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„[…] Denn dass wir mittels Sprache unsere Welt gestalten, dass sich vor allem in unseren Wortschätzen, in der Art und Weise unseres mündlichen Ausdrucks und in der unserer schriftlichen Textgestaltung unser Wissen, unsere Überzeugungen und unsere Werte spiegeln, ist selbstverständlicher Teil der Lebenserfahrung. […] Ebenso selbstverständlich ist, dass das Gesprochene und Geschriebene wieder zum Motor für unser Handeln werden kann.“ – Ekkehard Felder/Andreas Gardt: 1. Sprache – Erkenntnis – Handeln. Handbuch Sprache und Wissen. 2014
Ich habe nie bereut, mich für ein Studium der Sprachwissenschaft in der Germanistik entschieden zu haben. In der heutigen Zeit von Trump, AFD und der Tatsache, dass sich jeder relativ ungefiltert in den sozialen Medien äußern kann, ist es auch auf sprachlicher Ebene sehr spannend. Auf der anderen Seite lehrt mich mein Studium ein anderes Gefühl für Sprache.
Ganz einfach: um zu kommunizieren – Kommunikation ist ein menschliches Grundbedürfnis. Relativ schnell wurde dem Menschen vor tausenden von Jahren bewusst, dass er kommunizieren muss, um zu überleben. Daraus entwickelte sich in einem langen, langen Prozess unsere heutige Sprache. Heute ist unsere Sprache nicht unbedingt überlebensnotwendig in dem Sinne, doch brauchen wir sie für unser soziales Leben und unsere psychische Gesundheit! Sprachliche Äußerungen passieren niemals ohne eine Intention. Sprecher vollziehen sprachliche Handlungen, indem sie bestimmte sprachliche Formen in der Annahme auswählen, dass sie damit eine spezifische Wirkung erzielen. Wie bei Handlungen können diese positiv oder negativ sein.
Wenn wir mit unserem Gegenüber kommunizieren, kommt es nicht nur darauf an, was wir sagen, sondern auch, wie wir es sagen. Schon von Anfang an werden wir darauf gepolt, auf den Tonfall zu achten. Aber auch Gestik und Mimik spielen bei der Kommunikation eine große Rolle. Wenn wir mit anderen sprechen, sprechen wir nicht nur mit Worten, sondern mit unserem ganzen Körper. Wir senden viele Signale an den Empfänger, damit er unsere Informationen bestmöglich und richtig verarbeiten kann.
Im Internet ist außer unseren Worten nichts von der restlichen Kommunikation übriggeblieben. Und das gibt den Worten viel mehr Gewicht. Hier und da nutzen wir Smileys, um unsere Intention zu untermauern, aber wenn Gestik, Mimik und Tonfall fehlen, kann es schneller zu Missverständnissen kommen.
Für viele ist Sprache einfach nur Sprache und nicht gleichzusetzen mit Handlungen. Solange nur über etwas gesprochen wird, ist es keine Realität. Es wird erst zu dieser, wenn man seinen Worten Taten folgen lässt. Falsch! Eine Beleidigung tut nicht so sehr weh wie eine reale Ohrfeige? Auch falsch! Wörter haben eine enorme Macht und können sogar noch tiefer verletzen als manch körperliche Gewalt. Eine kleine Aufmerksamkeit ist nett und jeder freut sich, aber auch das ist nicht zu vergleichen, als wenn jemand aufrichtig sagt, warum und wie sehr er dich in seinem Leben schätzt.
Es geht nicht darum, die Sprache so zu verharmlosen, dass sich bloß niemand auf den Schlips getreten fühlt. Nein, wir sind alle im Internet unterwegs, um uns zu informieren, um selbst zu kommunizieren und unsere Gedanken einzubringen.
Ein falsches Wort bei einer Kritik kann schnell Gefühle verletzen und ein Streit ist fast vorprogrammiert. Deswegen ist es wichtig, dass der Sender darauf achtet, seine Kritik konstruktiv zu verfassen. Außerdem geht er somit sicher, dass seine Botschaft auch wirklich ankommt. Es zeigt, dass der Sender wirklich etwas zu sagen hat und sich mindestens ein bisschen mit dem Thema beschäftigt hat. Es zeigt, dass er an einer Lösung des Problems interessiert ist und nicht nur Schuldzuweisungen aussprechen will. Anschließend könnte eine angeregte Diskussion folgen. Wir Menschen haben nun mal unterschiedliche Meinungen. Auch Diskussionen braucht der Mensch, sie stimulieren sein Sozialbedürfnis. Leider lässt sich in den letzten Jahren besonders in den Sozialen Medien beobachten, dass unsere Diskussionskultur langsam verloren geht, und ein Teil ist die fehlende konstruktive Kritik.
Da es in unserer Sparte überwiegend um Diabetes-Blogs geht, haben die meisten von uns einen Beruf, ein Leben neben dem Blog. Sie nutzen ihren Blog, um bestimmte Themen für sich und andere aufzuarbeiten. Sie behandeln meistens Themen, mit denen sie sich selbst identifizieren und zu denen sie eine starke persönliche Bindung haben. Gerade bei solchen Blogs sind viele Artikel subjektiv, auch wenn viele Autor*innen immer wieder informative Artikel verfassen, um über bestimmte Sachverhalte aufzuklären. So kann ein Blog sowohl informativ als auch sehr persönlich sein. Sprache (geschrieben oder gesprochen) hat aber nicht immer die Funktion des reinen Ausdrucks. Sprache (geschrieben oder gesprochen) kann ebenso zur reinen „Informationsspeicherung, zur psychischen Entlastung, Regenerierung des Sprechers und zur Strukturierung des eigenen Denkens“ dienen. Ob das nun öffentlich auf einem Blog oder im Tagebuch auf dem Nachttisch passiert, ist jedem selbst überlassen. Bei persönlichen oder subjektiven Themen ist ein bisschen Feingefühl oder Empathie gefragt. Das wäre in einem direkten Gespräch nicht anders.
Nur weil man im Internet nicht mit der direkten Reaktion seines Gegenübers konfrontiert wird und man weitestgehend anonym bleiben kann („Das im Internet hat ja nichts mit meinem realen Leben hier draußen zu tun.“) bedeutet das nicht, dass man sich hier alles erlauben kann. Auch online sollte man auf seine Wortwahl und sein Timing achten. Kluge Ratschläge sind vielleicht nicht in jeder Situation willkommen. Genauso wenig, wie schnippische Kommentare oder Witze eben manchmal unangebracht sein können.
Meine Devise lautet daher immer: „Würde ich das, was ich gerade geschrieben habe, genauso zu meinem Gesprächspartner sagen, wenn er mir gegenübersitzt? Wie würde ich mich bei diesem Kommentar fühlen?“ Verneine ich den ersten Punkt, ist es Zeit, meinen Kommentar umzuformulieren.
Das kostet mich wirklich kaum Zeit und Kraft, kann aber im besten Falle den Tag des Empfängers retten und gehört zu einem respektvollen Umgang dazu.
Wir wissen nie, was die anderen gerade für Päckchen zu tragen haben, deswegen versuche ich grundsätzlich nett und freundlich zu sein. Denn ich behandele andere so, wie ich selbst gerne behandelt werden möchte. Und mal ehrlich, es macht doch viel mehr Spaß, wenn man weiß, dass man auf eine so leichte Art und Weise jemandem eine Freude machen kann.
Mit konstruktiver Kritik kann man es ohne großen Streit zur Problemlösung schaffen – und eine Lösung zu finden, sollte doch immer die Intention einer Kritik sein.
Mehr zum Thema: Die Macht der Wörter – manchmal sind sie nicht gesprochen, sondern geschrieben!
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