Fragen aus der Praxis: Haarige Grundlagen

4 Minuten

© Steve Debenport - iStockphoto
Fragen aus der Praxis: Haarige Grundlagen

Für den ersten Artikel haben wir die Form eines fiktiven Frage-Antwort-Spiels gewählt. Die Fragen zum Thema weiblicher Haarverlust werden so ähnlich immer wieder in unserer Hormonsprechstunde gestellt.

Welche Arten von Haaren lassen sich bei Frauen unterscheiden?

Geboren werden wir mit dem Lanugohaar. Diese Haare sind kurz, dünn, weich und meist nicht pigmentiert. Das Vellushaar ist das normale Oberflächenhaar, das dünn, farblos und nicht länger als 2 cm ist. Terminalhaare befinden sich bereits bei der Geburt am behaarten Kopf sowie an Wimpern und Augenbrauen. Sie sind lang und dick und unterschiedlich pigmentiert.

Jeder Mensch besitzt normalerweise 80.000 bis 140.000 Kopfhaare. Die mittlere Anzahl der Kopfhaare hängt interessanterweise mit der Haarfarbe zusammen. Blonde haben ca. 140.000 Haare, Brünette etwa 100.000 und Rothaarige nur 85.000. Die Sexualhaare entwickeln sich aus den Vellushaaren an bestimmten Körperstellen in der Pubertät unter dem Einfluss von Testosteron. Hierzu zählen bei der Frau die Achsel- und die Genitalbehaarung.

Wie sind die Kopfhaare aufgebaut?

Der sichtbare Teil eines Kopfhaares (Haarschaft) besteht aus einem Markkanal, einer Faserschicht und einer Schuppenschicht (siehe Abb. 1). Durch das Mark unterscheiden sich dickes und dünnes Haar. Dem dünnen Haar fehlt das Haarmark. Die Faserschicht macht 80 Prozent des Haarschaftes aus. Sie besteht aus Keratin, das dem Haar Elastizität, Festigkeit und Widerstandsfähigkeit gibt.

Abb. 1: So ist der außen sichtbare Teil eines Terminalhaares aufgebaut.

In der Faserschicht sind auch die Farbpigmente eingelagert. Werden die Farbpigmente durch Luftbläschen ersetzt, erscheinen die Haare grau bzw. weiß. Den unteren, nicht sichtbaren Teil des Kopfhaares bilden die Haarpapille und der Haarbulbus (siehe Abbildung links), die für die Verankerung und das Wachstum des ­Haares verantwortlich sind.

Abb. 2: So ist ein Terminalhaar aufgebaut.

Gibt es einen Wachstumszyklus der Kopfhaare?

Ja! Und das Verständnis dieses Wachstumszyklus ist die wichtigste „haarige Grundlage“. Das Wachstum der Kopfhaare folgt einem charakteristischen Zyklus, der in der Regel etwa 7 Jahre dauert und im Laufe eines Menschenlebens 10- bis 12-mal durchlaufen wird. Die Wachstumsphase (Anagenphase) dauert 2 bis 6 Jahre. Dabei wächst das Kopfhaar mit einer Geschwindigkeit von 0,3 mm pro Tag oder 1 cm im Monat.

Von der Dauer dieser Wachstumsphase ist die maximale Haarlänge abhängig. Sie dauert beim Mann ca. 2 bis 4 Jahre und bei der Frau ca. 4 bis 6 Jahre. In dieser Zeit wird von der Haarwurzel aktiv das Kopfhaar gebildet. In der Übergangsphase (Katagenphase), die 2 bis 4 Wochen dauern kann, kommt es zum Wachstumsstopp des Haarwuchses. Anschließend schließt sich eine 2- bis 4-monatige Ruhephase (Telogenphase) an.

Der Wachstumszyklus des Kopfhaares besteht aus drei unterschiedlichen Phasen.

In dieser Zeit wächst das Haar nicht mehr, und es kommt schleichend zu einem Verlust der Verankerung des Kopfhaares bis zum Ausfallen des Kopfhaares. Typischerweise formen sich die Haare in den letzten beiden Phasen kolbenartig um, so dass man auch vom Kolbenhaar spricht. Und danach beginnt der nächste Haarzyklus mit der mehrjährigen Wachstumsphase (siehe Abb. 3).

Welche Formen des weiblichen Haarverlustes gibt es?

Von einem diffusen Haarausfall spricht man, wenn pro Tag mehr als 100 Kopfhaare verloren gehen. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu wissen, dass jedes Kopfhaar seinem eigenen Haarzyklus folgt und die Kopfhaare untereinander nicht synchronisiert sind. Fällt das Kopfhaar bei Frauen ähnlich wie bei Männern mit Betonung im Mittelscheitel aus, spricht von einem androgenetischen Typus. Der seltenere kreisrunde Haarausfall kann kleinere Areale des Kopfes betreffen, aber auch bis zur völligen Glatzenbildung führen.

Welche Unterschiede bestehen zwischen den drei Formen des weiblichen Haarausfalls?

Der wichtigste Unterschied zwischen dem diffusen und dem androgenetischen Haar­ausfall ist, dass beim androgenetischen Haarausfall besonders die Haarwurzeln betroffen sind und sich beim diffusen Haarausfall in der Regel nur der Haarzyklus verändert. Das macht verständlich, warum ein diffuser Haarausfall prognostisch immer günstiger einzustufen ist als ein androgenetischer.

Die Ursache für den kreisrunden Haarausfall ist eine Autoimmunerkrankung, bei dem die Haarfollikel vom Immunsystem angegriffen werden. Beim kreisrunden Haarausfall kommt es bei jedem dritten Patienten zur spontanen Ausheilung nach 6 Monaten – und nach 1 Jahr ist sogar jeder zweite Patient wieder erscheinungsfrei.

Welche Untersuchungen sollten zum Abklären des weiblichen Haarausfalls durchgeführt werden?

Zunächst ist es ausreichend, wenn Ihr Hausarzt die Schilddrüsenhormonwerte prüft und außerdem, ob bei Ihnen ein Eisenmangel vorliegt. Bei einem androgenetischen Haarausfall sollte er sich hinsichtlich der weiteren Blutuntersuchungen gynäkologischen oder endokrinologischen Rat einholen. In Zweifelsfällen veranlasse ich zusätzlich bei einem dermatologischen Kollegen das Anfertigen eines Trichogramms.

Das Trichogramm dient der Quantifizierung der 3 Stadien des Haarzyklus. Es müssen etwa 20 bis 50 Haare dafür entfernt und anschließend mikroskopisch untersucht werden. Im Allgemeinen gilt als normal, dass sich über 80 Prozent der Haupthaare im Wachstums- und ca. 1  bis 3 Prozent im Übergangsstadium befinden, während der Ruheanteil unter 20 Prozent sein sollte.

Liegt der Anteil der Haare in der Ruhephase höher als 20 Prozent, deutet dies auf einen verstärkten Haarausfall hin, der sich auf über 50 Prozent bei allen drei Formen des weiblichen Haarausfalls steigern kann.

Schwerpunkt: Weiblicher Haarverlust

Von Prof. Dr. med. Reinhard Zick
Medicover MVZ, Möserstraße 4A, 49074 Osnabrück,
E-Mail: der.chef@mac.com

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2019; 68 (7) Seite 20-22

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  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 2 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 3 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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