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Das Echt essen-Gasthaus im April: Eine unverfälschte französische Landküche bietet die ehemalige Druckerei im gutbürgerlichen Kölner Stadtteil Bayenthal. Ein Restaurant, das polarisiert
Seit weit über 20 Jahren besuche ich nahe meiner Wohnung die „L´Imprimerie“. Seit der Zeit polarisiert das Bistroartige Gasthaus, das gegründet wurde von dem einzigartigen Pariser Wirt Gilles Berthier und seiner deutschen Frau Sylvia Jutrin. Von Anfang dabei ist auch der aus Sizilien stammende Koch Massimo Toplicar. Nicht zu vergessen der ungemein flinke Servicechef Alain, inzwischen der einzige Franzose in dieser französischen Institution in Köln.
„Isch liebe meine Gäste“ behauptete der vor zwei Jahren gestorbene Gilles schon einmal ironisch – und platzierte die Leute nach einem undurchschaubaren System an einem der wackligen Tische mit ihren genauso wackligen Stühlen. Keine Frage, das ist kein gewöhnliches Lokal, sondern eines, das die Menschen entweder lieben oder hassen. Wir gehören zu den Liebhabern und waren sicher schon einige hundert Mal da – vor allem wegen den sensationell frischen Meeresfischen.
Meeresfisch ist auch immer eines der drei Hauptgerichte, die Dienstag, Mittwoch und Freitag Mittag zur Auswahl stehen – und das zu einem sehr fairen Preis. Ein Gedicht ist auch immer das frische, luftige Brot, das speziell für dieses Gasthaus fabriziert wird. Aber nicht zu viel davon essen, denn die Portionen sind sättigend. Abends ist die Auswahl größer, alles ist etwas teurer – und wir nehmen meistens gegrillten Fisch, sehr gerne den Glattbutt mit Gemüse für rund 40 Euro. Und gerne natürlich die topfrischen Austern, die hier vorbildlich auf Eis serviert werden.
Absolut empfehlenswert der Vorspeisensalat: Rote und gelbe Bete, frischester Feldsalat und Meerrettichstreifen plus bestes Olivenöl. Das Gericht bringt die Küchenphilosophie wunderbar auf den Punkt: Beste Produkte unverfälscht zubereitet. Ideal dazu der gereichte Wein, ein trockener Franzose. Ein guter Start des Menüs.
Donnerwetter, was für ein Gang: Ein perfekt gebratener Rochenflügel, nicht zu harte, nicht zu weiche Linsen – und flüssige, heiße Butter. Erst war ich skeptisch ob der Butter, dann genoss ich auch noch den letzten Tropfen, so süchtig machend schmeckt diese scheinbar schlichte Kombination. Es ist auch diese deftig-raffinierte Küche, die dem Gasthaus eine Top-Kundschaft aus Geschäftsleuten und Showbusiness beschert. Es sind auch diese wenigstens hier unprätentiösen Schönen und Reichen, die den Charme der „L´Imprimerie“ ausmachen.
Auch wenn ich beim „Franzosen“ meistens Fisch esse, sind auch die Fleischgerichte von exzellenter Qualität. So etwa neulich die Entenbrust mit geschmortem Wirsing und Rosmarin. Zart und dennoch kräftig nach Ente schmeckend das Fleisch, kurz vor dem Verbrennen der Kohl. Dazu ein wenig kräftiger Jus, ein paar rosa Pfefferkörner, mehr braucht es nicht für ein stimmiges Wohlgefühl. Was hier auch immer (und sonst nur in türkischen Lokalen) mal wieder serviert wird: Tripes, also Kutteln. Viele bestellen das nicht, aber ich liebe diese Innereien.
Den aus Italien stammenden Koch Massimo Toplicar bewundere ich ob seiner Ruhe. Ist die Bude noch so voll, er lässt sich in seiner offenen Küche nicht aus dem Konzept bringen, zieht sein Konzept mit großer Gelassenheit durch. Dafür sind die servierten Speisen frisch und auf den Punkt zubereitet. Gut, es dauert halt manchmal etwas länger, aber dafür gibt es Kölsch vom Fass, französische Weine; die in einem Blechkübel serviert werden. Und natürlich Mineralwasser aus Frankreich.
Sehr zu empfehlen ist das „Kaffeegedeck“ für 7,90 Euro. Denn das beinhaltet nicht nur einen ordentlichen französischen Kaffee, sondern auch ein schlichtes Dessert, wie etwa die köstliche Birne Helene. Im Paris des 19. Jahrhunderts wurde der fruchtig-schokoladige Klassiker kreiert, der auf die Operette „La belle Hélène“ zurückgeht. La vie est belle!
Hier passt nichts – und trotzdem ist alles stimmig: Das zusammengewürfelte Mobiliar, die frühere Fabrikatmosphäre, die auf den Punkt flotte Bedienung, die ungekünstelte Küche mit ihrem Fokus auf meeresfrischen Wildfang, ein Erbe des Fischkenners Gilles Berthier, mit dem ich oft über die Zukunft der Fischerei gesprochen habe. Eine besondere Erwähnung verdient der wunderbare Garten im Sommer, bei dem auch etwas wild wachsen darf. Hier ist halt alles etwas anders.
Fazit: Wer Wert auf eine authentische französische Küche und einen toughen Service legt, fühlt sich hier wohl. Wer Wert auf Gediegenheit legt, ist fehl am Platz.
Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Freitag mittags und abends offen. Am Samstag ab 18 Uhr 30.
Kontakt: 0221 34 81 301 www.limprimerie-restaurant.de
Keine Kreditkarten
ECHT ESSEN heißt der Blog, in dem ich seit zehn Jahren jeden Monat mindestens ein Gasthaus vorstelle. Wichtiges Auswahlkriterium: Herkunft der Produkte.
von Hans Lauber
E-Mail: aktiv@lauber-methode.de
Internet: www.lauber-methode.de
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