Lieferengpässe bei Human-Insulin: Hersteller rät zu Alternativen

3 Minuten

Lieferengpässe bei Human-Insulin – Hersteller rät zu Alternativen
Foto: Константин Чимбай – stock.adobe.com
Lieferengpässe bei Human-Insulin: Hersteller rät zu Alternativen

Rund 300 Produkte stehen auf der Liste aller hierzulande nicht oder nur eingeschränkt verfügbaren Medikamente. Seit Dezember führt das zuständige Bundesamt auf dieser LieferengpässeListe auch Insuman-Insulin. Der Hersteller rät zur Umstellung auf andere Insuline.

Ein lebenswichtiges Medikament wie Insulin, das vorübergehend nicht lieferbar ist – dieser Engpass führe zu „viel Verwirrung, Sorge und Unruhe“ bei den Patienten, sagt Dr. Tobias Wiesner vom Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Stoffwechselmedizin Leipzig. Aktueller Anlass für die angespannte Lage in diabetologischen und hausärztlichen Praxen ist ein temporärer Lieferengpass bei den Human-Insulinen Insuman Rapid, Insuman Basal und Insuman Comb 25, über den der Hersteller, die Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, informiert hat. Grund für die Lieferprobleme seien mehrere Vorfälle bei Abfüllanlagen in den letzten Monaten am Produktions­standort Frankfurt.

Insulin-Lieferengpässe: mehrere Behandlungsalternativen, Umstellung gemäß Leitlinien und Patientenbedürfnissen

Dies habe zu einer „vorübergehend kritischen globalen Versorgungslage“ geführt, heißt es in einem offiziellen Informationsschreiben des Herstellers in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Verzögerungen gab es bei der Lieferung von Insulinpen-Komponenten, weitere Probleme bei Abfüllung, Montage und Verpackung. Die gute Nachricht: Es gibt mehrere geeignete Behandlungsalternativen. Umgestellt werden kann laut Sanofi auf ähnliche Humaninsulinpräparate, entsprechend der derzeitigen Insuman-Behandlung. Die jeweilige Wahl hängt dabei von den Leitlinien und den Patientenbedürfnissen ab.

Laut Hersteller sind für Insuman Rapid andere reguläre Insuline als Ersatz geeignet. Statt Insuman Basal können andere Verzögerungsinsuline (NPH-Insuline) eingesetzt werden. Als Alternativen für Insuman Comb25 werden andere vorgemischte Kombinationen mit 25 Prozent Normalinsulin und 75 Prozent NPH-Insulin genannt. Müssten Insuman-SoloStar-Produkte durch ein anderes rekombinantes Humaninsulin ersetzt werden, sei keine Dosisanpassung nötig, heißt es.

Mehr zum Thema
➤ Insulinpen: Verschiedene Modelle von klassisch bis smart

Alle Patienten, die umgestellt werden müssten, seien „zwingend häufiger und engmaschiger in die Praxis einzubestellen oder per Video­sprechstunde zu betreuen“, erklärt Dr. Wiesner. Diese „engen Ressourcen“ zeitlich und personell abzudecken, sei ein „finanziell nicht abrechenbarer Mehraufwand“. Als Diabetologe setze er Analog-Insulin ein, also werde sich die Umstellung von Normal-Insulin „zahlenmäßig in Grenzen halten“, berichtet er. Laut Dr. Wiesner wurden im konkreten Fall die Informationen aber „sehr zeitig und aktiv“ in die Arztpraxen übermittelt, sodass sein Medizinisches Versorgungszentrum mit den Patienten „proaktiv reagieren“ und nötige Umstellungen in die Wege leiten konnte.

Was man bei einer Insulin-Umstellung beachten muss

In seinem Schreiben erklärt der Insulin-Produzent auch, wie vorgegangen werden muss, sollten andere Humaninsuline ebenfalls nicht verfügbar sein. Als Alternativen werden – je nach individuellem Bedarf – die Anlaog-Insuline Insulin lispro, Insulin glargin, Insulin detemir und Insulin degludec genannt. In dem Schreiben an die Patienten wird darauf hingewiesen, dass häufige Blutzuckerkontrollen und ggf. eine Anpassung der Insulin-Dosis in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt während der Umstellung notwendig werden können und zudem eine Patientenschulung zur herstellerspezifischen Verabreichungshilfe durchgeführt wird.

Insuman-Insulin: ab Juli, August, November wohl wieder verfügbar
Als voraussichtliches Datum für die Rückkehr zur normalen Versorgung nennt der Hersteller drei Termine für seine Insuline:
– 1.07.2023 für Insuman® Basal
– 1.08.2023 für Insuman® Comb25
– 1.11.2023 für Insuman® Rapid

In dem offiziellen Informationsschreiben empfiehlt das Hersteller-Unternehmen, dass zurzeit keine neuen Patienten mit einem dieser drei Insuman-Formen behandelt werden und bereits Behandelte auf geeignete Alternativen umgestellt werden sollten. „Eine Unterbrechung der Insulinbehandlung ist potenziell lebensgefährlich“, wird gewarnt. Die mögliche Nichtverfügbarkeit des erforderlichen Insulins erhöhe das Risiko eine Hypoglykämie und die Möglichkeit einer diabetischen Azidose.

Bei jeder Insulin-Umstellung müsse immer auch beachtet werden, wie die verschiedenen Arten des Medikaments wirken und vom Körper aufgenommen werden, betont die Augsburger Dia­betesberaterin Dr. rer. medic. ­Nicola Haller, Vorsitzende des Verbands der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe (VDBD). Analog-Insulin habe eine im Vergleich zum Human-Insulin Insuman eine kürzere Wirkung, auch in den Kombinationsmischungen. Um weitere „unnötige psychische Belastungen“ durch die Umstellung zu vermeiden, sollten sich Patienten frühzeitig an ihre behandelnde Praxis wenden, „um mit ihm im Einzelfall die geeigneten Insuline und deren bestmögliche Kombination und Dosierung zu identifizieren“, empfiehlt Klaus Warz, Sprecher der Diabetiker-Allianz, einem Verbund der Diabetes-Selbsthilfeverbände.



von Angela Monecke und Cornelia Kolbeck

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Weltdiabetestag und „Meilensteine der modernen Diabetologie“: großes Diabetes-Event im November

Am 10. November 2024 finden die beiden vormals separaten Veranstaltungen „Meilensteine der modernen Diabetologie“ und die Patientenveranstaltung zum Weltdiabetestag in einem großen gemeinsamen Event für Menschen mit Diabetes statt.
Weltdiabetestag und „Meilensteine der modernen Diabetologie“: großes Diabetes-Event im November

2 Minuten

22. Düsseldorfer Diabetes-Tag: vielfältiges Programm für Menschen mit Diabetes und Interessierte

Der 22. Düsseldorfer Diabetes-Tag am 31. August 2024 bietet bei freiem Eintritt ein umfangreiches Programm mit Vorträgen, einer Industrieausstellung und Mitmach-Aktionen für Betroffene, Angehörige und Interessierte.
22. Düsseldorfer Diabetes-Tag: vielfältiges Programm für Menschen mit Diabetes und Interessierte

2 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • loredana postete ein Update vor 1 Tag, 15 Stunden

    Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.

  • ambrosia postete ein Update vor 2 Tagen, 12 Stunden

    Ich wünsche allen einen schönen Mittwoch.

  • Hallo, ich bin Stefanie, die Diagnose Typ 1, habe ich vor drei Monaten bekommen.
    Ich merke wie es mir aktuell mit der Diagnose eher schlechter, als besser geht und meine Depression wieder da ist und ich auch eine neue Therapie starten werde. Ich habe aber das Gefühl, dass mich niemand Freundeskreis verstehen kann, weil niemand weiß, wie sehr diese Diagnose das Leben durcheinander bringt und ich auf so vieles aufpassen muss. Vor zwei Wochen hatte ich meine Schulung, tatsächlich fällt mir der Umgang mit dem Diabetes eher sogar schwerer. Eine Leichtigkeit (ist auch zu viel verlangt) ist nicht eingetreten. Sicherheit nur etwas.
    Es gibt bei mir leider keine Selbsthilfegruppen vor Ort, darum habe ich mich nun entschieden, den Diabetes Anker beizutreten und hoffe auf Verständnis von “Gleichgesinnten”
    Viele Grüße

    • Hallo Stefanie, schön ,dass du da bist. Wir treffen uns zum virtuellen Austausch nächste Woche Donnerstag. Vielleicht hast du ja Zeit und kannst dich einwählen 🙂 Ich freue mich, wenn wir uns dort sehen. Liebe Grüße Lena

      Virtuelles Diabetes-Anker Community-MeetUp im Dezember

    • Hallo Stefanie! Ich weiß noch wie es nach meiner Diagnose war – es dauert bis da von Leichtigkeit die Rede sein kann. Und das Umfeld tut sich oft sehr schwer das alles zu verstehen. Es wird besser aber es braucht Zeit. Alles Gute

    • @lena-schmidt: Hallo Lena, ich habe angemeldet und steht auch fest im Kalender.

    • @moira: Danke dir, ja es ist nicht ganz leicht damit klarzukommen und du hast recht, das Umfeld stellt mir Unmengen an Fragen, aber die kann ich aktuell selbst nicht beantworten, weil ich selbst genügend habe und andere Prios. Am schlimmsten empfinde ich die gutgemeinten “Ratschläge”.

Verbände