Aufmerksam bleiben: Wenn die Technik bei der AID-Therapie ausfällt

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Aufmerksam bleiben: Wenn die Technik bei der AID-Therapie ausfällt | Foto: Andrii Iemelianenko – stock.adobe.com
Foto: Andrii Iemelianenko – stock.adobe.com
Aufmerksam bleiben: Wenn die Technik bei der AID-Therapie ausfällt

Die Therapie mit einem AID-System ist für viele Menschen mit Typ-1-Diabetes eine Erleichterung und in gewissem Sinne ein Neuanfang. Ziel ist, die Werte möglichst stabil im Zielbereich zu halten und gleichzeitig die Belastung im Alltag zu senken. Doch was tun, wenn die Technik einmal ausfällt? Darauf gibt Diabetes-Beraterin Juliane Ehrmann Antworten.

Systeme zur automatisierten Insulin-Dosierung (AID) kombinieren eine Insulinpumpe, ein System zum kontinuierlichen Glukose-Messen (CGM) und einen Algorithmus, der die Insulingabe steuert – abhängig vom aktuellen Glukosewert. Hier ist die Theorie das eine, die Praxis das andere – denn trotz aller Technik und Automatisierung: Kein System ist perfekt.

Es gibt sowohl ohne als auch gerade durch die Technik eine Vielzahl an Einflussfaktoren, die Glukose-Schwankungen oder auch -Entgleisungen verursachen können. Es ist wichtig, diese zu kennen, um im Fall der Fälle entsprechend reagieren zu können. Trotz aller Technik und Automatisierung ist es wichtig, die Technik und die Glukosewerte ab und an zu hinterfragen.

Wenn der Sensor nicht richtig misst

Der Glukosesensor bildet die Basis der AID-Therapie. Ohne ihn funktioniert kein AID-System. Misst der Sensor nicht, können die meisten AID-Systeme für eine bestimmte Zeit im automatisierten Modus weiterlaufen. Längerfristig wird die Pumpe ohne Sensordaten in den manuellen Modus übergehen und die in der Insulinpumpe hinterlegte Basalrate ohne Berücksichtigung von Glukosewerten abgeben. So ist eine Grundversorgung gewährleistet.

Misst der Sensor „Mist“, kann das ganze System aus dem Takt geraten. Ursachen können z. B. Fehler beim Kalibrieren sein oder es sind die ersten Stunden nach dem Setzen. Vielleicht sitzt der Sensor an einer ungünstigen Stelle, z. B. in veränderter Haut oder direkt neben der Kanüle.

Oder es ist ein „Montags-Sensor“: Im Sensor selbst gibt es technische Probleme. Dann wird auf Grundlage eines ungenau messenden Sensors die Insulinmenge bestimmt, was bei großen Abweichungen zu unpassenden Insulindosen führen kann. Ggf. kann sich durch eine Kalibration der Sensor wieder den realen Werten angleichen.

Bei extrem hohen oder niedrigen Werten lohnt es sich, mit einem Blutzucker-Messgerät nachzumessen und bei großen Abweichungen ggf. den Sensor zu wechseln. Bei der Tragestelle sollte darauf geachtet werden, dass diese nicht direkt neben der Insulinpumpenkanüle liegt, nicht in Verhärtungen oder an Stellen mit wenig Unterhautfettgewebe.

Sensor-Gründe für fehlende Kommunikation

  • der Sensor sitzt nicht richtig
  • der Sensor hat sich gelöst
  • die Laufzeit des Sensors ist zu Ende
  • der Transmitter ist abgelaufen
  • die Verbindung zwischen Sensor und Insulinpumpe ist gestört

Wenn kein Insulin durch den Katheter kommt

Das schwächste Glied der Therapie mit Insulinpumpe ist der Katheter. Was nützt die „beste Pumpe der Welt“ oder der „beste“ Algorithmus, wenn durch den Katheter kein Insulin mehr fließt? Hier kommt jeder Algorithmus an seine Grenzen.

