Medikamente: Muss ich die für immer nehmen?

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Medikamente: Muss ich die für immer nehmen?

Zu Beginn einer neuen Arzneimitteltherapie ist Herr M. unsicher. Er hält gerade seine erste Verordnung über Metformin in den Händen. Auch nach dem Gespräch mit dem Arzt bleiben viele Fragen offen. Er nutzt die Gelegenheit, die Fragen in seiner Stammapotheke zu stellen.

Bin ich jetzt mein Leben lang auf Metformin angewiesen?

Die Behandlung des Diabetes erfordert eine Dauertherapie. Wie bei anderen chronischen Krankheiten bedeutet dies, dass Medikamente auf längere Zeit oder sogar ein ganzes Leben lang eingenommen werden müssen.

Wichtig hierbei ist, dass man die Medikamente wie verordnet einnimmt. Manche Therapien werden durchgeführt, um Folgen der chronischen Grunderkrankung vorzubeugen. In solchen Fällen sind die Folgen einer Nichteinnahme der Medikamente oft nicht direkt spürbar.

Neben diesen Dauertherapien gibt es auch zeitlich begrenzte Therapien und Medikamente, die nur bei Bedarf angewendet werden. Antibiotika zur Behandlung von Infekten werden z. B. nur über einen begrenzten Zeitraum eingesetzt. Auch bei vorübergehenden Beschwerden wie akuten Schmerzen (z. B. Kopfschmerzen) werden Medikamente nur bei Bedarf eingesetzt.

Aber wenn ich Nebenwirkungen habe, setze ich das Mittel ab, oder?

Jedes Medikament kann zu Nebenwirkungen führen, aber nicht jeder Patient ist von ihnen gleichermaßen betroffen. Nebenwirkungen können zeitlich begrenzt oder dauerhaft auftreten. Bei Herrn M. und der neu begonnenen Metformin-Therapie können z. B. vor allem zu Beginn der Therapie Magen-Darm-Beschwerden auftreten; in der Regel klingen diese von selbst ab.

Metformin sollte deshalb nicht vorschnell abgesetzt werden. Vielmehr würde man versuchen, das Risiko für diese Nebenwirkung zu verringern, indem man die Einnahme auf mehrere Tageszeitpunkte verteilt und zu Beginn eine niedrigere Dosierung wählt.

Natürlich gibt es auch Nebenwirkungen, die ein Absetzen des Medikamentes bzw. die Umstellung auf einen anderen Wirkstoff erforderlich machen. Um Nebenwirkungen früh zu erkennen und richtig damit umzugehen, ist es notwendig, jeden Verdacht auf unerwünschte Wirkungen mit dem Arzt oder Apotheker zu besprechen.

Nicht zuletzt kann so verhindert werden, dass womöglich eine Nebenwirkung unbeabsichtigt Anlass für eine neue Therapie gibt; man nennt dies eine “ungewollte Verschreibungskaskade”: sprich einen meist unnötigen Therapieverlauf, bei dem die Nebenwirkung einer Therapie eine neue Arzneimitteltherapie bedingt, ohne dass am Ende das Ergebnis verbessert ist – schlimmstenfalls sogar das Risiko für weitere Nebenwirkungen erhöht ist (s. Abb. 1).

Nebenwirkungen nicht zwangsläufig mit zusätzlichem Medikament bekämpfen

Ein prominentes Beispiel für eine unbeabsichtigte Verschreibungskaskadewäre z. B. die Behandlung eines Reizhustens, der bei Einnahme eines bestimmten Blutdruckmittels auftreten kann, mit hustenreizstillenden Mitteln. In dem Fall stehen eine Reihe von Alternativen für das Blutdruckmittel zur Verfügung, so dass es eher angezeigt ist, diese Therapie umzustellen, als den Reizhusten zusätzlich zu behandeln.

Ein solches Vorgehen setzt allerdings voraus, dass der Patient seinem Arzt oder Apotheker nicht nur von dem Symptom berichtet, sondern diese auch wissen, welche Arzneimittel der Patient einnimmt. Dabei zählen alle Arzneimittel, auch die, die man ohne Rezept in der Apotheke gekauft hat.

Besprechen Sie einen Verdacht auf Nebenwirkungen mit dem Arzt oder Apotheker. Verordnete Medikamente sollten Sie nie ohne ärztliche Rücksprache absetzen!

Wenn sich meine Medikamente nicht vertragen: absetzen oder nur eine Pause?

Arzneimittel können durch andere Arzneimittel oder auch bestimmte Lebensmittel in ihrer Wirkung verstärkt oder abgeschwächt werden. Im schlimmsten Fall kann dies zum Therapieversagen oder zum Auftreten unerwünschter Wirkungen führen.

Um Wechselwirkungen zwischen Medikamenten früh erkennen zu können, ist es wichtig, einen vollständigen Medikationsplan zu führen und stets zu aktualisieren. Anhand des Planes können Ärzte und Apotheker Wechselwirkungen und Unverträglichkeiten zwischen Medikamenten identifizieren. Sollten mögliche Wechselwirkungen erkannt werden, können in Zusammenarbeit mit Ärzten und Apothekern Strategien entwickelt werden, um diese zu vermeiden.

Die Medikationsanalyse geht über eine reine Überprüfung der Medikamente auf Wechselwirkungen hinaus: Vielmehr wird die gesamte Therapie auf den Prüfstand gestellt, um sicherzugehen, dass alle Medikamente notwendig sind und den Wünschen des Patienten entsprechen. Beides kann sich über die Zeit ändern. Daher ist es sinnvoll, von Zeit zu Zeit eine solche umfängliche Prüfung vorzunehmen – gerade, wenn man sich fragt, ob man zu viele Medikamente einnimmt.

Lassen Sie Ihre Therapie gelegentlich überprüfen – z. B. im Rahmen einer Medikationsanalyse in der Apotheke.

Zusammenfassung

Um Nebenwirkungen, Wechselwirkungen etc. erkennen und beheben zu können, sind Ärzte und Apotheker auf die aktive Beteiligung der Patienten angewiesen. Dabei ist es wichtig, dass der Patient berichtet, wenn er das Gefühl hat, dass ein Medikament nicht richtig wirkt oder Nebenwirkungen verursacht.

Er sollte auch dazu beitragen, dass jeder behandelnde Arzt und die Apotheke, die ihn berät, einen Überblick über alle derzeit angewendeten Medikamente hat. Entscheidend ist dabei, dass verordnete Arzneimittel nie ohne Rücksprache abgesetzt oder in ihrer Einnahme verändert werden.


von Marcel Kusch, Viktoria Wurmbach, Dr. Hanna Seidling
Universitätsklinikum Heidelberg – Medizinische Klinik,
Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie,
Kooperationseinheit Klinische Pharmazie,
Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg,
E-Mail: hanna.seidling@med.uni-heidelberg.de

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2017; 66 (7) Seite 24-25

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

    Uploaded Image
    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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