- Behandlung
Drei Fälle von Testosteronmangel
3 Minuten
Drei Männer mit unterschiedlichen Ausprägungen, aber ähnlichem Hintergrund: Titelthemenautor Prof. Reinhard Zick zeigt an den Beispielen, wie drastisch sich ein Testosteronmangel im Leben auswirken kann – und welche Behandlungsmethode wie helfen kann.
Der Briefträger
Da war ein 32-jähriger Briefträger mit einem Diabetes mellitus Typ 1, dessen 3-jährige Ehe bisher kinderlos geblieben war. Sein Diabetes war mit einer Insulinpumpe bei einem HbA1c mit 6,9 Prozent gut eingestellt. Es lagen keine anderen Erkrankungen vor. Sein Bartwuchs war spärlich; bei einer urologischen Voruntersuchung wurden bei ihm sehr kleine, harte Hoden und ein weitgehendes Fehlen funktionstüchtiger Spermien beschrieben. Er war 1,88 m groß und wog 75 kg. Es bestand beidseits eine Vergrößerung der Brustdrüsenkörper.
Auf Nachfragen sagte er, seine junge Frau habe sich häufiger über seine sexuelle Lustlosigkeit beklagt. Als Grund für den Libidoverlust gab er Angst an: In den zurückliegenden Monaten sei es wiederholt zu Erektionsstörungen bei ihm gekommen. Weiter stellte sich heraus, dass er in der Schule Lernschwierigkeiten hatte. Er gab auch an, dass das mehrstündige Fahrradfahren als Briefträger körperlich belastend war – aber mit der Einführung der E-Bikes bei der Post eine Zeitenwende eingetreten sei.
Die Laboruntersuchungen ergaben bei zwei morgendlichen Messungen ein Gesamttestosteron unter 8,0 nmol/l, und der freie Androgen-Index war stark erniedrigt. Die Gonadotropine im Blut waren deutlich erhöht, und es lag eine leichte Blutarmut vor. Das Stillhormon oder Prolaktin wies keine Veränderungen auf.
Behandlung
Beim Briefträger stellten wir die Diagnose eines Klinefelter-Syndroms als Ursache seines Testosteronmangels. Danach begannen wir mit der lebenslangen Testosteronbehandlung. Inzwischen behandelt ihn sein Hausarzt alle 10 Wochen mit Testosteronundecanoat. Die Libido- und Erektionsstörungen sind verschwunden, und er fühlt sich körperlich deutlich kräftiger.
Ein Wermutstropfen ist geblieben: Die Spermienzahl ist erwartungsgemäß auch unter der jetzigen Behandlung nicht gestiegen, damit wird die Zeugungsunfähigkeit dauerhaft bleiben. Beim letzten Gespräch deutete er mir an, dass die Zeugungsunfähigkeit seine noch kurze Ehe sehr belaste und seine Frau ihn wohl verlassen werde.
Der Sportlehrer
Der 45-jährige Sportlehrer (Typ-1-Diabetes, Insulinpumpe, HbA1c von 6 Prozent) hatte einen Motorradunfall vor 3 Jahren mit Trümmerbruch im Bereich des Beckens und Brüchen des rechten Ober- und Unterschenkels. Heute seien alle Verletzungen verheilt, sagte er. Grund der Vorstellung in der Sprechstunde war eine unerklärliche zunehmende körperliche Erschöpfung – er mache sich große Sorgen hinsichtlich einer drohenden Berufsunfähigkeit. Der Zustand sei besonders schlimm gewesen im Rahmen einer Grippe.
Er gab an, dass er keine Libido mehr verspüre, er habe auch morgens keine Erektionen mehr; dies belaste ihn nicht mehr, da er seit 1 Jahr von seiner Frau getrennt lebe – er also die ständigen Vorwürfe hinsichtlich seiner verlorengegangen Sexualität nicht mehr ertragen müsse.Er hatte geringen Bartwuchs, die Axillar- und Schambehaarung waren regelrecht. Auch im Bereich des Genitales konnte einschließlich eines Ultraschalls des Hodens ein Normalbefund erhoben werden.
