Risiko für Folgen des Typ-2-Diabetes: Es kommt auf den Subtyp an

3 Minuten

Risiko für Folgen des Typ-2-Diabetes: Es kommt auf den Subtyp an
Foto: gradt – stock.adobe.com
Risiko für Folgen des Typ-2-Diabetes: Es kommt auf den Subtyp an

Unterschiedliche Subtypen, unterschiedliches Risiko: Ob und welche Diabetes-Folgen eintreten, hängt auch von der Art des Typ-2-Diabetes ab. Auf einem Fachkongress Ende November tauschen sich Experten aus verschiedenen Fachgebieten über die neuesten Erkenntnisse aus.

Diabetologinnen und Diabetologen gehen schon seit längerem davon aus, dass es sich beim Typ-2-Diabetes nicht um ein einheitliches Krankheitsbild handelt. Vielmehr können die Ursachen für die gestörte Blutzuckerregulation individuell verschieden sein. „In den letzten Jahren ist es gelungen, die Heterogenität des Typ-2-Diabetes mit bestimmten individuellen Variablen in Verbindung zu bringen“, sagt Professor Dr. Robert Wagner, Leiter des Klinischen Studienzentrums am Deutschen Diabetes Zentrum (DDZ) in Düsseldorf.

Nicht jeder Mensch mit Typ-2-Diabetes hat dasselbe Risiko für Folgeerkrankungen

Zunächst in einer schwedischen Studie, später auch im Rahmen der Deutschen Diabetes-Studie mit Hauptstandort am DDZ haben Forschende fünf Subtypen des Diabetes identifiziert, die sich insbesondere im Hinblick auf ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich unterscheiden, berichtet Wagner, der auch als Leitender Oberarzt am Universitätsklinikum Düsseldorf tätig ist.

Bei der Identifizierung der Subtypen wurden nicht nur Variablen herangezogen, die den Zuckerstoffwechsel charakterisieren – wie der Langzeitblutzuckerwert HbA1c, die Insulinproduktion und das Ausmaß der Insulinresistenz – sondern auch das Alter bei Diagnose sowie der Body-Mass-Index. „Anhand dieser Variablen konnten die Betroffenen in fünf Gruppen eingeteilt werden, die jeweils einem Diabetes-Subtyp entsprachen“, erläutert Prof. Wagner. Drei dieser Subtypen sind als schwerer, zwei als milder Diabetes beschrieben worden.

Gesundheitlichen Folgen der Vorstufe des Typ-2-Diabetes wurden unterschätzt

Besonders auffallend war dabei eine Gruppe mit deutlich reduzierter Insulinproduktion, ähnlich dem autoimmun bedingten Typ-1-Diabetes. In dieser als SIDD (schwerer, insulindefizienter Diabetes) bezeichneten Gruppe kam es besonders häufig zu einer diabetischen Retinopathie. Dabei handelt es sich um eine Schädigung der Augennetzhaut, die bis zur Erblindung führen kann. Auch das Risiko für eine diabetische Nervenschädigung, beispielsweise in den unteren Extremitäten oder an Augen, war erhöht.

Eine weitere Gruppe umfasste Patientinnen und Patienten mit einem schweren, insulinresistenten Diabetes (SIRD). „Viele Patienten mit diesem Subtyp entwickeln bereits sehr früh im Krankheitsverlauf eine diabetische Nierenschädigung“, erläutert Prof. Wagner. Nur fünf Jahre nach der Diabetes-Diagnose sei fast ein Viertel der SIRD-Gruppe von dieser schwerwiegenden Folgeerkrankung betroffen gewesen.

Ohnehin ist die Komplikationsrate bei Menschen mit Typ-2-Diabetes bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose sehr hoch. Rund ein Drittel weist dann bereits Diabetes-typische Schädigungen auf. Das deutet nicht nur darauf hin, dass die Diagnose Typ-2-Diabetes häufig zu spät gestellt wird. „Es zeigt auch, dass die gesundheitlichen Folgen des sogenannten Prädiabetes bislang unterschätzt werden. Viele Patienten verharren lange in diesem Vorläuferstadium des Typ-2-Diabetes“, sagt Wagner. „Bereits in dieser Phase kann es zu Komplikationen kommen, die unbehandelt schwerwiegende Auswirkungen haben können.“

