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Jung, groß, schlank, sportlich … und Bluthochdruck?! Selbst Kinder und Jugendliche können schon Bluthochdruck haben – nach Schätzungen der Deutschen Hochdruckliga sind daran etwa 700 000 Kinder in Deutschland erkrankt – und es sind nicht immer nur die Übergewichtigen!
Deswegen sucht er seinen Hausarzt auf: Dieser misst zum ersten Mal wieder seit Jahren den Blutdruck bei Herrn Müller: Im Liegen ergibt sich am linken Arm ein Druck von 210/110 mmHg! Eine Kontrolle am rechten Arm bestätigt die Werte.
Herr Müller ist schlank, raucht nicht und regt sich auch nicht so schnell über etwas auf. So verschreibt der Hausarzt ihm neue Medikamente, die er regelmäßig einnehmen soll. Er erhält auch ein Blutdruckmessgerät zum Selbstmessen. Schon nach 2 Wochen sind seine Blutdruckwerte wieder im akzeptablen (aber noch nicht guten) Bereich: im Liegen 160/90 mmHg.
Generell haben jüngere Menschen einen niedrigeren Blutdruck als ältere – der Druck steigt etwas mit dem Alter und der Körpergröße. Bei Kindern wird momentan noch nicht berücksichtigt, ob nur der obere (systolische) oder nur der untere (diastolische) Blutdruck oder beide Werte erhöht sind. Bei Erwachsenen kennt man dagegen auch die “isolierte systolische Hypertonie”: Dabei ist nur der obere Blutdruckwert erhöht. Diese isolierte systolische Hypertonie kommt bei Menschen über 65 Jahre vergleichsweise häufig vor.
Das liegt vor allem an der zunehmenden Steifigkeit großer Arterien, die an Elastizität durch Einlagerung von Kalk, Fett und Bindegewebe in die Gefäßwände verloren haben. So steigt vor allem der “zentrale Blutdruck”, das ist der Druck direkt hinter dem Herzen in den großen Blutgefäßen wie der Aorta (Hauptschlagader). Bei Erwachsenen ist die isolierte systolische Hypertonie genauso gefährlich wie ein Bluthochdruck, bei dem beide Werte erhöht sind.
Der zentrale Blutdruck direkt am Abgang der Hauptschlagader vom Herzen kann nur mittels einer speziellen Technik, der Pulswellen-Analyse, am Arm gemessen werden. Bei gesunden Menschen ist der systolische Blutdruck nicht am Arm oder Handgelenk, sondern “zentral” gemessen am niedrigsten.
Klassifikation des Blutdrucks | (Werte in mmHG) | ||||
systolisch | diastolisch | ||||
optimal | < 120 | und | < 80 | ||
normal (normoton) | 120 – 129 | und/oder | 80 – 84 | ||
hochnormal | 130 – 139 | und/oder | 85 – 89 | ||
milde Hypertonie (Schweregrad 1) | 140 – 159 | und/oder | 90 – 99 | ||
mittelschwere Hypertonie (Schweregrad 2) | 160 – 179 | und/oder | 100 – 109 | ||
schwere Hypertonie (Schweregrad 3) | ≥ 180 | und/oder | ≥ 110 | ||
isolierte systolische Hypertonie | ≥ 140 | und | < 90 | ||
modifiziert nach ESH/ESC 2013 |
Durch zunehmendes Alter, aber auch Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und mangelnde Bewegung kann es zu einer Erhöhung des zentralen Blutdrucks wegen einer Versteifung der Gefäße kommen. Hier könnte man das biologische Alter ablesen – ob jemand jung geblieben oder schon früh verkalkt ist. Eine Zunahme des zentralen Blutdrucks bedeutet aber immer auch eine Zunahme der Arbeit, die das Herz gegen diesen erhöhten Blutdruck in den Blutgefäßen leisten muss!
