„Adler“: Im Aufwind

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© Hans Lauber
„Adler“: Im Aufwind

Das Echt essen-Gasthaus im Juli: Endlich hat der einzigartige schwäbische Landgasthof wieder geöffnet. Die Familie Vogel bewahrt die Tradition – und setzt eigene Akzente.

Viele Dutzend Male bin ich in den zwischen Ellwangen und Schwäbisch Hall gelegenen „Adler“ gefahren, ja gepilgert. Drei Elemente machten das sattgrün gestrichene Anwesen aus dem Jahr 1717 für lange Zeit zum besten deutschen Landgasthof: Eine Architektur, die geschickt Bauhaus und überlieferte Gasthauskultur vermählt; eine bodenständig-raffinierte Küche; eine großartige Gastlichkeit durch den Koch Josef Bauer, seine Frau Marie-Luise als Gastgeberin und nicht zu vergessen die wunderbare Bedienung Hildegard Brenner. Ein Schock war es deshalb für mich und die vielen Stammgäste, als die Wirtsleute vor sechs Jahren das Gasthaus altershalber schließen mussten. Wer noch einmal in der Vergangenheit schwelgen möchte, lese meine über zwölf Jahre alte Geschichte.

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Eine feste Burg: Landgasthof „Adler“

Große Fußstapfen haben die Bauers hinterlassen – und es ist ein wunderbares kulinarisches Glück, dass die beiden würdige Nachfolger gefunden haben: Der aus der Gegend stammende Koch Michael Vogel und seine aus dem Allgäu kommende Frau Michaela sind seit dem Frühjahr 2022 die neuen Pächter. Idealer hätte es nicht laufen können, denn der 30-jährige Koch arbeitete zwei Jahre bei Josef Bauer, lernte seine Philosophie kennen, bevor er die letzten drei Jahre bei einem der besten Köche Europas, Andreas Caminada, leitende Positionen bekleidete. Letztes Jahr besuchte ich „Schloss Schauenstein“ und war begeistert von einer Küche, die es schafft, mit weitgehend einheimischen Produkten die ganz große kulinarische Oper aufzuführen. Eine gute Vorbereitung für das Führen eines schwäbischen Landgasthauses.

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Gottseidank ist alles geblieben: Gaststube mit Herrgottswinkel

Hoch also die Erwartungen bei meinem ersten Besuch mit dem Stuttgarter Freund, der mich viele Male in die abgeschiedene Ostalb begleitet hatte – und erleichterte Entspannung: Alles ist noch, wie es war: Die steile knarzende Treppe, die Bauhausmöbel, die weiß lackierten Tische – und vor allem die ungemein herzliche Begrüßung durch Michaela Vogel, die den Service leitet. Es ist wohltuend in diesen hektischen Zeiten, wenn Altvertrautes altvertraut bleiben darf, was aber nur deshalb funktioniert, weil der von den Bauers vor Jahrzehnten zusammen mit einem Designprofessor entwickelte Stil eine zeitlose Eleganz besitzt.

© Hans Lauber
Dreiklang: Rote Bete, Kabeljau, Ziegenkäse

Wie gehabt starten wir mit einem bestens gezapften, hervorragenden Pils von der über 330 Jahre alten Privatbrauerei „Rotochsen“ aus Ellwangen. Angemessene 80 Euro kostet das viergängige Überraschungsmenü, das mit einem Bauer-Klassiker startet: Der legendäre Zwiebelkuchen mit einer ausgewogenen Mischung aus Zwiebeln und Emmentaler hat Suchtpotential. Leicht und elegant das Rote Beete-Carpaccio mit frischen Kräutern, feinem Ziegenkäse und einem Stück Kabeljau, das wir nicht unbedingt gebraucht hätten. Auch ein Bauer-Klassiker ist das danach servierte Lachsflädle in schlotziger Soße. Wobei ich nicht sicher bin, ob Josef Bauer heute noch mit Lachs arbeiten würde. Von der im Aufbau begriffenen kleinen, feinen Weinkarte begeistert uns ein 2019er Chardonnay für 70 Euro vom Traditionsweingut Dautel, der trotz schlanken 12,5 Prozent Alkohol es locker mit der Tiefe eines großen „Franzosen“ aufnimmt.

© Hans Lauber
Aus eigener Jagd: Rücken und Ragout vom Reh

Der Höhepunkt des Menüs ist der Hauptgang: Ein auf den perfekten Punkt gebratener Rehrücken und ein wirklich saftiges Ragout mit einem intensiven dunklen Tupfer vom schwarzen Knoblauch und einem hellen von der Karotte. Eine eigene Jagd in der Nähe hat Michael Vogel zusammen mit seinem Vater – und so dürfen sich die Gäste auf interessante Wildspezialitäten freuen. Weil wir nichts Süßes wollten, machte Michaela Vogel einen spannenden Vorschlag: Süffig zubereitete Champagnerkutteln mit Morcheln und Aal als „Dessert“. Ich liebe solche Deftigkeiten, die es leider immer seltener gibt, wobei eine Zwiebel bei der Verdauung hilft – genau so wie übrigens der exzellente, selbst gebrannte Gin mit schwäbischem Wacholder von Josef Bauer, von dem ich mir gleich eine Flasche gekauft habe.

© Hans Lauber
Sympathische Wirtsleute: Michaela und Michael Vogel

Eine eigene Jagd hat Michael Vogel bereits. Meiner Meinung darf es nicht das einzige „Eigene“ bleiben. Denn die Erwartungen der Gäste haben sich geändert. So ist Josef Bauer regelmäßig in aller Herrgottsfrüh zum Großmarkt in Stuttgart gefahren. Aber künftig wollen die Leute auch das Land schmecken, wollen Gemüse, Kräuter und Fleisch aus der Umgebung genießen. Vorbildlich gelingt das Andreas Caminada sogar in einem kargen Teil der Schweiz. Aber auch Mario Furlanello aus dem „Bornheimer Ratskeller“ mitten in Frankfurt hat sich in der weiteren Umgebung einen Kreis von Produzenten und Lieferanten aufgebaut, die er alle persönlich kennt. So etwas dauert, aber es ist möglich. Denkbar wäre auch ein kleiner Gemüseanbau – und mit Hilfe der Permakultur gelingt das sogar im rauen Klima der Alb.

Keine Projekte für die nächste Zeit sind das natürlich. Erst müssen die grundsympathischen Wirtsleute das wirtschaftliche Fundament festigen. Aber langfristig sollte so etwas entstehen – wobei die Jagd schon jetzt eine hervorragende Grundlage ist.

Fazit: Ein gelungener Start, der hoffen lässt, dass der „Adler“ in angemessener Zeit wieder die alte Flughöhe erreicht.

„Landgasthof Adler“


Adresse: Ellwanger Straße 15, 73 494 Rosenberg

Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag 12 bis 14 und 18 bis 22 Uhr. Sonntag 12 bis 14 Uhr. Zweckmäßige Zimmer mit liebevoll am Tisch serviertem Frühstück zu fairen Preisen.

Kontakt: 07967/513, https://landgasthofadler.de/

Tipp: Leider umgeben in Rosenberg viele tote „Steingärten“ die fast schon zu wohl gepflegten Einfamilienhäuser. Ein Lichtblick ist da der in Ortsmitte liegende, liebevoll angelegte Rosengarten mit vielen alten Sorten.


ECHT ESSENheißt der Blog, in dem ich seit zehn Jahren jeden Monat mindestens ein Gasthaus vorstelle. Wichtiges Auswahlkriterium: Herkunft der Produkte.


von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de

Internet: www.lauber-methode.de

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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