- Aus der Community
40 Jahre Wartezimmer – Teil 2
4 Minuten
Hallo Leute,
in dem ersten Teil meines Artikels über Wartezimmer habe ich die 70er, 80er und 90er Jahre und meine Eindrücke beschrieben. Aber meine Wartezimmer-Erfahrungen haben sich natürlich in diesem Jahrtausend fortgesetzt, so dass ich heute das erste und zweite Jahrzehnt dieses Jahrtausends aufgreife. Es hat sich viel getan.
Das neue Jahrtausend, die ersten zehn Jahre: Modern Times. Der Trend der 90er Jahre setzte sich fort.
Die Wartezimmer waren zumeist in Weiß gehalten, klar und übersichtlich mit der Tendenz, wie ein Krankenhaus auszusehen. Es war nichts Überflüssiges mehr vorhanden. Die Ausstattung und das Design waren solide, aber kostenoptimiert. Die Praxen wiesen viele Räume auf und so entstand aus manch einer Einzelpraxis eine Gemeinschaftspraxis. Kleine Ein-Mann-Praxen wurden selten.
Es wurde nun mehr Wert auf die diabetischen Füße gelegt. Für mich eine Konsequenz aus der St.-Vincent-Deklaration gut 10 Jahre zuvor. In Vertragspraxen der AOK wurde ein Behandlungszimmer mit Fußstühlen eingerichtet. Dort konnten dann offene Beine eingehender behandelt werden.
Es kam der Trend auf, Fragebögen in den Wartebereichen auszulegen, die von den Patienten ausgefüllt werden konnten. Diese Fragebögen führten auch zu Ergebnissen. So wurden zahlreiche Wartezimmer mit Fernsehern ausgestattet. Man konnte in dem ein oder anderen Wartezimmer Mr. Bean sehen oder einen Film über die Natur. Das Film-Angebot hielt sich jedoch im überschaubaren, bescheidenen Rahmen. Ich möchte es mal als doch langweilig einstufen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass für solche öffentlichen Vorführungen gesonderte Gebühren von der GEMA erhoben werden und das Budget für Fernseher in den Praxen wohl klein war. In der Regel war der Fernseher eh ausgeschaltet. Er ist schnell wieder aus der Mode gekommen und wurde vom Fortschritt überrollt.
Das neue Jahrtausend – das zweite Jahrzehnt
Heute ist der Fernseher in den Wartezimmern out of time. Er ist nicht mehr zeitgemäß. Zum Warten habe ich, wie fast jeder Patient, mein Smartphone. Da viele Smartphone-Verträge eine Begrenzung des zu übertragenden Datenvolumens und der Übertragungsgeschwindigkeit aufweisen, ist ein neuer Trend entstanden. Es werden Hotspots in dem Wartezimmer eingerichtet. So kann ich mich in dem ein oder anderen Wartezimmer über WLAN einwählen. Vor den Behandlungstüren hängen nun Spender mit Desinfektionsmitteln. Diese Hygienemaßnahme verhindert die Ausbreitung von Viren und Bakterien.
Aus den Gemeinschaftspraxen wurden große Ärztezentren mit vielen Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen. Neubauten entstanden und entstehen, die zum Teil das Ausmaß eines kleinen Krankenhauses annehmen. Ob Diabetes oder orthopädische Operationen. Es ist nun alles in einem Haus. Es gibt viele Wartebereiche und kleinere Drei-Stühle-Warteinseln vor jedem Behandlungszimmer.
Von JAVA gelernt
Der ein oder andere von Euch kennt bestimmt die Programmiersprache JAVA. Sie wurde in den 90ern entwickelt und hat um die Jahrtausendwende zu einem EDV-Boom geführt. Aber nicht allein die Programmiersprache JAVA hat den Boom ausgelöst. Es waren vier Herren, die sich dann liebevoll Gang of Four genannt haben, die ganz unbemerkt die Welt aus den Angeln hoben. So wurden ganz unbewusst auch das Gesundheitswesen und die Arztpraxen revolutioniert. Software besteht aus sehr komplexen Abläufen. Um die Abläufe vor der Erstellung erst einmal zu verstehen und zu notieren, hat die Gang of Four eine Beschreibungsmöglichkeit gefunden, eine Modeling Language – UML. Mit Diagrammen ist es nun möglich, komplexe Abläufe aus vielen Blickwinkeln zu erfassen und darzustellen. Zur Software-Entwicklung erfunden, aber für die Welt gemacht. Nicht nur Software besteht aus komplexen Abläufen. Das ganze Leben besteht aus solchen Routinen und so haben sich die Wirtschaft und viele Unternehmen dieser Methode bedient, um Zusammenhänge und interne Abläufe zu verstehen und zu optimieren. Und ja, auch das Gesundheitswesen nutzt diese Sicht. Alle Abläufe können so erfasst strukturiert und optimiert werden. Gesundheitsprogramme, DMPs, wurden für unterschiedliche Krankheitsbilder aufgelegt. Die Behandlung kann strukturiert werden und dazu passend auch die Arztpraxen und deren Abläufe.
Bei dem Neubau eines Arztzentrums werden die dort vorgesehenen Behandlungsabläufe realisiert. Vor dem Bau eines Zentrums werden erst einmal alle dort stattfindenden Behandlungen aus der Sicht des Patienten, der Ärzte und Angestellten sowie der Krankenkassen durchgespielt. Dies kann sehr gut mit dem De-facto-Standard UML gemacht werden. So optimiert wird das Zentrum dann gebaut und wir Patienten werden von einer Station zur anderen geführt.
Die kleinen Drei-Stuhl-Sitzgruppen haben ihre Herkunft auch aus der Informatik, dort bekannt als Cache-Speicher (Puffer-Speicher) zur Steigerung des Durchsatzes an jeder Bearbeitungsstation.
Aber ein so neu strukturiertes Zentrum ist gewöhnungsbedürftig, und es dauert ein wenig, bis alle Abläufe eingespielt sind. Als ich mich das erste Mal in einem solchen neu entstandenen Zentrum behandeln ließ, habe ich nur sehr kurz gewartet. Zügig landete ich in einem Behandlungszimmer. Dort sollte die klassische diabetologische Untersuchung, Beine, Nerven und Herz, gemacht werden. Ich machte, wie gewünscht, meinen Körper frei und wartete. Ich wartete und wartete. Nach einer halben Stunde schaute ein Arzt herein, stellte fest, dass das Zimmer wohl belegt sei, und verschwand wieder. Nach einer dreiviertel Stunde dann hatte ich die Idee. Ich rief mit meinem Handy im Empfang an und fragte mal nach. Okay, es bedurfte einiger Erklärungsanläufe von mir, bis ich verstanden wurde. Es scheint nicht häufig vorzukommen, dass der Patient vor Ort anruft. Aber dann war schnell der behandelnde Arzt bei mir. Er hatte mich gesucht, nicht gefunden und dachte, ich sei nicht gekommen. Aber schon beim nächsten Besuch waren die kleinen Ablauffehler behoben.
Soweit meine Erlebnisse in Wartezimmern und Arztpraxen aus jetzt fast 42 Jahren Diabetes. Ich bin gespannt, was mich als Patient in Zukunft erwartet.
Viele Grüße Euer
Thomas
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 6 Tagen, 8 Stunden
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 1 Woche, 5 Tagen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 6 Tagen, 3 Stunden
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig