„Genuss-Apotheke“: Aromeneleganz

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© Hans Lauber
„Genuss-Apotheke“: Aromeneleganz

Das Echt essen-Gasthaus im September: Wer in Bad Säckingen die eleganten Gerichte genießt, braucht keine Apotheke.

Meine erste EchtEssen-Geschichte war im August 2009 der Küche von Raimar Pilz in Bad Säckingen gewidmet. Schon damals war ich begeistert, wie dieser ewig jugendlich wirkende Koch meist nur ein Produkt aromenstark und ästhetisch höchst ansprechend inszeniert – und zwar so, dass die Viktualien möglichst natürlich belassen werden, was der Bekömmlichkeit und der Gesundheit dient. Damals kochte er mit Annett Ronneberger, die den Service leitet, in der von der „Genuss-Apotheke“ nur wenige Meter entfernten „Fuchshöhle“.

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Meer mit See vermählt: Auster und Forelleneier

Zur Einstimmung in das 6-gängige Menü für 155 Euro haben drei kleine Miniaturen ihren großen Auftritt: Ein Waldpilztrüffel mit Karottenchips, eine Entenleber mit Kürbiskrokant und mein persönliches Highlight: Eine leicht pochierte Auster, herzhaft begleitet von Kimchicéme, Forelleneiern und gekrönt von einem hocharomatischen Schaum.

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Gesamtkunstwerk: Blau changierende Keramik, gelber Sud, roter Thunfisch

Ausgefallene Gewürze liebt Raimar Pilz über alles. Für mein Buch „Schönkost“ hatte er einmal ein ganzes Menü mit Vanille entwickelt. Bei meinem jüngsten Besuch in der Genuss-Apotheke (mindestens einmal pro Jahr bin ich da) gab es einen Sud aus Genmaicha, das ist eine Grüntee-Spezialität mit gerösteten Reiskörnern, was selbst ich als Grüntee-Fan nicht kannte. Farben- und geschmacksatt umhüllt der Sud feinsten rohen Thunfischbauch, der auf einem Sockel von eingelegtem Rettich thront – und von Imperialkaviar gekrönt wird. Und über allem wacht ein frisches Blatt von der Kapuzinerkresse. Ein gesunder Genusstraum!

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Ein wenig Mimikry: Kalbskopf

Der kreative Küchenhandwerker verblüfft gerne mit Erwartungshaltungen. So nennt er in seinem Menüplan, den es gottlob bereits vor dem Essen zu lesen gibt, ein Gericht „Kalbskopf“, was deftige Assoziationen auslöst. Und was kommt? Ein Fumet, also eine stark reduzierte Brühe vom grünen Lauch, plus einem Jus von Sellerieschalen und natürlich ein Konzentrat vom Kalbskopf. Den raffinierten Pfiff verleiht dem aromatischen Meisterwerk „Vadouvan“, eine indische Gewürzmischung, in der sich gerne Samen vom Bockshornklee, Fenchel, Kreuzkümmel, ein Stelldichein geben, mit Vorliebe begleitet von Senfsaat, Knoblauch und Zwiebeln. Als wäre das nicht schon Intensität genug, begeistert auch noch ein elegantes Lauchöl, welches erfreulicherweise in einem Kännchen gereicht wird. Viele Worte für ein Gericht, das sich auch viel einfacher beschreiben ließe: „Genial“.

Vervollkommnet wird das Glück von einem leichtfüßig intensiven Grünen Veltliner vom Wiener Spitzenweingut Wieninger für 56 Euro.

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Fett, wie kannst du schlotzig schmecken! Eifellamm

Wie ein gut gelauntes gastronomisches Seminar gestaltet sich ein Abend in der „Genuss-Apotheke“. Da wird zum perfekt auf den optimalen Punkt gegarten Eifellamm als Beilage „Yuzu Koshu“ gereicht, also eine Melange aus der asiatischen Zitronenfrucht Yuzu und der in Japan kultivierten Weißweinsorte Koshu. Aber selbstredend darf auch ein Lammjus nicht fehlen und zum saftig-schmelzigen Fett feuern fermentierte Pfefferkörner eine dezente Schärfe. Ach ja, irgendwo ist auch noch eine hocharomatische Scheibe von schwarzer Polenta, die wir doch glatt für Blutwurst gehalten hätten.

