Reha: Probleme Herz und Durchblutung

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Reha: Probleme Herz und Durchblutung

Diabetiker haben ein hohes Herz-Kreislauf-Risiko. Und Durchblutungsstörungen zeigen sich bei Diabetikern stärker, sie treten früher auf und schreiten schneller voran. Im folgenden Artikel geht es um Rehamaßnahmen aufgrund dieser beiden Themen.

Wer Typ-2-Diabetes hat, hat ein etwa 2- bis 4-fach erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko – und kardiovaskuläre Erkrankungen sind bei ihnen mit etwa 80 Prozent die mit Abstand häufigste Todesursache. Frauen mit Typ-2-Diabetes haben ein fast doppelt so hohes Risiko, an einer koronaren Herzkrankheit (KHK) zu versterben, wie Männer mit Diabetes.

Bereits das prädiabetische Stadium mit unbemerkt erhöhten Blutzuckerwerten ist mit einem deutlich erhöhten kardiovaskulären Risiko verbunden; speziell hohe Blutzuckerwerte nach dem Essen (postprandiale Hyperglykämie) zeigen ein hohes Risiko an. Deshalb ist vordringlich, während der Rehamaßnahme die Blutzuckereinstellung zu optimieren. Entscheidend ist daneben, konsequent Risikofaktoren auszuschalten.

Ernährung, Blutdruck, Blutzucker

Wichtiger Bestandteil der gesamten Rehamaßnahme sind ausführliche Schulungen zu vernünftiger, der Tätigkeit angepasster Ernährung sowie zu regelmäßigem körperlichem Training zur Verbesserung der Insulinempfindlichkeit – und somit zur Normalisierung der Blutzuckerwerte! Kurzfristige Programme zur Gewichtsreduktion sind nie effektiv.

Auch eine konsequente Blutdruckeinstellung ist ein wichtiger Teilaspekt: Mit ACE-Hemmern und Angiotensin-II-Rezeptorblockern (stoffwechselneutral) kann das Risiko einer diabetischen Nephropathie und auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse deutlich reduziert werden.

Die Optimierung der Blutzuckereinstellung ist zwar wichtig mit Blick auf die Komplikationen an kleinen Blutgefäßen (Augen, Nieren, Nerven) – sie kann jedoch nicht die Ursache von Herz-Kreislauf-Komplikationen beeinflussen. Deren Bekämpfung steht jedoch während der Reha eindeutig im Vordergrund.

Zusätzliche bzw. spezielle Therapieziele bei Patienten mit Diabetes mellitus

  1. Steigerung der körperlichen Aktivität,
  2. Gewichtsreduktion bei Übergewicht um etwa 5 bis 10 Prozent (pro Jahr!),
  3. Einstellen des Rauchens,
  4. optimale Blutdruckeinstellung z. B. mittels ACE-Hemmern bzw. Angiotensin-II-Rezeptorblockern (zusätzliche Gabe von Beta-Blockern wegen KHK möglich bzw. sinnvoll),
  5. wenn möglich, Blutzuckereinstellung mit Blutzuckerwerten nüchtern zwischen 90 und 120 mg/dl (5,0 und 6,7 mmol/l), Blutzuckerwerte 1 bis 2 Stunden nach dem Essen 130 bis 160 mg/dl (7,2 bis 8,9 mmol/l),
  6. Optimierung des Fettstoffwechsels, insbesondere Senkung des LDL-Cholesterins unter 70 mg/dl (1,9 mmol/l), Triglyzeride unter 150 mg/dl (1,7 mmol/l), HDL-Cholesterin über 40 mg/dl (1,0 mmol/l), wobei Statine Mittel der ersten Wahl sind.

Reha: Training, Training, Training

Da das Übergewicht vor allem bei Typ-2-Diabetikern eine entscheidende Rolle spielt (meist wegen Bewegungsmangel), ist das regelmäßige kardial überwachte Training(Ergometertraining) eine entscheidende Maßnahme während der stationären Reha. Vor Beginn des Trainings erfolgt eine individuelle Beurteilung des individuellen Risikos der Patienten, die häufig orthopädische Begleiterkrankungen wie Knie-, Hüft- oder Wirbelsäulenprobleme haben.

Die kardiologische Rehabilitation bzw. Anschlussheilbehandlung nach einem akuten kardialen Ereignis bei einem Diabetiker (nach Herzinfarkt, nach Herzklappenoperationen, einer Herztransplantation oder auch nach Bypass-Operationen) ist laut Datenlage verbunden mit deutlich weniger Krankheitskomplikationen sowie Sterblichkeit vor allem bei Frauen mit Diabetes – deutlich mehr Patienten gehen danach trotz eines z. B. ausgedehnten Herzinfarktes auch wieder arbeiten.

Entscheidend ist neben einer Optimierung der Blutzuckereinstellung die langfristige Reduktion der Risikofaktoren: Speziell bei einer ausgeprägten Schädigung des Herzens (Herzinsuffizienz) oder auch bei psychischen Problemen empfiehlt sich die Nachsorge z. B. durch Anschluss an eine ambulante Herzgruppe oder Durchführung einer IRENA-Maßnahme (Intensive Reha-Nachsorge).

