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Wer gut mit seinem Diabetes zurechtkommen möchte, benötigt bekanntermaßen viele Informationen zu den Themen Essen und Getränke, Bewegung und viel weiteres Wissen zum Diabetes, was in Schulung und Beratung vermittelt wird.
Diabetes und Ernährung gehören untrennbar zusammen. Empfiehlt sich bei Diagnose eines Diabetes oder im Verlauf der Erkrankung ein Umstellen der Ernährung, sollte diese bestenfalls an den vorherigen Lebensstil angepasst bzw. sollte dieser berücksichtigt werden. Hier spielt auch die Auswahl der Medikamente und deren Wirkcharakteristik eine Rolle, z. B. ob ein Medikament eine Unterzuckerung verursachen kann oder nicht. Die medikamentöse Therapie und die Auswahl der Nahrungsmittel sollten hierfür aufeinander abgestimmt werden.
Eine individuelle Beratung ist erforderlich, um auszuloten, welche Lebensmittel in welcher Menge für den jeweiligen Menschen geeignet sind, ohne dass er oder sie sich “verbiegen” muss im Vergleich zum vorherigen Essverhalten. So gibt es keine definierte vorgefertigte Ernährungstherapie, sondern die Auswahl der Lebensmittel wird immer “maßgeschneidert” in Qualität und Menge. Das Thema Essen und Trinken ist ein überaus privates Thema, das mit vielen Empfindungen verbunden ist. Nur im Gespräch lässt sich gemeinsam herausfinden, was gewünscht und geeignet ist und was nicht.
Nicht viel anders sieht es bei der Bewegung aus: Auch hierbei bilden die bisherigen Aktivitäten eine Basis dafür, was für Möglichkeiten der Bewegung bestehen. Mit zunehmendem Alter sind Einschränkungen der Bewegung keine Seltenheit und grenzen die Möglichkeiten ein, die Therapie zu unterstützen. Gut ist dann die Suche nach einer alters- und körpergerechten Bewegungsart. Dies kann auch ein täglicher halbstündiger Spaziergang sein.
Wichtig dabei ist die partizipative Entscheidungsfindung, um herauszufinden, was zu dem jeweiligen Menschen mit Diabetes passt. Die partizipative Entscheidungsfindung wird auch in der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) für den Typ-2-Diabetes genannt. Was ist das genau und welche Auswirkungen hat es auf die Vorgehensweise und mögliche Erfolge für die Therapie?
Die partizipative Entscheidungsfindung (PEF; englisch auch Shared Decision Making, SDM) hat sich in den letzten Jahrzehnten etabliert. Sie ist die anzustrebende Form des Umgangs zwischen Ärztinnen und Ärzten, Diabetesberaterinnen und -beratern sowie Patientinnen und Patienten. Das Konzept beruht in erster Linie auf den Prinzipien der Autonomie und Fürsorge. Dass dieses Prinzip sinnvoll ist, belegen Studien.
Die partizipative Entscheidungsfindung beinhaltet auch, individuelle Zielvereinbarungen zu treffen. Diese berücksichtigen individuelle Bedürfnisse. Das wiederum erhöht die Zufriedenheit mit der Behandlung, sodass man gemeinsam überlegte Therapien gern und zuverlässig umsetzt und Vertrauen zum Behandlungsteam hat. Das Ziel sollte sein, die Diabetestherapie mit dem Alltag zu vereinbaren sowie die Belastung durch die Therapie so gering wie möglich zu halten.
Eine individuelle Zielvereinbarung beansprucht zwar durch das Gespräch mehr Zeit als eine einfach durch Ärztin oder Arzt festgelegte Therapie, aber sie erhöht den Erfolg der Therapie. Behandelnde und Behandelte profitieren also davon – es entsteht eine Win-win-Situation durch die partizipative Entscheidungsfindung. Eine gelungene Kommunikation hat zudem den Vorteil, dass Menschen mit Diabetes medizinische Informationen leichter verstehen können und keine Scheu haben, nachzufragen. Auf der Grundlage einer Bevölkerungs-basierten deutschen Untersuchung (KORA-Studie) konnte auch gezeigt werden, dass eine positive Beziehung zwischen Menschen mit Diabetes und Ärztin bzw. Arzt sowie Diabetesteam auch mit einer besseren psychischen Lebensqualität einhergeht.
Wann eine Kommunikation gelungen ist, hängt von vielen Faktoren ab. Klar ist aber, dass für ein gutes Gespräch wichtig ist, im Rahmen der Diabetestherapie die Bedürfnisse, die Wahrnehmungen und Erwartungen der beteiligten Person zu erfassen.
Die partizipative Entscheidungsfindung ist ein kontinuierlicher Prozess, in den neben den Patientinnen und Patienten unterschiedliche Berufsgruppen und, wann immer möglich und gewünscht, An- und Zugehörige einbezogen werden sollten. Zentral für das Gelingen ist, in Gesprächen kognitive Fähigkeiten, Sprachkenntnisse und Wissen zu erfassen, um geeignete Hilfestellungen und verständliche Informationen bzw. Entscheidungshilfen anzubieten und auch sicherzustellen. Nur so kann eine Information verstanden werden und für den Alltag nützlich sein.
Schulungsprogramme für Menschen mit Typ-2-Diabetes bilden eine wichtige Grundlage, wohlüberlegte Entscheidungen in Bezug auf ihre Erkrankung treffen zu können. Hier wird neben dem Wissen zum Krankheitsbild auch der Einfluss der Lebensmittel und der Bewegung und die Hilfe zum Selbstmanagement vermittelt.
Weniger wissenschaftlich formuliert kann die Vorgehensweise bei der partizipativen Entscheidungsfindung unter folgenden Aspekten betrachtet werden:
Im Gespräch eine akzeptierende und wertschätzende Haltung erfahren zu haben, ist ein Beleg für eine gemeinsame Entscheidungsfindung. “Wurde mein Anliegen im Gespräch gehört und sind meine Wünsche und Bedenken berücksichtigt worden?”, wäre eine weitere Frage. Und: “Konnte ich im Gespräch eigenverantwortliches Handeln aufbauen oder konnte dieses gestärkt werden? Konnte ich zukünftiges Verhalten vorstellbar in den Alltag integrieren?” Solche Fragen helfen, zu erkennen, ob man gemeinsam auf dem richtigen Weg ist.
Um Menschen mit Typ-2-Diabetes bei relevanten Entscheidungen und im Selbstmanagement zu unterstützen, wurden als Bestandteil der NVL Typ-2-Diabetes Gesundheitsinformationen und Entscheidungshilfen entwickelt. Sie sind im Internet zu finden unter www.patienten-information.de.
Folgende Vorteile haben Menschen mit Diabetes durch eine optimale Entscheidungsfindung:
Die Förderung des Selbstmanagements bringt die Therapie erst richtig in Schwung.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (12) Seite 24-27
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