Präventionsmaßnahmen für Folgen des Typ-2-Diabetes individualisieren

Im vergangenen Jahr konnten Forschende unter Prof. Wagners Federführung zeigen, dass bei Menschen mit Prädiabetes die Stoffwechsel-Entgleisungen sehr uneinheitlich sind. Auch hier lassen sich Subtypen identifizieren, die sich in Bezug auf ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (kardiovaskuläres Risiko) unterscheiden. Eine solche Subtypisierung könne nicht nur dabei helfen, die Betroffenen anhand ihres individuellen Risikoprofils zielgerichteter zu behandeln und schwerwiegende Komplikationen möglichst zu vermeiden, so Prof. Wagner. „Das kardiovaskuläre Risiko genauer abschätzen zu können, ist auch im Hinblick auf einen gezielten Einsatz der therapeutischen Ressourcen wichtig.“ Angesichts einer weltweiten Prädiabetes-Verbreitung von mindestens 20 Prozent hält Prof. Wagner es für notwendig, die begrenzten und teuren Präventionsmaßnahmen auf die Hochrisikogruppen zu fokussieren, die am meisten davon profitierten.

Auf der Diabetes-Herbsttagung werden sich Experten zur fachübergreifenden Versorgung des Diabetes austauschen: Was funktioniert bereits und was nicht? Auch über das für die Betroffenen besonders belastende Thema der Amputation wird diskutiert: Wann ist ein solcher Eingriff wirklich nötig und wie kann eine ärztliche Zweitmeinung dazu beitragen, die Zahl der Amputationen zu senken? Auch wir werden vor Ort sein und hier darüber berichten.



von Redaktion Diabetes-Anker

mit Materialien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA)

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Ähnliche Beiträge

Weltdiabetestag und „Meilensteine der modernen Diabetologie“: großes Diabetes-Event im November

Am 10. November 2024 finden die beiden vormals separaten Veranstaltungen „Meilensteine der modernen Diabetologie“ und die Patientenveranstaltung zum Weltdiabetestag in einem großen gemeinsamen Event für Menschen mit Diabetes statt.
Weltdiabetestag und „Meilensteine der modernen Diabetologie“: großes Diabetes-Event im November

2 Minuten

22. Düsseldorfer Diabetes-Tag: vielfältiges Programm für Menschen mit Diabetes und Interessierte

Der 22. Düsseldorfer Diabetes-Tag am 31. August 2024 bietet bei freiem Eintritt ein umfangreiches Programm mit Vorträgen, einer Industrieausstellung und Mitmach-Aktionen für Betroffene, Angehörige und Interessierte.
22. Düsseldorfer Diabetes-Tag: vielfältiges Programm für Menschen mit Diabetes und Interessierte

2 Minuten

Diabetes-Anker-Newsletter

Alle wichtigen Infos und Events für Menschen mit Diabetes – kostenlos und direkt in deinem Postfach. Mit unserem Newsletter verpasst du nichts mehr.

Über uns

Geschichten, Gemeinschaft, Gesundheit: Der Diabetes-Anker ist das neue Angebot für alle Menschen mit Diabetes – live, gedruckt und digital. Der Diabetes-Anker und die Community sind immer da, wo du sie brauchst. Für alle Höhen und Tiefen.

Community-Frage

Mit wem redest du
über deinen Diabetes?

Die Antworten werden anonymisiert gesammelt und sind nicht mit dir oder deinem Profil verbunden. Achte darauf, dass deine Antwort auch keine Personenbezogenen Daten enthält.

Werde Teil unserer Community

Folge uns auf unseren Social-Media-Kanälen

Community-Feed

  • carogo postete ein Update vor 1 Tag, 7 Stunden

    Hallo zusammen! Ich habe mich mit einer Freundin über die Rezepte in der Zeitschrift unterhalten und wir haben uns gefragt, was es eigentlich konkret mit den Nähwertangaben und der Unterscheidung zwischen Kohlenhydraten und anrechnungspflichtign KH auf sich hat?

    • Das wüsste ich auch gerne.

    • Liebe Carogo,
      anrechnungspflichtige KH sind Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel erhöhen. Es gibt auch KH, die nicht direkt blutzuckersteigernd wirken und damit für die Insulintherapie nicht oder nicht voll angerechnet werden müssen, wie bspw. Ballaststoffe oder KH, die nur sehr langsam den Blutzucker beeinflussen.
      VLG
      Gregor aus der Diabetes-Anker Redaktion

    • @gregor-hess: danke für die Antwort! Könntest du hierfür mal Beispiele nennen?

