Die COVID-19-Pandemie hat unsere Gesellschaft derzeit fest im Griff. Da bestimmte Gruppen von Menschen mit Diabetes zur Risikogruppe für schwerere Krankheitsverläufe gehören, sollten sie aktuell besonders wachsam sein und sich vor einer Infektion schützen. Wir haben deshalb die Hinweise und Ratschläge von medizinischen Fachgesellschaften, Institutionen und Behörden dazu für Sie zusammengetragen.
Da es bei (chronischen) Grunderkrankungen zu schwereren Verläufen von COVID-19-Erkrankungen kommen kann, empfiehlt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), dass Menschen mit Diabetes besonders auf die generelle Einhaltung der Infektionsschutz-Maßnahmen (siehe Liste weiter unten) achten sollten, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Dies gilt – wie auch bei bei der herkömmlichen Grippe (Influenza) – vor allem für Diabetespatienten im höheren Alter sowie für jene mit einer instabilen Blutzuckereinstellung und/oder mit Folgeerkrankungen.
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Bei Diabetes ist für den Krankheitsverlauf bei Infektionen ganz allgemein eine gute Blutzuckereinstellung hilfreich. „Auch im Falle einer Infektion mit dem bislang noch wenig erforschten Coronavirus SARS-CoV-2 gehen wir – analog zur Influenza – davon aus, dass man mit einem ausgeglichenen Stoffwechsel das Risiko für Komplikationen reduzieren kann“, betont Prof. Dr. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG. Der allgemein empfohlene HbA1c-Zielbereich liegt bei 6,5 bis 7,5 Prozent, zudem sollten häufige Schwankungen des Glukosespiegels (starke Unter- und/oder Überzuckerungen) vermieden werden.
„Da die Viruserkrankung in den meisten Fällen mild verläuft, sehen wir bislang auch für Menschen mit Diabetes nicht mehr Gefahr als bei einem herkömmlichen Grippevirus“, erklärt DDG-Präsidentin Prof. Dr. Monika Kellerer, „auch hier empfehlen wir die allgemeine vom RKI empfohlene Vorsorge, die auch für die Influenza gilt.“ Die DDG und die Gesamtorganisation diabetesDE empfehlen regelmäßig, dass Menschen mit Diabetes sich jährlich einer Grippe-Impfung unterziehen.
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„Haben Diabetespatienten Begleit- und Folgeerkrankungen wie Herzkreislaufprobleme oder Organschäden, sollten sie aktuell jedoch besonders achtsam sein“, warnt Prof. Gallwitz, da sie durch ihr geschwächtes Immunsystem und eventuell bereits bestehende Infektionen ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben.
Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben:
- Personen ab 50 bis 60 Jahren und älter (mit steigendem Alter erhöht sich das Risiko stetig),
- Personen (unabhängig vom Alter) mit einer bestehenden Grunderkrankung (z.B. Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Atmungssystems, der Leber und der Niere sowie Krebserkrankungen),
- Patienten mit unterdrücktem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht, oder wegen der Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr unterdrücken, wie z.B. Cortison).
Ein zusätzlich erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf besteht, wenn mehrere Risikofaktoren vorliegen, also
- für Menschen, die mehrere Grunderkrankungen haben (Multimorbidität),
- für ältere Menschen mit vorbestehenden Grunderkrankungen.
Quelle: Robert Koch-InstitutDie Kurve abflachen – sich und andere schützen!
„In der jetzigen Situation geht es darum, insbesondere Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe zu schützen“, betont auch Prof. Gérard Krause, Leiter der Abteilung für Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI).
Die allgemeinen Ratschläge zur Vermeidung von Infektionen lauten:
- zu Hause bleiben, wann immer dies möglich ist, die Wohnung/Zimmer dabei regelmäßig lüften
- möglichst nur für Versorgungsgänge rausgehen und dabei einen Abstand von 1 bis 2 Metern zu anderen Personen halten
- private Kontakte auf das Notwendigste reduzieren bzw. Möglichkeiten ohne direkten/persönlichen Kontakt nutzen (Telefon, Internet etc.)
- enge Begrüßungsrituale vermeiden (Küsschen, Händeschütteln, Umarmung)
- häufiges, gründliches Händewaschen mit Seife
- sich nicht ins Gesicht fassen, vor allem nicht, wenn vorher möglicherweise kontaminierte Oberflächen angefasst wurden
- Husten- und Niesetikette einhalten, also vom Gegenüber wegdrehen und in die Armbeuge husten oder niesen
- Umgang mit Erkrankten im Haushalt festlegen (Schlafen und Aufenthalt in getrennten Zimmern; Mahlzeiten getrennt einnehmen; räumliche Trennung von Geschwisterkindern)
Quelle: Robert Koch-InstitutProf. Krause appelliert aber auch an Menschen ohne erhöhtes Risiko, sich vor einer Infektion zu schützen, um „weiterhin auf eine Verlangsamung der Epidemie hinzuwirken. Diese Verlangsamung hat das Ziel, die auftretenden Erkrankungen über einen längeren Zeitraum zu strecken und auf diese Weise die Betroffenen besser versorgen zu können. Dies hilft indirekt auch den Menschen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe aufweisen.“
Video: Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen zum neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2
Quelle: Youtube-Kanal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)Im Erkrankungs- oder Quarantänefall: So sind Sie gut vorbereitet!
Die gemeinnützige Organisation
diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe rät Menschen mit Diabetes zudem dazu, sich gut auf die jetzige Situation einzustellen bzw. sich auch bereits vorab darüber Gedanken machen, wie sie im Falle eines Infektionsverdachts oder einer häuslichen Quarantäne vorgehen (Quarantäne wird dann von den Behörden angeordnet, wenn man innerhalb der letzten 14 Tage in einem
Risikogebiet war oder wenn Kontakt zu einem COVID-19-Erkrankten bestand).
Vorkehrungsmaßnahmen für Menschen mit Diabetes:
- Erstellen Sie eine Liste der wichtigsten Telefonnummern (Hausarzt/Kinderarzt, Diabetologe, Gesundheitsamt Ihrer Stadt oder Ihres Landkreises). Die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes lautet 116 117 (deutschlandweit, ohne Vorwahl, kostenlos im Festnetz und per Handy).
- Wenn Sie während einer Quarantäne Symptome wie Fieber, Husten, Kurzatmigkeit, Müdigkeit und Muskelschmerzen bemerken, kontaktieren Sie Ihren Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Teilen Sie Ihrem Gesprächspartner mit, dass Sie an Diabetes erkrankt sind. WICHTIG: Fahren Sie nicht direkt in die Arztpraxis oder das Krankenhaus, sondern nehmen Sie vorher telefonisch Kontakt auf.
- Stellen Sie eine Liste der Medikamente und der jeweiligen Dosis zusammen, die Sie regelmäßig einnehmen oder spritzen.
- Überprüfen Sie, ob Sie hinreichend Medikamente und Hilfsmittel wie Teststreifen, Sensoren oder auch Desinfektionsmittel im Haus haben, und bestellen Sie rechtzeitig nach. Größere Vorräte anzulegen, ist nicht notwendig, aber lassen Sie es nicht darauf ankommen, Dinge erst im letzten Moment zu besorgen. Bedenken Sie auch, dass mal ein technisches Hilfsmittel nicht funktionieren kann, so dass es gut ist, Messgeräte oder Pens als Backup-Lösung bereitzuhalten. Bedenken Sie, dass eine Infektion den Glukose-Haushalt durcheinanderbringen kann, so dass Sie möglicherweise mehr Insulin brauchen als üblich.
- Legen Sie Ihre Krankenkassenkarte und den Gesundheitspass Diabetes sowie Ihr Diabetes-Tagebuch bereit.
- Wenn Ihre Diabetes-Therapie Unterzuckerungen hervorrufen kann, dann stellen Sie sicher, dass Sie ausreichend schnelle Kohlenhydrate wie Traubenzucker, Saft oder Gummibärchen im Haus haben.
Was mit dem Diabetologen/dem Diabetes-Team zu besprechen ist:
- Klären Sie vorher ab, in welchen Fällen Sie Ihren Hausarzt bzw. Diabetologen kontaktieren sollten (Ketone, Veränderungen in der Nahrungsaufnahme, Anpassung der Medikation).
- Besprechen Sie, ob Sie während der Quarantäne oder im Falle einer Infektion häufiger den Blutzucker messen sollten.
- Fragen Sie, in welchen Fällen Sie Ketone messen sollten und was im Falle erhöhter Ketonwerte zu tun ist.
- Stimmen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Diabetologen ab, ob es Wechselwirkungen gibt zwischen den Medikamenten, die Sie regelmäßig für Ihren Diabetes einnehmen, und Medikamenten gegen Infektionen oder Viruserkrankungen.
- Legen Sie mit Ihrem Diabetes-Team gemeinsam fest, ob Sie im Krankheitsfall Ihre Diabetestherapie verändern sollten.
Suchen Sie sich Helfer für den Alltag:
- Versuchen Sie, jemanden zu finden, der für Sie einkaufen geht. Bitten Sie Verwandte, Nachbarn oder Freunde um ihre Hilfe. Unterstützung bieten ggf. auch die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk oder ehrenamtliche Helfer in der Gemeinde an.
- WICHTIG: Wenn ein begründeter Verdacht auf eine Infektion mit dem neuen Coronavirus vorliegt, sollten Ihre Helfer die Einkäufe vor Ihrer Tür abstellen und nicht Ihre Wohnung betreten. Sie sollten auch kein Bargeld übergeben, denn auch so kann eine Ansteckung weitergegeben werden. Überweisen Sie das Geld an Ihre Helfer oder warten Sie bis nach der Quarantäne mit der Bezahlung.
- Alternativ können Sie auch die Lieferangebote der Supermärkte vor Ort nutzen, wenn ein derartiger Service in Ihrer Region angeboten wird. In diesem Fall bezahlen Sie gleich online bei der Bestellung. Natürlich sollte auch diese Lieferung vor Ihrer Wohnungstür abgestellt werden.
- Wenn Sie wegen Ihres Diabetes oder einer anderen bestehenden Erkrankung dringend Medikamente oder eine ärztliche Behandlung brauchen, kontaktieren Sie Ihren Hausarzt oder Diabetologen. Sagen Sie, was Sie benötigen, und dass Sie unter Quarantäne stehen.
- Eine Quarantäne kann zu psychosozialen Belastungen wie Ängsten, Einsamkeit oder Schlafstörungen führen. Auch wenn Sie keinen direkten Kontakt zu anderen Menschen außerhalb Ihrer Wohnung haben dürfen, können Sie doch über Telefon oder Internet in Kontakt bleiben. Nutzen Sie telefonische Hilfsangebote wie die Telefonseelsorge (116 123) oder die regionalen Krisendienste. Versuchen Sie, auch in häuslicher Quarantäne Sport zu treiben. Einfache Gymnastikübungen lassen sich in jedem Wohnzimmer umsetzen und können dem Stressabbau dienen.
Quellen: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) |
Robert Koch-Institut (RKI)
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diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe
|
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
|
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI)
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