Reha bei Diabetes und “peripherer arterieller Verschlusskrankheit” (pAVK)

Das Diabetische Fußsyndrom ist bei den Komplikationen mit 12 Prozent die teuerste – die pAVK ist für den weiteren Verlauf des Diabetischen Fußsyndroms der wesentliche Faktor. Die Häufigkeit der pAVK nimmt durch die bessere Versorgung von Menschen mit Diabetes zwar prozentual ab – sie nimmt aber zahlenmäßig wegen der längeren Lebenserwartung insgesamt zu.

Von 65.000 Amputationen jährlich in Deutschland (ohne Unfälle!) werden etwa 40.000 bei Diabetikern durchgeführt. Die Neuropathie hat als bisher führende Ursache des Diabetischen Fußsyndroms (etwa 80 Prozent) an Bedeutung verloren. Ursache dafür könnte die bessere Blutzuckereinstellung sowie eine insgesamt bessere ambulante Betreuung mit Schulung sein. Jede Erhöhung des HbA1c-Wertes um nur 1 Prozent bedeutete in einer Metaanalyse eine Erhöhung der Amputationsrate um 20 Prozent.

Die pAVK zeigt sich bei Diabetikern in stärkerem Ausmaß und sie manifestiert sich früher und schreitet schneller voran. Sie befällt hauptsächlich den Unterschenkel. Die pAVK ist für die überwiegende Anzahl von Amputationen von Diabetikern verantwortlich; das Risiko für eine Amputation ist bei pAVK um das 4-Fache erhöht: Wo kein Blut hinkommt, kann nichts heilen! Die pAVK verschlechtert auch die Gesamtprognose für einen Menschen mit Diabetes – vor allem das Risiko für den Herzinfarkt und den Schlaganfall steigt!

Ähnlich wie bei Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit (z. B. nach Bypass-Operation oder Intervention mit Stent nach Herzinfarkt) sollte der Patient mit pAVK streng bezüglich seines Blutzucker-Stoffwechsels eingestellt sein. Die Reha-Maßnahme bei pAVK bietet dann neben einer intensiven, meist dreiwöchigen Maßnahme die Möglichkeit, die Blutzuckereinstellung zu optimieren – zum Beispiel nach einer Bypass-Operation am Unter- und/oder Oberschenkel.

Rehamaßnahmen wie intensives Gefäßtraining

Inhalte einer Rehamaßnahme sind wie gesagt auch Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen und insbesondere die oft notwendige Raucherentwöhnung inklusive psychologischer Unterstützung, um einem Rezidiv, sprich einem Wiederauftreten eines Gefäßverschlusses möglichst vorzubeugen.

Hauptinhalte einer stationären Rehabilitation bei arteriellen Durchblutungsstörungen der Beine bzw. Becken sind ein intensives Gefäßtraining unter Beachtung der übrigen Begleiterkrankungen: Bluthochdruck, weitere Gefäßverengungen, koronare Herzkrankheit.

Ähnlich wie bei einem Aufenthalt in einem Akutkrankenhaussollten Diabetiker natürlich ihre Utensilien in eine Rehabilitationsklinik mitnehmen – gerade dort, wo es keine Fachspezialisten für Diabetes (Diabetesberater, Diabetologen) gibt – siehe links!

Zusammenfassung

Rehabilitation bei Menschen mit Diabetes erfolgt in vielen Fällen im Rahmen einer stationären Rehabilitationsmaßnahme (Anschlussheilbehandlung, AHB) nach Operationen bzw. Interventionen in Akutkrankenhäusern und ist bei einer immer älter werdenden Population mit immer mehr Begleiterkrankungen des Diabetes sehr sinnvoll oder sogar notwendig, um später wieder seinen Alltag möglichst selbständig zu “managen”.

Dabei spielt die “Neueinstellung des Diabetes” oft nur eine untergeordnete Rolle – vielmehr geht es um die Wiedererlangung von Selbständigkeit im Alltag: bei orthopädischen Problemen, zur Steigerung der Herz-Kreislauf-Fitness, zur Einstellung des Blutdrucks etc. Eine Rehabilitationsmaßnahme wegen Diabetes kann jedoch deshalb sinnvoll sein, da über drei Wochen ein multidisziplinäres Team alle Facetten des Diabetes betrachten und behandeln kann – so profitieren sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Diabetiker.

Schwerpunkt: Diabetes und Rehabilitation

von Dr. Gerhard-W. Schmeisl
Internist/Angiologe/Diabetologe/Sozialmedizin, Chefarzt Deegenbergklinik
sowie Chefarzt Diabetologie Klinik Saale (DRV-Bund)

Deegenbergklinik, Burgstraße 21,
97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 21-0, E-Mail: schmeisl@deegenberg.de

Klinik Saale, Pfaffstraße 10,
97688 Bad Kissingen, Tel.: 09 71/8 5-01

Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (12) Seite 22-25

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