Nobelpreis für Paläogenetik-Pionier: Wie viel Neandertaler steckt in uns?

Nobelpreis für Paläogenetik-Pionier: Wie viel Neandertaler steckt in uns?
Nobelpreis für Paläogenetik-Pionier: Wie viel Neandertaler steckt in uns?
Foto: Frank Vinken für die Max-Planck-Gesellschaft

Der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin geht 2022 an Professor Dr. Svante Pääbo. Zu seinen bedeutendsten wissenschaftlichen Erfolgen zählt die Entschlüsselung des Neandertaler-Genoms, die auch Bedeutung für die Diabetes-Forschung hat.

Als Pionier auf dem Gebiet der Paläogenetik wirkt Svante Pääbo am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Paläogenetiker erforschen die Genome altertümlicher Organismen und schließen daraus auf den Verlauf der Evolution. Bereits Mitte der 1990er-Jahre konnten Pääbo und sein Team einen relativ kurzen Bestandteil der Mitochondrien-DNA eines Neandertalers entschlüsseln. Diese DNA der Neandertaler unterschied sich deutlich von dem Erbgut heutiger Menschen. Damit war erwiesen, dass Neandertaler nicht die direkten Vorfahren jetziger Menschen sind.

Beitrag der tagesschau zum Nobelpreis für Prof. Dr. Svante Pääbo:

Da die DNA-Sequenzierungsmethoden Anfang der 2000er-Jahre sehr viel effizienter wurden, begann Pääbo, das komplette Genom der Neandertaler zu sequenzieren. Die Schwierigkeit dabei: Die Knochen von Neandertalern sind nach Jahrtausenden im Boden von Bakterien und Pilzen derart stark besiedelt, dass bis zu 99,9 % der darin gefundenen DNA von Mikroben stammen. Zudem liegen die geringen Mengen verbliebener Neandertaler-DNA nur in kurzen Bruchstücken vor, die wie ein gigantisches Puzzle zusammengesetzt werden müssen. Viele Wissenschaftler glaubten, diese Aufgabe sei unlösbar. 2010 gelang es Svante Pääbo und seinem Team, eine erste Version des Genoms der Neandertaler zu rekonstruieren, 2014 wurde es fast komplett entschlüsselt.

Nobelpreis für Entschlüsselung des Neandertaler-Genoms: auch für die Diabetes-Forschung relevant

Die Vergleiche des Neandertaler-Genoms mit den Genomen heutiger Menschen ergaben, dass moderne Menschen und Neandertaler bei ihrem Zusammentreffen vor rund 50.000 Jahren gemeinsamen Nachwuchs gezeugt hatten, als moderne Menschen aus Afrika in Europa und Asien ankamen. Noch heute finden sich deshalb im Genom heutiger nicht-afrikanischer Menschen zirka 2 Prozent Neandertaler-DNA. Dieser genetische Beitrag beeinflusste die Evolution: Er stärkte beispielsweise das Immunsystem der modernen Menschen, trägt jedoch auch heute noch zur Anfälligkeit für manche Krankheiten bei – zu diesen zählt auch Typ-2-Diabetes. Forschenden hilft dies, Diabetes-Ursachen besser zu verstehen und davon abgeleitet neue Behandlungsmöglichkeiten zu finden.



von Nicole Finkenauer

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