetes auf den Erhalt der Betazell-Funktion ausrichten

Daten zur Rückfallquote liefert auch die LookAHEAD-Studie. Vorhersagevariablen für die Stoffwechsel-Normalisierung sind demnach die Dauer des Typ-2-Diabetes, der HbA1c-Wert, eine Insulintherapie, ein Gewichtsverlust nach einem Jahr und eine verbesserte körperliche Fitness. „Leider wurde in der LookAHEAD-Studie die Betazell-Funktion nicht untersucht“, gab Prof. Laferrere zu bedenken. Dabei ist der fortschreitende Verlust der Betazell-Funktion vermutlich ein zentraler Faktor für eine Vorhersage.

„Zu einem Rückfall kommt es, wenn die Betazellfunktion schon vor der Intervention nicht mehr gut war, wenn die Betazellfunktion mit der Zeit nachlässt oder wenn es zur Dedifferenzierung [Zellen verlieren ihre zelltypspezifischen Eigenschaften; Anm. d. Red.] von Betazellen kommt“, erklärte die Expertin. Eine Rückkehr des Typ-2-Diabetes kann man am ehesten verhindern, wenn die Menschen frühzeitig eine Behnadlung erhalten, ihren Lebensstil nachhaltig verändern und sich der Verlust der Betazell-Funktion verhindert lässt. Deshalb plädierte Prof. Laferre dafür, die medikamentöse Behandlung unmittelbar nach der Diagnose danach auszurichten, die Betazell-Funktion möglichst lange zu erhalten. Dafür müsse man die Patientinnen und Patienten aber auch besser nach ihrem spezifischen Diabetes-Typ einteilen können.



von Antje Thiel

Beitrag teilen

Eine Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

20 − = 15

Aktuelle Beiträge aus den Rubriken

„Das hab ich total gefühlt!“ Conny berichtet im Podcast über das Diabetes-Barcamp „Loop your life“

„Das hab ich total gefühlt!“ Conny berichtet im Podcast über das Diabetes-Barcamp „Loop your life“

In der neuesten Folge unseres Podcast-Formats Diabetes-Audio-Anker teilt Conny ihre Erfahrungen und Erkenntnisse vom Diabetes-Barcamp zum Thema „Loop Your Life” in Frankfurt. Am 2. März 2024 war es so weit: Das Barcamp der Diabetes-Community Blood Sugar Lounge lockte rund 100 Menschen mit Diabetes in die Memox Taunusanlage in Frankfurt am Main. Im Mittelpunkt standen Closed-Loop-Systeme (siehe Kasten

Weiterlesen »
Vorsorgeuntersuchung (6) - die Bauchspeicheldrüse – Hin und zurück – bis ans Ende der Dia-Welt_AdobeStock_Iconic Prototype

#46: Vorsorgeuntersuchung (6) – die Bauchspeicheldrüse

Diabetes ist ein sehr komplexes Krankheitsbild, was sich langfristig auf die gesamte Funktionalität des Körpers auswirkt. Daher ist es umso wichtiger, neben einem guten Diabetes Management, auch regelmäßige Vorsorgetermine wahrzunehmen, um eventuelle Folgeerkrankungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend entgegenwirken zu können. In meiner kommenden Beitragsreihe möchte

Weiterlesen »
Die richtige Ernährung für gesunde Gelenke

Die richtige Ernährung für gesunde Gelenke

Früher oder später machen viele Menschen die Erfahrung von schmerzenden Gelenken und werden weniger beweglich. Neben dem fortschreitenden Alter und zu wenig Bewegung kann auch Arthrose diesen Prozess forcieren. Doch es lässt sich einiges tun, um sich auch dann noch gut zu fühlen. Dabei spielt eine

Weiterlesen »
Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen
Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

⚓️ Jetzt AnkerLetter abonnieren 💌

Mit dem regelmäßigen gratis Newsletter gelangen die wichtigsten aktuellen Informationen für Menschen mit Typ-2-Diabetes automatisch in deinen Posteingang. Trage jetzt deine E-Mail-Adresse ein und verpasse keine wichtigen Nachrichten mehr. (Die Abmeldung ist jederzeit möglich über einen Link im Newsletter.)