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Welche Chancen bieten Innovationen in Diagnostik und Behandlung für die Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Adipositas? Was ist aus Sicht der Patientinnen und Patienten tatsächlich relevant? Und welche politischen Rahmenbedingungen müssen angepasst werden, um chronischen Erkrankungen besser zu begegnen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern? Diesen Fragen ging eine Diskussionsrunde nach.
Wichtig sei, im Dialog zu bleiben, so die dänische Botschafterin Susanne Hyldelund mit Blick auf die vom Unternehmen Novo Nordisk ausgetragenen Veranstaltungsreihe „Diabetes 2030“, die in diesem Jahr zum achten Mal stattfand. Die Faktoren für den Wandel der Gesundheitssysteme seien bekannt: Demografie, Fachkräftemangel, Digitalisierung, Klimawandel und Finanzierung. Jeder Mensch möchte zudem möglichst gut versorgt sein, möglichst lange leben und gesund bleiben. „Es geht um Lebensqualität“, betonte sie.
Das dänische Gesundheitssystem gilt als Vorreiter, besonders im digitalen Bereich. In den zurückliegenden Jahren wurde es durch kontinuierliche Reformen immer wieder an den stetigen Wandel angepasst. Die Regierung schob u.a. eine Konzentration der Kompetenzen an, vor allem bei den Krankenhäusern – kleinere Einrichtungen wurden vielfach geschlossen oder zusammengelegt. „Das war richtig. Die Qualität in der Versorgung ist deutlich gestiegen“, erklärte sie. Dennoch gebe es „Drehtüreffekte: Zu viele Menschen mit chronischen Erkrankungen kommen immer wieder ins Krankenhaus zurück“.
Eine von der dänischen Regierung beauftragte Kommission hat nun im September 2023 konkrete Empfehlungen für ein robusteres Gesundheitssystem vorgelegt. Um Ressourcen zu sparen, soll etwa ein Gesundheitsrat eingeführt werden, der sektorübergreifende Aufgaben beurteilt und priorisiert. Zudem ist vorgesehen, die Anzahl unzweckmäßiger Behandlungen zu reduzieren. Mehr Therapien sollen im ambulanten Bereich stattfinden, um die Krankenhäuser zu entlasten. Die Empfehlungen würden sich als „To-do-Liste“ lesen – hinter jedem genannten Punkt steckten jedoch „tiefgreifende Veränderungen“, erklärte Hyldelund.
„Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Transformation Chancen beinhaltet, auch für Menschen, die chronisch erkrankt sind“, sagte der Diabetologe Professor Dr. Diethelm Tschöpe, der die Veranstaltung gemeinsam mit dem Gesundheitsökonomen Professor Dr. Jürgen Wasem moderierte. Bei einer Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Industrie, der Kassen und Patienten-Organisationen wies die Patienten-Vertreterin Stephanie Haack, die selbst seit 14 Jahren an Typ-1-Diabetes erkrankt ist, auf die hohe mentale Belastung („Mental Load“) einer chronischen Erkrankung hin.
Diese im Alltag zu managen, bedeute: mit Arztpraxen Termine vereinbaren, Befunde von Praxis zu Praxis im Briefumschlag transportieren, Rezepte besorgen und hoffen, „dass die Medikamente, die man braucht, auch verfügbar sind“, so Haack. Eine chronische Erkrankung bedeute „unheimlich viel Arbeit und Mental Load – allein, um am Leben zu bleiben“. Durchs Gesundheitssystem zu navigieren, sei wie eine eigene „olympische Sportart“ – kein Sprint zwar, aber ein Marathon.
Weil Herz-Kreislauf-Erkrankungen häufig nicht nur tödlich, sondern vor allem kostenintensiv sind und Deutschland hier noch viel nachholen muss, will das Bundesgesundheitsministerium im Rahmen einer nationalen Herz-Kreislauf-Strategie verstärkt in Früherkennung und Versorgung investieren, verkündete Thomas Müller, Leiter der Abteilung 1 „Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie“ im Bundesgesundheitsministerium. Neben einem neuen Präventionsinstitut (BIPAM) sind Screening-Maßnahmen und erweiterte strukturierte Behandlungsprogramme (DMP) geplant, bei denen Arztpraxen eine stärkere Rolle spielen. „Wir sehen, dass wir in Deutschland besonders im präventiven Ansatz besser werden müssen“, sagte er. Vor allem in der Verhaltensprävention komme man nicht voran. Vom „Dogma Verhaltensänderung allein“ müsse man daher „etwas wegkommen – hin zu einer „aktiven medikamentösen Beeinflussung“, vor allem im Bereich Hypertonie und Dyslipidämie. Das sehe auch der Minister so.
Viel Nachholbedarf sieht Dr. Thorsten Ruppert vom Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) bei der Genetik. Der Großteil der chronisch kranken Patientinnen in Deutschland werde nicht systematisch gescreent, um den genetischen Faktor hinter ihrer Erkrankung tatsächlich zu identifizieren. Viele von ihnen würden deshalb häufig auch nicht bestmöglich therapiert. In Innovationen müsse man verstärkt investieren. „Wir müssen ein guter Forschungs- und Studienstandort sein, um im internationalen Vergleich nicht weiter zurückzufallen“, so Ruppert.
Wesentlich sei auch eine bessere Steuerung, Vernetzung und Datennutzung in der Diabetesversorgung, betonte Kai Swoboda, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der IKK classic.
von Angela Monecke
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