An einen Katheter-Wechsel sollte gedacht werden, wenn

  • die Glukosewerte ungewöhnlich lange hoch bleiben und
  • die Insulinpumpe über mehrere Stunden die maximale Basalrate abgibt und
  • automatische Korrekturen erfolgen und
  • trotz des ganzen abgegebenen Insulins die Glukosewerte nicht fallen.

Da hier die Gefahr einer Ketoazidose besteht, also einer Übersäuerung des Körpers aufgrund des Insulinmangels, ist die einzige Lösung, eine neue Kanüle zu setzen und einen neuen Katheter zu verwenden.

Gründe für verschlossene Katheter bzw. Kanülen

  • abgeknickte Teflonkanüle
  • zu lange Tragedauer
  • ungeeignete Tragestelle

Wenn Akku oder Batterie versagen

Da ein AID-System aus mehreren Komponenten besteht, ist in diesem Fall die Frage: Welche Batterie oder welcher Akku ist leer? Wird das AID-System mit einer App auf dem Smartphone oder mit einem Steuergerät bedient, verfügt die Insulinpumpe selbst über eine Energiequelle. Ist diese leer, wird kein Insulin mehr abgegeben. Hier sollte sofort reagiert werden, um die Insulinzufuhr aufrechtzuerhalten.

Hat der Transmitter des Glukosesensors (integriert oder angekoppelt) keine Energie mehr, können keine Werte mehr an den Algorithmus übermittelt werden, sodass die Insulinpumpe im „schlimmsten Fall“ im manuellen Modus weiterläuft. Dasselbe gilt für einen leeren Akku des Smartphones oder Steuergeräts.

Wenn die Technik nicht miteinander spricht

Damit AID-Systeme funktionieren, müssen Sensor, Algorithmus und Pumpe ständig miteinander kommunizieren. Daher: ohne Kommunikation der Komponenten kein AID. Mögliche Gründe sind Verbindungs-Abbrüche durch zu große Entfernung, Störungen z. B. durch andere Geräte oder Apps, fehlerhafte Software-Updates sowie Probleme bei der Kopplung der Geräte.

Tipp: In den Handbüchern der AID-Systeme ist die Reichweite definiert. Software-Updates sollten nur installiert werden, wenn diese vom Gerätehersteller freigegeben wurden. Bezüglich möglicher Störungen durch weitere Geräte gibt es Empfehlungen von den Herstellern.

Wenn es zu Bedienfehlern kommt

Der Mensch ist und bleibt Teil eines AID-Systems. Daher kann der „Faktor Mensch“ zu Turbulenzen beitragen. Mit der AID-Therapie müssen bestimmte Gewohnheiten teils neu gedacht werden. Das betrifft z. B. die Art und Menge der Kohlenhydrate bei Unterzuckerungen, den Zeitpunkt der Mahlzeiten-Eingabe, den Umgang mit fett- und ballaststoffreichen Mahlzeiten, die selbstständige Korrektur erhöhter Glukosewerte und den Umgang mit körperlicher Aktivität.

Das System muss auch weiterhin mit Informationen zu Mahlzeiten und körperlicher Aktivität „gefüttert“ werden. Nicht korrekte oder ausbleibende Eingaben können die automatisierte Steuerung durcheinanderbringen und zu suboptimalen Glukoseverläufen führen.

Jedes System ist auf seine Weise anders und gut: Daher sollte man sich Zeit nehmen, das System gut kennenzulernen. Schulungen und der Austausch mit anderen sind dabei hilfreich.

Fazit: Mitdenken bei AID-Systemen

  1. AID-Systeme bieten große Vorteile und können die Lebensqualität spürbar verbessern.
  2. Es ist wichtig, Technik-Fehler früh zu erkennen – und sich nicht uneingeschränkt auf das System zu verlassen.
  3. Ein gutes Verständnis, regelmäßige Kontrolle und eine Portion gesunder Menschenverstand bleiben wichtige Begleiter in der modernen Diabetes-Therapie.

von Juliane Ehrmann

Erschienen in: Diabetes-Anker, 2025; 73 (7) Seite 18-19

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