Im Rahmen eines Kongresses in den USA wurde von Prof. Robert H. Schneider, Direktor des Institute for Natural Medicine and Prevention, aufgezeigt, dass z. B. transzendentale Meditation nicht nur hilft, den systolischen Blutdruck um durchschnittlich 5 mmHg zu senken, sondern sich dadurch sogar das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich reduziert – und zwar um 45 Prozent.
generell | < 140/90 mmHG | |
Menschen mit Diabetes | < 140/< 90 mmHG | |
„gebrechliche“ Ältere Menschen und Menschen über 80 Jahre | 140 - 150 mmHG systolisch | |
Niereninsuffiziens | < 130 mmHG systolisch | |
bei Eiweißausscheidung im Urin (Proteinurie) über 1g/Tag | < 130 mmHG systolisch | |
modifiziert nach ESH/ESC 2013 |
Selbst sehr konservative Schulmediziner kommen zu dem Schluss, dass z. B. Yoga zu den im weitesten Sinne unterstützenden Maßnahmen einer Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählt (neben der medikamentösen Therapie). Dass der Blutdruck über das Beeinflussen der Psyche durch Anti-Stress-Techniken gesenkt werden kann, ist glücklicherweise schon länger allseits bekannt.
In der medikamentösen Therapie werden aktuell meist 4 Substanzklassen, die ABCD-Substanzen bzw. -Gruppen maximal miteinander kombiniert:
ACE-Hemmer und AT1-Blocker (Sartane) sollten bei der Behandlung des Bluthochdrucks nicht miteinander kombiniert werden, weil das gehäuft zu Komplikationen führt! Viele Hypertoniker haben weitere Erkrankungen und nehmen deshalb oft weitere Medikamente ein wie Diabetesmedikamente, Medikamente gegen Asthma/COPD, Fettstoffwechselstörungen.
Deren Zusammenwirken bzw. “Nichtpassen” muss immer berücksichtigt werden. Die Nebenwirkungen müssen also ganz besonders von Anfang an beachtet werden; dazu gehören niedriger oder hoher Puls. Betablocker werden häufig bei Bluthochdruck und gleichzeitigen Herzrhythmusstörungen und/oder einer koronaren Herzkrankheit (Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße) angewendet.
Durch Stürze – besonders bei sehr alten (geriatrischen) Patienten – ist häufig deren Eigenständigkeit stark gefährdet. Nach Studien haben bis zu 50 Prozent aller geriatrischen Patienten mindestens 1 x/Jahr einen schweren Sturz. In der Hälfte der Fälle ist eine Verletzung die Folge, in 15 Prozent ein schwerwiegender Knochenbruch oder eine Gehirnschädigung.
Die Häufigkeit der Hypertonie nimmt mit dem Alter zu – und damit auch die Notwendigkeit der Therapie. Im Alter von mehr als 65 Jahren leiden 50 Prozent an einer Hypertonie. In einer Studie des American College of Cardiology von 2011 wurden Nebeneffekte der Behandlung berücksichtigt – sie zeigt auch den Zusammenhang von blutdrucksenkender Therapie und dem erhöhten Auftreten von Stürzen bei geriatrischen Patienten!
Ursachen solcher Stürze sind:
Zunächst muss der Blutdruck regelmäßig und zu verschiedenen Tageszeiten – am besten in Ruhe, manchmal auch unter Belastung (z. B. beim Belastungs-EKG) gemessen werden. Die Selbstmessung, wenn möglich, ist dabei sehr sinnvoll und nützlich. Wenn dies nicht geht, sollte der Blutdruck aber öfter beim Hausarzt oder z. B. durch einen Pflegedienst oder Angehörige gemessen werden. Studien zeigen, dass sich auch im hohen Alter eine konsequente Blutdruckeinstellung lohnt.
Bluthochdruck ist eine Erkrankung und nicht nur eine Befindlichkeitsstörung. Denn ein über Jahre unbehandelter Bluthochdruck kann z. B. zu einem Schlaganfall, einer Herzschwäche oder auch zu Vorhofflimmern im Herzen führen und so lebensgefährlich sein. Auch alte Menschen – dick oder dünn – profitieren von einer konsequenten Blutdruckbehandlung.
Autor:
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (9) Seite 26-28
5 Minuten
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