Bei den Laboruntersuchungen waren das Gesamttestosteron (9,0 nmol/l), der freie Androgen-Index und die Gonadotropine erniedrigt. Eine Erhöhung der Prolaktin-Konzentration im Blut lag nicht vor. Dagegen waren die Morgenwerte von Kortisol und dem Botenstoff der Hirnanhangdrüse für die Nebenniere (ACTH) deutlich erniedrigt.
Behandlung
Die Behandlung gestaltete sich schwierig: Da er über Jahre diverse Schmerzmittel einschließlich Opioide in hoher Dosierung eingenommen hatte, gelang nur sehr zögerlich der Abbau der Schmerzmittelmenge. Hilfreich war die Unterstützung durch einen Kollegen, der die Fachbereiche Schmerz- und Psychotherapie abdeckt.
Nach 2 Jahren ist der Patient inzwischen von seinen Schmerzmitteln befreit. Während dieser Zeit haben wir ihn vorübergehend mit einem Testosterongel und niedrig dosiert mit Hydrokortison behandelt, nachdem sich bei einer weiterführenden (endokrinologischen) Diagnostik gezeigt hatte, wie wenig ACTH er durch die Einnahme der Opioide bei einer Belastung ausschüttete.
Der Metzger
Zum Schluss stelle ich Ihnen einen 50-jährigen Metzger vor, der mit der Erstdiagnose eines Typ-2-Diabetes in meine Sprechstunde kam. Mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 39 kg/m² war er deutlich übergewichtig, sein HbA1c-Wert lag bei 9,5 Prozent. Die Einnahme von Medikamenten wurde verneint, Gleiches galt für das Bestehen weiterer chronischer Erkrankungen. Er klagte über einen Libidoverlust und eine zunehmende erektile Dysfunktion.
Er gab auch an, dass die Arbeit in seiner Metzgerei ihm zunehmend schwerfalle. Bilder von früher würde er sich nicht mehr ansehen, da er inzwischen “ein richtig dicker Moppel” geworden sei. Ihm war aufgefallen, dass er häufiger grübeln und an den Festen im Dorf nicht mehr gern teilnehmen würde. Seine Frau und seine Kinder hätten ihn endlich dazu gebracht, sich beim Hausarzt untersuchen zu lassen. Hier wurde der Typ-2-Diabetes diagnostiziert.
Bei unseren zusätzlichen Blutuntersuchungen fielen ein erniedrigtes Gesamttestosteron (11,0 nmol/l) und sexualhormonbindendes Globulin (SHBG) auf. Der freie Androgen-Index war niedrig-normal. Die Botenstoffe der Hirnanhangdrüse (FSH/LH) lagen im unteren Normbereich, Prolaktin war nicht erhöht. Die abschließende Untersuchung des Genitals einschließlich Ultraschall des Hodens wies einen Normalbefund auf.
Behandlung
Der Metzger wurde von uns vorübergehend mit einem Testosterongel behandelt. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren seine ausgeprägten klinischen Beschwerden. Inzwischen ist sein HbA1c auf 6,5 Prozent abgefallen. Er hat seine Ernährung geändert und deutlich abgenommen (BMI noch bei 31 kg/m²). Regelmäßiges Fahrradfahren und Spaziergehen haben dazu beigetragen, dass die SHBG-Werte angestiegen sind.
Inzwischen haben wir die Behandlung mit Testosteron wieder beendet. Seiner Manneskraft hat dies im doppelten Sinne nicht geschadet.
- Testosteron: Antworten
- Drei Fälle von Testosteronmangel
- Testosteronmangel: Die Stunde der Detektive
- Die Behandlung: immer individuell
von Prof. Dr. med. Reinhard Zick
Medicover MVZ, Osnabrück,
E-Mail: der.chef@mac.com
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (7) Seite 18-19
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 1 Tag
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 1 Tag
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig