- Behandlung
Ketoazidose: schnelles Handeln erforderlich
4 Minuten
Eine “Ketoazidose” meint eine Übersäuerung des Blutes durch Insulinmangel. Mit ihr sollte keineswegs leichtfertig umgegangen werden. Wichtig ist es, die Symptome der Ketoazidose zu kennen – und auch die eigenen Grenzen zu erkennen, wenn es um die Behandlung geht.
Er reagierte darauf etwas mürrisch, maß jedoch direkt danach: 320 mg/dl (17,8 mmol/l)! Azeton-Teststreifen hatte er nicht dabei. Im Nachhinein konnte sich Petra auch gar nicht daran erinnern, ob er – obwohl Typ-1-Diabetiker – zwischenzeitlich einmal den Blutzucker getestet und/oder Insulin gespritzt hatte.Offensichtlich hatte er das Insulin wegen “Bauchschmerzen mit Appetitlosigkeit” einfach komplett weggelassen.
Die Kennzeichen der diabetischen Ketoazidose sollte jeder Typ-1-Diabetiker und auch jeder Angehörige und Betreuer kennen, denn es ist nach wie vor ein sehr ernster Zustand – und in manchen Fällen sogar lebensbedrohlich. Eine Ketoazidose entsteht manchmal innerhalb weniger Stunden und kann sich zu einem diabetischen Koma weiterentwickeln.
Übersäuerung des Blutes wegen Insulinmangels
Bei einer Ketoazidose herrscht Insulinmangel, und der Körper greift deshalb statt auf Zucker auf Fettreserven zurück, um seinen Energiebedarf zu decken. Dabei entstehen Fettsäuren, die unvollständig zu Ketonkörpern (Säuren) abgebaut werden. Die Folge: Das Blut übersäuert; der Körper wird quasi mit Ketonkörpern überschwemmt.
Eine Ketoazidose erleben zwar nur maximal 8 bis 9 Prozent aller Menschen mit Diabetes; sie ist dann aber oft der Grund für eine Krankenhauseinweisung. Eine ausgeprägte Ketoazidose ist ein internistischer Notfall; Betroffene müssen auf die Intensivstation. Zu Anfang einer Ketoazidose können gut geschulte Typ-1-Diabetiker aber noch selbst gegensteuern und sich selbst behandeln.
Typische Anzeichen einer Ketoazidose
Im Prinzip ist die Diagnose leicht zu stellen: Sehr hohe Blutzuckerwerte (meist über 300 mg/dl bzw. 16,8 mmol/l) und ein zwei- bis dreifach positiver Azeton-Nachweisim Urin (mittels Teststreifen) oder erhöhte Ketonwerte im Blut (mit Ketonmessgeräten) sind klare Anzeichen. Besonders typisch ist die vertiefte Atmung (Kußmaul-Atmung), mit der der Körper versucht, die Säuren im Körper durch “Abatmen” loszuwerden. Erste Warnzeichen wie Azetongeruch und auch Bauchschmerzen werden aber nicht selten fehlinterpretiert (die Bauchschmerzen z. B. als Magenverstimmung).
Das sind die häufigsten Ursachen
Manche Typ-1-Diabetiker lassen bei Infektionen mit Fieber und vermindertem Appetit einfach das Insulin weg. Dabei schüttet der Körper Stresshormone (z. B. Adrenalin, Wachstumshormon, Kortisol) aus, die gegen das Insulin wirken – dies führt zu einem zusätzlichen Blutzuckeranstieg, so dass auf jeden Fall Insulin gespritzt werden muss. Geschieht dies nicht, kommt es schließlich zu einer Übersäuerung, und es entwickelt sich eine Ketoazidose.
Typische Symptome einer Ketoazidose
Die typischen Symptome sollte jeder Diabetiker und jeder Therapeut kennen:
- Übelkeit mit Erbrechen,
- Bauchschmerzen (“Pseudo-Bauchfellentzündung”),
- starker Durst,
- häufiges Wasserlassen,
- Azetongeruch in der Atemluft (ähnlich wie Nagellackentferner oder frische grüne Äpfel),
- Müdigkeit, Schläfrigkeit (Betroffene sind manchmal nicht mehr richtig ansprechbar), Dösigkeit,
- Benommenheit und Schwächegefühl,
- tiefes Atmen (Kußmaul-Atmung, benannt nach dem Arzt Adolf Kußmaul),
- Sehstörungen,
- rasender Puls.
Typische Laborbefunde sind:
- sehr hoher Blutzucker (über 350 mg/dl bzw. 19,4 mmol/l),
- Austrocknung des Körpers,
- Nachweis von Ketonkörpern in Urin und Blut,
- Zucker im Urin,
- Veränderung wichtiger Blutsalze wie Natrium und Kalium,
- metabolische Azidose (erkennbar am niedrigen Blut-pH-Wert).
Therapie der Ketoazidose
Diabetiker, die sehr gut geschult sind, sind bei einer beginnenden Ketoazidose oft in der Lage, sich mit Insulin selbst zu behandeln. Bei der Korrektur des Blutzuckers durch Insulin kommt es jedoch zu einer Verschiebung von Kalium (wichtiges Blutsalz) aus dem Blut in die Zellen. Dadurch wird der Kaliumspiegel im Blut erniedrigt, und es können als Folge lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auftreten.
Die gleichzeitige Gabe von Kalium (z. B. Kalinor-Brause oder auch entsprechende Tabletten) ist deshalb eine der wichtigsten zusätzlichen Maßnahmen neben der Insulinzufuhr.
Insulinschema bei Ketoazidose
Voraussetzung für eine Selbstbehandlung: Es handelt sich um eine Ketoazidose im Anfangsstadium und der Betroffene ist bei klarem Bewusstsein.
- fehlende Insulinzufuhr (z. B. bei Neuauftreten einer Diabeteserkrankung, meist Typ 1, vor der Diagnose)
- vergessene oder ausgelassene Insulininjektion
- Stopp der Insulinzufuhr bei Insulinpumpen, die keine Alarmfunktion haben – denn dann fehlt ein subkutanes Insulindepot
- falsche oder zu geringe Insulindosis (z. B. bei Infektionen, Operationen, Schilddrüsenüberfunktion)
- technische Fehler bei der Insulininjektion, so dass das gespritzte Insulin nicht wirken kann
Ausgangslage: Blutzucker über 250 mg/dl (13,9 mmol/l), typische Symptome (siehe Seite 29), jedoch Bewusstseinsklarheit und Blutketonkörper von 0,6 bis 1,5 mmol/l:
- mindestens einen Liter Wasser pro Stunde trinken,
- sofort kurzwirksames Insulin mit einfachem Korrekturfaktor; bei Pumpentherapie einen Insulinpen benutzen,
Bei Blutketon-Werten über 1,5 mmol/l:
- sofort kurzwirksames Insulin mit doppeltem Korrekturfaktor spritzen,
- sofort einen Arzt informieren bzw. sich ins Krankenhaus fahren lassen.
Ist ein Betroffener schon verwirrt oder benommen, darf Insulin grundsätzlich nur noch über eine Vene zugeführt werden, denn im diabetischen Koma, das aus einer Ketoazidose entstehen kann, wird das Gewebe schlechter durchblutet. Wegen der schlechten Kreislaufsituation ist dann eine zuverlässige Aufnahme von Insulin aus dem Gewebe nicht gewährleistet.
In der Klinik wird der Blutzucker über eine Insulin-Infusionspumpe (Perfusor) langsam gesenkt. Gleichzeitig werden Blutsalze und Flüssigkeit zugeführt und so die Übersäuerung langsam reduziert. Wird der Blutzucker zu rasch gesenkt, kann es zu einer lebensbedrohlichen Wasseransammlung im Gehirn (Hirnödem) kommen.
Zusammenfassung
Eine ketoazidotische Entgleisung (bis hin zum Coma diabeticum) tritt hauptsächlich bei Typ-1-Diabetikern auf und stellt nach wie vor einen Notfall dar. Eine beginnende Ketoazidose kann von gut geschulten Betroffenen manchmal noch selbst beherrscht werden.
Im Zweifel sollte jedoch immer eine Behandlung in der Klinik angestrebt werden. Eine regelmäßige bzw. häufigere Messung von Azeton (z. B. bei Blutzuckerwerten schon über 240 mg/dl) bzw. bei fieberhaften Erkrankungen, bei besonderem Stress oder auch während einer Schwangerschaft, ist sinnvoll und gibt Sicherheit.
Autor:
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Erschienen in: Diabetes-Journal, 2018; 67 (2) Seite 30-32
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insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 1 Woche, 3 Tagen
Hallo Zusammen,
ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
Wenn ´s weiter nichts ist… .
Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
Nina -
gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen
Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
Danke schonmal im Voraus-
darktear antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
Hallo,
Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*LG Sndra
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moira antwortete vor 1 Woche, 4 Tagen
Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG
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hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen
Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.
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lena-schmidt antwortete vor 2 Wochen, 1 Tag
@stephanie-haack hast du vielleicht ein paar gutes Tipps?
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connyhumboldt antwortete vor 1 Woche, 2 Tagen
Besorge Dir Pflaster die über Tattoos geklebt werden, wenn die neu gestochen sind! Oder Sprühpflaster das Stomapatienten benutzen!
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Hallo Nina,
als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig