Neue Theorie zur Arterienverkalkung

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Neue Theorie zur Arterienverkalkung

Fette aus dem Blut lagern sich an denn Innenwänden der Blutgefäße ab, es bilden sich Plaques und die Gefäße verkalken – so wird derzeit die Verkalkung von Arterien erklärt. Der Herzchirurg Professor Dr. Axel Haverich, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), vertritt jedoch eine ganz andere Theorie – und belegt sie anhand eigener Beobachtungen aus dem Operationssaal.

Wie entsteht Arteriosklerose? Die seit Jahrzehnten vertretene Lehrmeinung geht von einer „Verkalkung” der Arterien wie zum Beispiel der Herzkranzgefäße aus, weil sich Fette aus dem Blut an der Innenwand der Blutgefäße anlagern. Als Reaktion des Immunsystems bildet sich dort die sogenannte Plaque, die mit der Zeit das Gefäß verstopfen kann. Herzinfarkt und Schlaganfall sind die häufigsten Folgen. Der Herzchirurg Professor Dr. Axel Haverich, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), vertritt jedoch in seinem heute in der renommierten Fachzeitschrift „Circulation“ erschienenen Artikel eine ganz andere Theorie.

Professor Haverich ist der Meinung: Die Fettablagerungen kommen nicht aus dem Blut, sondern sind vielmehr Überreste abgestorbener Zellen der Gefäßwand. Aufgrund jahrelanger Beobachtungen während Herz- und Gefäßoperationen und aufgrund von Erkenntnissen, die er dank intensiver Nachforschungen gewonnen hat, stellt Professor Haverich nun eine neue Theorie zur Ursache der Arteriosklerose vor, die der bisherigen Meinung widerspricht.

Ein Infarkt der Arterienwand

Auch Arterien benötigen eine eigene Versorgung ihrer Gefäßwand mit Sauerstoff und Nährstoffen. Hierzu bilden sich bei Kindern im Laufe des Körperwachstums eigene, winzig kleine Versorgungsblutgefäße in der Außenwand der Arterie, die sogenannten Vasa vasorum. Verschließen sich diese Vasa vasorum, sterben Zellen vor allem in der mittleren Wandschicht ab: Es kommt zu einem Infarkt der Arterienwand. Häufigster Auslöser solcher Verschlüsse der Vasa vasorum sind Entzündungsreaktionen, die durch Viren, Bakterien und Feinstaub entstehen, aber auch durch schädliche Fettpartikel (oxidiertes LDL-Cholesterin). Seltener kommen nervale oder traumatische Ursachen vor.

Die abgestorbenen Zellen einschließlich der Fettreste werden nun vom Immunsystem abgebaut. Durch die Reparaturprozesse des Immunsystems entstehen dort „Zellabfälle“, die sogenannten Plaques, die zu einer Verdickung der Arterieninnenwand führen und schließlich einen Verschluss des Muttergefäßes herbeiführen können.

Beobachtungen im Operationssaal weckten Zweifel an Lehrmeinung

„Während hunderter Bypassoperationen konnten wir feststellen, dass immer nur bestimmte Abschnitte der Herzkranzgefäße verkalkt waren, während dasselbe Gefäß an anderen Stellen niemals krankhaft verändert ist“, berichtet Professor Haverich. „Diese Beobachtung machten wir auch in anderen Stromgebieten, beispielsweise im Oberschenkel. Gemeinsam war den arteriosklerosefreien Stellen, dass sie außen von Muskel umgeben waren. Da alle kleineren Arterien des Menschen ohnehin nur selten betroffen sind, muss bezweifelt werden, dass der Prozess a) eine generalisierte Erkrankung darstellt, die b) an der Innenwand beginnt.“

Die Zweifel wurden genährt von der Entdeckung neuer Risikofaktoren für die Arteriosklerose: Zum Beispiel wurde in zahlreichen Untersuchungen anderer Wissenschaftler in den vergangenen Jahren ein eindeutiger Zusammenhang zwischen einer erhöhten Herzinfarktrate und dem Auftreten von Grippeepidemien mit Lungenentzündungen, aber auch durch Feinstaub-Exposition nachgewiesen. Und es wurden mehr als 30 verschiedene Mikroben anhand ihrer DNA in arteriosklerotischen Plaques isoliert. Diese Zusammenhänge sind mit der bisherigen Theorie der erhöhten Blutfette allein nicht zu erklären.

Mit historischen Befunden Arteriosklerose neu erklären

Als Leiter des Exzellenzclusters REBIRTH (Von Regenerativer Biologie zu Rekonstruktiver Therapie) ist der Arzt und Forscher Professor Haverich der Erforschung und Entwicklung von regenerativen Therapien der Volkskrankheiten verpflichtet, zu denen die Arteriosklerose zweifellos gehört: Die Weltgesundheitsorganisation führt jährlich 17,5 Millionen Todesfälle auf Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zurück. In Deutschland stellen Krankheiten des Kreislaufsystems 39 Prozent der Todesursachen.

Während seiner Recherchen stieß Professor Haverich auf Veröffentlichungen, die zum Teil mehr als 100 Jahre alt waren und die über aktuelle Literaturdatenbanken nicht mehr auffindbar sind. In diesen häufig in deutscher Sprache publizierten Schriften finden sich Erklärungsansätze für die jüngsten, im Operationssaal gemachten Beobachtungen.

Die Schriften untermauern seine Theorie der Versorgungsstörung der Arterienwand als Ursache für die Arteriosklerose: 1924, in Zeiten, in denen es noch keine Antibiotika gab, konnte der Pathologe Zinserling in St. Petersburg bei mehr als 300 Kindern, die an Infektionskrankheiten verstorben waren, regelmäßig arteriosklerotische Veränderungen beobachten. Für die Syphilis zeigte sich in Gewebeschnitten von massiv verkalkten und aneurysmatischen Aorten sogar unmittelbar der Zusammenhang zwischen entzündlichem Verschluss der Mikrozirkulation der Wand und noch darin befindlichen Krankheitserregern (Spirochäten).

In älteren tierexperimentellen Versuchsreihen (Kaninchen, Schwein) konnte durch Kompression der Arterienwand von außen und der damit verbundenen Unterbindung der Blutversorgung der Wand regelhaft eine Arteriosklerose ausgelöst werden. Führte man eine Wiederdurchblutung der Vasa vasorum herbei, bildete sich die Arteriosklerose wieder zurück. In weiteren Versuchen (Hund) führte eine Entfernung der äußeren Wandschicht, der Tunica adventitia, selbst bei Venen bereits nach Wochen zu Arteriosklerose, wie sie auch nach Bypass-Operationen zu beobachten ist.

Neue Theorie wirkt sich auf Behandlung und Prävention aus

Noch gibt es keine regenerativen Therapien, mit denen die Arteriosklerose rückgängig gemacht werden kann. Nach wie vor werden daher die bekannten Verfahren genutzt – nämlich das Weiten der Engstellen mittels Ballonkatheter oder die Einlage von Stents durch die Kardiologen sowie die Anlage eines Bypasses durch die Herzchirurgen. Allerdings bietet die neue Theorie zur Entstehung von Arteriosklerose erweiterte Ansatzpunkte für die Entwicklung innovativer Behandlungsansätze der Erkrankung.

Bis solche neuen Behandlungsansätze den Patienten zur Verfügung stehen, empfiehlt Professor Haverich zur Prävention der Arteriosklerose: „Neben den bekannten, günstigen Lebensgewohnheiten wie gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung sollte die Verhinderung und Bekämpfung von Infektionen als Prävention der gefährlichen Arterienverkalkung Beachtung finden. Zu nennen sind hier zum Beispiel die regelmäßige Grippeschutzimpfung, die Sanierung von chronischen Entzündungen und – vor allem – körperliche Aktivität.“

Informationen über Prof. Haverich und seine Klinik finden Sie unter www.mh-hannover.de/httg.html.

Quelle: Pressemitteilung der Medizinischen Hochschule Hannover

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  • Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

  • gingergirl postete ein Update vor 2 Wochen, 5 Tagen

    Hallo zusammen meine name ist chiara und ich bin seit knapp 3 monaten mit der diagnose diabetes typ 1 diagnostiziert. Eigentlich habe ich es recht gut im griff nach der diagnose die zweite woche waren meine werte schon im ehner normalen bereich und die ärzte waren beeindruckt das es so schnell ging da ich aber alles durch die ernährung verändert habe und strickt mich daran halte war es einfach und man sah es sofort.
    Ich habe ein paar Fragen kann man überall am oberarm den sensor ansetzten( da ich ihn jetzt eher etwas hoch habe beim muskel) und muss man jeden dexcom g7 sensor kalibrieren am anfang beim wechseln? .
    Und ich habe bei den overpatch pflastern immer so viel kleberesten am arm kann das am pflaster liegen? Weil es ist ein transparentes und ich habe das gefühl es kriegt wie keine luft… Ich hab mir jetzt nur mal neue pflaster bestellt aber bei einem ist kein loch wo der dexcom ein löchli hat
    Und wie ist das bei euch wegen abnehmen funktioniert das oder nicht?
    Und wie spritzt ihr wenn ihr ihn der Öffentlichkeit seit an einem fest /Messe oder so?
    Da ich nicht immer auf die Toilette renne kann?
    Danke schonmal im Voraus

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    • Hallo,

      Als ich noch die ICT Methode hatte habe ich bei Konzerten oder Messen mir das Kurzzeitinsulin in den Bauch gespritzt und das Langzeit oben am Gesäß.Hat meist keiner mitbekommen.
      Meinen Sensor setzte ich oben am Arm,ist für mich angenehmer 🙂
      Ich bin froh das die Technik so gut ist und nicht mehr so Steinzeitmäßig wie vor 42 Jahren *lach*

      LG Sndra

    • Hallo Chiara! Mit dem Spritzen habe ich es wie Sandra gemacht. Abnehmen ist echt schwierig – ich komme da nicht gut weiter, ich muss aber auch für zwei weitere Leute kochen und deren Essenswünsche sind da nicht unbedingt hilfreich. LG

  • hexle postete ein Update vor 2 Wochen, 6 Tagen

    Hat jemand Tipps bei einer Pfalsterallergie gegen dexcom g6. Ich muss die vorhandenen Sensoren noch verwenden, bis die Umstellung auf g7 durch ist.

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