„Es geht um Lebensqualität“ Diskussion über die künftigen Versorgung bei Diabetes und Adipositas

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„Es geht um Lebensqualität“: Diskussion über die künftigen Versorgung bei Diabetes und Adipositas
Foto: Angela Monecke – MedTriX Deutschland
„Es geht um Lebensqualität“ Diskussion über die künftigen Versorgung bei Diabetes und Adipositas

Welche Chancen bieten Innovationen in Diagnostik und Behandlung für die Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Adipositas? Was ist aus Sicht der Patientinnen und Patienten tatsächlich relevant? Und welche politischen Rahmenbedingungen müssen angepasst werden, um chronischen Erkrankungen besser zu begegnen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern? Diesen Fragen ging eine Diskussionsrunde nach.

Wichtig sei, im Dialog zu bleiben, so die dänische Botschafterin Susanne Hyldelund mit Blick auf die vom Unternehmen Novo Nordisk ausgetragenen Veranstaltungsreihe „Diabetes 2030“, die in diesem Jahr zum achten Mal stattfand. Die Faktoren für den Wandel der Gesundheitssysteme seien bekannt: Demografie, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Klimawandel und Finanzierung. Jeder Mensch möchte zudem möglichst gut versorgt sein, möglichst lange leben und gesund bleiben. „Es geht um Lebensqualität“, betonte sie.

Das dänische Gesundheitssystem gilt als Vorreiter, besonders im digitalen Bereich. In den zurückliegenden Jahren wurde es durch kontinuierliche Reformen immer wieder an den stetigen Wandel angepasst. Die Regierung schob u.a. eine Konzentration der Kompetenzen an, vor allem bei den Krankenhäusern – kleinere Einrichtungen wurden vielfach geschlossen oder zusammengelegt. „Das war richtig. Die Qualität in der Versorgung ist deutlich gestiegen“, erklärte sie. Dennoch gebe es „Drehtüreffekte: Zu viele Menschen mit chronischen Erkrankungen kommen immer wieder ins Krankenhaus zurück“.

Versorgung und Lebensqualität von Menschen mit Diabetes und Adipositas: Experten und Betroffene diskutierten gemeinsam

Eine von der dänischen Regierung beauftragte Kommission hat nun im September 2023 konkrete Empfehlungen für ein robusteres Gesundheitssystem vorgelegt. Um Ressourcen zu sparen, soll etwa ein Gesundheitsrat eingeführt werden, der sektorübergreifende Aufgaben beurteilt und priorisiert. Zudem ist vorgesehen, die Anzahl unzweckmäßiger Behandlungen zu reduzieren. Mehr Therapien sollen im ambulanten Bereich stattfinden, um die Krankenhäuser zu entlasten. Die Empfehlungen würden sich als „To-do-Liste“ lesen – hinter jedem genannten Punkt steckten jedoch „tiefgreifende Veränderungen“, erklärte Hyldelund.

„Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Transformation Chancen beinhaltet, auch für Menschen, die chronisch erkrankt sind“, sagte der Diabetologe Professor Dr. Diethelm Tschöpe, der die Veranstaltung gemeinsam mit dem Gesundheitsökonomen Professor Dr. Jürgen Wasem moderierte. Bei einer Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Industrie, der Kassen und Patienten-Organisationen wies die Patienten-Vertreterin Stephanie Haack, die selbst seit 14 Jahren an Typ-1-Diabetes erkrankt ist, auf die hohe mentale Belastung („Mental Load“) einer chronischen Erkrankung hin.

Diese im Alltag zu managen, bedeute: mit Arztpraxen Termine vereinbaren, Befunde von Praxis zu Praxis im Briefumschlag transportieren, Rezepte besorgen und hoffen, „dass die Medikamente, die man braucht, auch verfügbar sind“, so Haack. Eine chronische Erkrankung bedeute „unheimlich viel Arbeit und Mental Load – allein, um am Leben zu bleiben“. Durchs Gesundheitssystem zu navigieren, sei wie eine eigene „olympische Sportart“ – kein Sprint zwar, aber ein Marathon.

„Wir sehen, dass wir in Deutschland besonders im präventiven Ansatz besser werden müssen“

Weil Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufig nicht nur tödlich, sondern vor allem kostenintensiv sind und Deutschland hier noch viel nachholen muss, will das Bundesgesundheitsministerium im Rahmen einer nationalen Herz-Kreislauf-Strategie verstärkt in Früherkennung und Versorgung investieren, verkündete Thomas Müller, Leiter der Abteilung 1 „Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie“ im Bundesgesundheitsministerium. Neben einem neuen Präventionsinstitut (BIPAM) sind Screening-Maßnahmen und erweiterte strukturierte Behandlungsprogramme (DMP) geplant, bei denen Arztpraxen eine stärkere Rolle spielen. „Wir sehen, dass wir in Deutschland besonders im präventiven Ansatz besser werden müssen“, sagte er. Vor allem in der Verhaltensprävention komme man nicht voran. Vom „Dogma Verhaltensänderung allein“ müsse man daher „etwas wegkommen – hin zu einer „aktiven medikamentösen Beeinflussung“, vor allem im Bereich Hypertonie und Dyslipidämie. Das sehe auch der Minister so.

Viel Nachholbedarf sieht Dr. Thorsten Ruppert vom Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) bei der Genetik. Der Großteil der chronisch kranken Patientinnen in Deutschland werde nicht systematisch gescreent, um den genetischen Faktor hinter ihrer Erkrankung tatsächlich zu identifizieren. Viele von ihnen würden deshalb häufig auch nicht bestmöglich therapiert. In Innovationen müsse man verstärkt investieren. „Wir müssen ein guter Forschungs- und Studienstandort sein, um im internationalen Vergleich nicht weiter zurückzufallen“, so Ruppert.

Wesentlich sei auch eine bessere Steuerung, Vernetzung und Datennutzung in der Diabetesversorgung, betonte Kai Swoboda, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der IKK classic.



von Angela Monecke

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  • gingergirl postete ein Update vor 9 Minuten

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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  • hexle postete ein Update vor 1 Tag, 3 Stunden

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

  • tako111 postete ein Update vor 4 Tagen, 13 Stunden

    Fussschmerzen lassen leider keine Aktivitäten zu!

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