  • cesta postete ein Update vor 1 Woche, 4 Tagen

    Hallo zusammen, ich habe eine Frage an euch. Ich habe seit 4 Jahren Typ 1 LADA und bisher nur mit Basalinsulin ausgekommen. Seit 3 Wochen muss ich nun auch zu jeder Mahlzeit Humalog spritzen. Für die Berechnung wiege ich immer alles ab. Könnt ihr eine App empfehlen, die bei der Berechnung der Kohlenhydrate unterstützt? Oder habt ihr andere Tipps wie man sich daran gewöhnt? Ich wiege bisher alles ab und kann mir gar nicht vorstellen, dass ich mir das zukünftig merken kann bzw. wie ich die Kohlenhydrate schätzen kann. Vielen lieben Dank für eure Hilfe! Liebe Grüße, Christa

    • Hallo cesta, ich habe gute Erfahrungen mit der WETID App gemacht. Hier erhältst du für fast alle Lebensmittel BE – Werte. Man kann auch das Portionsgewicht eingeben und erhält dann die entsprechenden BE’s.
      Die App mit Werbung war bisher kostenlos. App ohne Werbung und im Abo ist besser.

      LG von kw = Kurt mit Diabetes Typ 3c

    • Hallo Christa! Ich verwende die FDDB app. LG Sarah (Lada)

    • @kw: Vielen lieben Dank für den Tipp!

    • @moira: Vielen lieben Dank für den Tipp!

  • sveastine postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Diabetes und Psyche vor 3 Wochen

    hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • mayhe antwortete vor 3 Wochen

      Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo Heike, oh da hast du aber auch viel geschafft. Ja ich habe die Kinder mit Diabetes bekommen und meine Kinder sind 26,25,23 und bald 19 🥰….und wie du hoffe bald wieder fit zu sein. Beruflich wechsle ich jetzt vom Kinderhospiz wieder in die Krippe da es dort vorausschaubarer ist als im Schichtdienst. In der Hoffnung der Diabetes lässt sich dort wieder besser einstellen. Eigentlich sollte ich auch die Ernährung wieder umstellen, das weiß ich aber es fällt mir so schwer. Wie ist das da bei dir. Was machen deine Werte ? Viele Grüße Astrid

    • @sveastine: Hallo liebe Astrid, sag mal kann es sein, daß du in den Wechseljahren bist? Ich habe meine schon hinter mir, aber das war zuckertechnisch eine der schwierigsten Zeiten, weil ständig alles durcheinander war. Damals war ich allein 2 x in der Diabetes Klinik Bad Mergentheim zum Anpassen innerhalb von 3-4 Jahren. Die Hormonwirkungen waren der Wahnsinn. Jetzt ist es wieder deutlich ruhiger. Was hast du eigentlich für eine Versorgung? Pen? Pumpe? Insulin? Sensor?
      Ich habe die Tandem tslim mit Sensor und Novorapid. Und das ist für mich der game changer gewesen. Seitdem werden die zuckertechnischen Anstrengungen auch mit guten Werten belohnt. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hi, ja ich bin in den Wechsel Jahren schon eine ganze Weile und nehme Hormone. Das ist denke ich ist der Hauptgrund der Schwankungen, aber das geht schon seit ca 3 Jahren so, was doof ist. Ich hab das gleiche System wie du tslim und Dexcom, trotzdem schwierig.aber für Bad Mergentheim lt. Diabetologe zu gut um die Genehmigung dafür zu bekommen 🤷🏻‍♀️

    • @sveastine: Das ist ja witzig, das du dieselbe Versorgung hast. Also bist du da optimal versorgt. Jetzt verstehe ich deinen Frust. Nach den Behandlungen in Bad Mergentheim war es wenigstens eine Weile besser. Warst du schon mal in Reha wegen dem Zucker? Ist zwar nicht Bad Mergentheim, aber manche Rehakliniken machen das wohl echt gut. Du musst “nur” darauf achten, dass sie ein spezielles Angebot für Typ1er haben. Ich war 2019 in der Mediclin Klinik Stauffenberg, Durlach. Das war okay. Am wichtigsten fand ich den Austausch mit den Mitpatienten. Aber natürlich ist der Aufwand für dich bei 4 Kindern für 3 Wochen, sehr hoch. Und eine Garantie dafür das dann länger besser läuft gibt es nicht. Ich fand es aber immer wichtig, den zuckertechnischen Input und die Solidarität zu erfahren. Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Nicht Durlach, sondern Durbach.

Verbände