„Dianiño war mein Herzblut“ – Gründerin Ingrid Binder mit Preis ausgezeichnet

„Dianiño war mein Herzblut“ – Gründerin Ingrid Binder mit Preis ausgezeichnet
„Dianiño war mein Herzblut“ – Gründerin Ingrid Binder mit Preis ausgezeichnet
Foto: privat

Mehr als 30 Jahre lang hat sich Ingrid Binder für an Diabetes erkrankte Kinder eingesetzt, zunächst bei der Stiftung „Das zuckerkranke Kind“, später als Gründerin und Vorsitzende der „Stiftung Dianiño“, einem deutschlandweiten Hilfsangebot für Kinder und Jugendliche mit Typ-1-Diabetes und ihre Familien. Von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) erhielt Binder für ihr Engagement die Gerhardt-Katsch-Medaille.

Lange Jahre spielte für Ingrid Binder die Erkrankung Dia­betes mellitus keine Rolle in ihrem Leben. Bis bei einem Mitglied ihrer Familie die Diagnose Typ-1-Diabetes gestellt wurde. Fortan musste sich Binder zwangsläufig mit der Erkrankung und ihren Folgen aus­einandersetzen. Sie nahm die Herausforderung an und brachte sich nicht nur in ihrer Familie, sondern auch in der Stiftung „Das zuckerkranke Kind“ zur Erforschung des Diabetes bei Kindern aktiv ein.

Dianiño-Gründerin Binder: Zur Startfinanzierung der Stiftung galt es, Klinken zu putzen

„Während der Zeit, in der ich als eine Art Frontfrau für die Stiftung gearbeitet habe, kam ich mit vielen Eltern in Kontakt, die Schwierigkeiten hatten, mit der neuen Situation umzugehen“, berichtet Binder. Gerade die erste Zeit nach der einschneidenden Diagnose sei in der Regel sehr schwer, da nicht nur die Seele des Kindes leide, sondern oftmals auch die Familie unter der Umstellung der Lebensplanung und -umstände. „Wenn dann zur Erkrankung weitere Sorgen und familiäre oder finanzielle Probleme hinzukommen, ist die Grenze des Erträglichen schnell erreicht“, sagt die 61-Jährige.

Binder entwickelte daraufhin die Idee, eine Stiftung zu gründen, mit dem Ziel, betroffenen Familien eine schnelle, unbürokratische und unabhängige Hilfe bei der Bewältigung ihres Lebens anbieten zu können. „Ich hatte das große Glück, dass ich Menschen in meinem Umfeld hatte, die mich in der Gründungsphase tatkräftig unterstützt haben“, berichtet Binder. So konnte sie sich fachlichen Rat sowohl bei niedergelassenen Kinderärztinnen als auch bei einem Klinikdiabetologen und mehreren psychologisch geschulten Kräften einholen. „Die notwendigen finanziellen Mittel für die Gründung habe ich eingetrieben, indem ich bei Pharmafirmen und Privatleuten im wahrsten Sinne des Wortes Klinken geputzt habe“, führt Binder aus.

Aktuell 240 ehrenamtliche Nannys der Stiftung Dianiño besuchen betroffene Familien

Und so wurde am 29. November 2004 die Stiftung Dianiño aus der Taufe gehoben. Sie setzt Dianiño-Nannys ein, die auf Anfrage Familien aufsuchen, wenn dort wegen Pro­blemen, Krisen oder Notfällen, z.B. nach dem Verlust eines Lebenspartners, die Betreuung des erkrankten Kindes nicht mehr ausreichend gewährleistet ist. Aktuell sind knapp 240 Nannys bundesweit im Einsatz. Zwischen ein bis maximal sechs Mal sucht eine Nanny eine Familie auf. Weder den Betroffenen noch dem Diabetesteams oder den Pflegeeinrichtungen entstehen Kosten.

Ein Großteil der Dianiño-Nannys sind Kinderkrankenschwestern und Diabetesberaterinnen oder -assistentinnen, die in ihrer Freizeit ehrenamtlich mitarbeiten. Aber auch diabeteserfahrene Eltern, Sozialpädagoginnen und -pädagogen sowie Erzieherinnen und Erzieher können sich in der Stiftungsakademie online fortbilden und auf die Aufgaben als Nanny vorbereiten lassen. Die Stiftung stellt den Nannys über ein digitales Portal Unterlagen und Handbücher für ihre Tätigkeit zur Verfügung.

Stiftung Dianiño – Ziele und Aufgaben der

  • Hilfe im häuslichen Umfeld durch deutschlandweites Dianiño-Nanny-Netzwerk
  • Begleitung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus Typ 1 in Heimen und Wohngruppen
  • Unterstützung bei Diabetes-Schulungen für Kinder, Jugendliche und Eltern
  • Förderung der Akzeptanz des Diabetes in Kindergärten, Schulen, Ausbildungsstätten
  • Schulung von Betreuungspersonen, Mitarbeiter*innen von Heimen und Wohngruppen
  • Konkrete Hilfe für erkrankte Flüchtlingskinder
  • Aktive Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Diabetes beim Kind

Eine weitere Möglichkeit zur Fortbildung besteht während des ­„Hecker Symposiums“, das die Stiftung jährlich gemeinsam mit der Uniklinik Ulm unter der Leitung von Professor Dr. Reinhard Holl ausrichtet. Darüber hinaus arbeitet Dianiño bundesweit mit rund 160 auf Kinderdiabetologie spezialisierten Kliniken und Praxen zusammen. Binder selbst war nie als Nanny tätig. Dennoch hatte sie regelmäßig Kontakt mit vielen Familien, sei es bei Veranstaltungen wie dem „Dianiño Erlebnis Zirkus Tag“ oder über die Hotline, die sie jahrelang betreut hat. Für sie war es selbstverständlich, rund um die Uhr erreichbar zu sein.

Dianiño-Gründerin Binder: Stolz auf die Verleihung der Gerhardt-Katsch-Medaille

Die Hilfsanfragen an Dianiño steigen von Jahr zu Jahr. Dementsprechend bleibt der Bedarf an Spenden und Fördergeldern hoch. Die Verleihung der Gerhardt-Katsch-Medaille der DDG für ihre Verdienste um die Stiftung auf dem Diabetes Kongress 2023 erfüllt Binder mit Stolz. „Die Medaille ist für mich ein Zeichen dafür, dass die Stiftung Dianiño und deren notwendige Aufgaben ein anerkannter und beachteter Teil der Diabetes-Gesellschaft geworden sind.“

Ende 2022 hat Binder sich freiwillig von der Stiftungsarbeit zurückgezogen und den Vorsitz Anfang 2023 an Kathy Dalinger übergeben. „Sie wird in einigem einen neuen Weg einschlagen – und das ist gut so!“ Auf ihre Zeit als Vorsitzende blickt sie dennoch sehr gerne zurück. „Dia­niño war mein Herzblut. Das Ehrenamt war für mich so etwas wie eine Berufung.“



von Petra Spielberg

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