Kaum zu glauben, dass diese Zauberstücke aus der überschaubar großen offenen Küche stammen, wo der Meister derzeit allein am Herd steht – und ohne Hast und Hektik rund 20 Couverts schickt, wozu auf Vorbestellung auch eine exzellente vegetarische Variation gehört. Ich weiß, ich gerate ins Schwärmen, aber es ist wirklich beeindruckend.

© Hans Lauber
Wildes kulinarisch gezähmt: Rehbock

Aus dem nahen Schwarzwald stammt der Rehbock, der Sou vide vorgegart und anschließend klassisch auf den saftigen Punkt gebraten wird. Eine Rauchzwiebelcreme und Blumenkohlbutter begleiten kraftvoll den Hirsch – und die hochintensiven Trüffelscheiben sind eine Wucht. Das ist große französische Küchenkunst, gepaart mit badischer Leichtigkeit des Seins.

Wo ich es bekommen kann, esse ich Wild, denn „Wildes prunkt mit vitalen Aminosäuren. Eine davon ist Taurin, ein Eiweißbaustoff der hilft, Fett besser zu verbrennen, Alkohol besser abzubauen und den Blutzucker zu senken“. Woher ich das weiß? Steht in meinem Buch „Schönkost“.

Aus der wohl sortierten Weinkarte wählen wir einen der besten Begleiter für Wild, einen Cornalin aus dem Wallis. Ein tiefgründig roter Tropfen, der in Deutschland extrem selten angeboten wird.

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Ein Kelch Buntes: Sommertraum

Wunderbar hält der Spannungsbogen auch beim Käse und dem Dessert. Vom Elsässer Käsemagier Maitre Anthony wird ein feiner Ziegenkäse serviert, dem Kürbiskerne und das daraus gewonnene Öl ein standesgemäßes Geleit verleihen.

„Sommer im Glas“ heißt das luftige Dessert. Nicht zu süßes Eis und ein Crunch aus Johannisbeerholz erfreuen den Gaumen – und das neckische Blattwerk ist wahrscheinlich Blanc manger, eine Süßspeise aus Mandeln, Zucker und Gelatine. Angenehmer Abschluss eines angenehmen Abends.

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Glückliche Gastgeber: Raimar Pilz, Annett Ronneberger

Aromenstark, trotzdem federleicht und bekömmlich ist die Küche von Raimar Pilz. Eine Küche, die nicht „laut“ ist, genau so wie ihr Schöpfer. Wer sich in sie hineinversenkt, dem schenkt sie ungeahnte Geschmacksnuancen. Eine Wohlfühlküche in einer Wohlfühlatmosphäre. Denn Annett Ronneberger leitet den Service als Sommeliere umsichtig und taktvoll – und wie das Foto zeigt, sind es glückliche Gastgeber.

Alles Bestens also? Nicht ganz, denn Säckingen liegt am Hochrhein, eher kulinarisches Ödland. Säckinger sind hier selten zu sehen, dafür viele Schweizer und Leute aus dem Genuss-gesegneten Markgräferland. Weshalb es sehr sinnvoll wäre, wenn über der „Genuss-Apotheke“ bald der schon lange höchst verdiente zweite Michelin-Stern leuchten würde – was erfahrungsgemäß auch überregionales Publikum lockt.

„Genuss-Apotheke“, Mittwoch bis Samstag ab 18 Uhr 30. http://www.genuss-apotheke.de

Tipp: Wenige Gehminuten durch die schöne Altstadt entfernt liegt direkt am Rhein das angenehme Privathotel „Goldener Knopf“, von dem viele Zimmer einen prächtigen Blick auf den Fluss und die längste gedeckte Holzbrücke Europas bieten. Wertiges Frühstück-Büffet.

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Das Privathotel „Goldener Knopf“, von dem viele Zimmer einen prächtigen Blick auf den Fluss und die längste gedeckte Holzbrücke Europas bieten


ECHT ESSENheißt der Blog, in dem ich seit zehn Jahren jeden Monat mindestens ein Gasthaus vorstelle. Wichtiges Auswahlkriterium: Herkunft der Produkte.


von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de

Internet: www.lauber-methode.de

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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