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Nicht einschlafen können, nachts immer wieder aufwachen, generell zu wenig Schlaf bekommen – immer mehr rückt in den Fokus, dass ein gestörter Schlaf sich auf unsere Gesundheit auswirken kann. Schlafforscher beschäftigen sich intensiv mit diesem Thema. Anfang Dezember tagte die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin in Mainz. Wir waren vor Ort und haben natürlich auch nach dem Zusammenhang zwischen Diabetes (Typ 2) und Schlaf gefragt.
Sechs Prozent der Deutschen haben Ein- und Durchschlaftstörungen, die behandelt werden müssen – und zwar nicht nur, damit diese Menschen besser schlafen können. Vielmehr werden Schlafstörungen schnell chronisch und können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und vor allem psychische Störungen begünstigen.
Wieso erhöht schlechter oder auch zu wenig Schlaf das Risiko, an Diabetes zu erkranken? Ganz geklärt ist der Zusammenhang noch nicht, führten die Experten von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) während ihrer Jahrestagung in Mainz aus. Hinweise konnte Tagungspräsident Dr. Dipl.-Psych. Hans-Günter Weeß, der im Pfalzklinikum Klingenmünster das Interdisziplinäre Schlafzentrum leitet, aber geben. Er erklärte, “dass Schlafmangel vor allem in der Größenordnung unter sechs Stunden und in Assoziation mit Ein- und Durchschlafproblemen ein ungefähr 1,8-fach höheres Risiko für Diabetes darstellt, im Vergleich zu jemandem, der normal schläft, also über sechs Stunden – oder wenn er unter sechs Stunden schläft und das für sich subjektiv als normal empfindet.” Im letztgenannten Fall habe der Betroffene “ein ganz geringfügig höheres, aber doch auch höheres Risiko”, an Diabetes zu erkranken.
Dr. Alfred Wiater, Präsident der DGSM, ergänzte: “In dem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen: Schlafmangel erhöht auch das Adipositasrisiko, das sehen wir schon bei Kindern. Und wir wissen, dass wir hormonelle Inbalancen haben bei schlafgestörten Menschen zwischen den hormonellen Substanzen, die das Sättigungsgefühl fördern und denen, die das Hungergefühl fördern, und das könnte vielleicht auch ein Aspekt sein, der mit dem erhöhten Diabetesrisiko in Zusammenhang steht. Das heißt, dass die hormonellen Substanzen, die eher ein Sättigungsgefühl vermitteln, reduziert zur Ausschüttung kommen und eher das Hungergefühl gefördert wird, wenn man zu wenig schläft.”
Wiater bezieht sich hier darauf, dass übergewichtige Menschen eher einen Typ-2-Diabetes entwickeln als Menschen mit Normalgewicht. Interessant ist auf jeden Fall, dass Schlafdauer und Schlafqualität sich auf die Produktion bestimmter Hormone auswirken.
Schlafmittel oder Verhaltensänderung – was wirkt besser? Schneller wirken natürlich Schlafmittel, führte Dr. Hans-Günter Weeß aus. Vergleicht man allerdings die beiden Maßnahmen, schneidet auf lange Sicht die Änderung des Verhaltens besser ab. Mit Schlafmitteln begreift man eben nicht, dass gestörter Schlaf auch aus eigener Kraft verbessert werden kann; wird das Schlafmittel abgesetzt, ist alles beim Alten. Hinzu kommt das Risiko, abhängig zu werden – in Deutschland geht man von bis zu 1,9 Millionen Menschen aus, die abhängig sind von Schlafmitteln. Lernen, sein Schlafverhalten zu ändern, ist zum Beispiel im Pfalzklinikum Klingenmünster durch “Schlafseminare” möglich.
Ist es auch sinnvoll, z. B. Smartphone-Apps (Schlaf-Apps), Fitness-Tracker, entsprechende Armbänder zu nutzen? Weeß ist skeptisch: “Eine ganze Reihe von Apps suggeriert, die Qualität des eigenen Schlafs zu erfassen und Rückmeldungen zu geben, ob der Schlaf erholsam ist oder nicht und dass er sich verbessern lässt. Von der technischen Seite her sind das keine validen Diagenoseinstrumente.” Während im professionellen Schlaflabor mit sensiblen Messgeräten Hirnströme, Muskel- und Augenbewegungen und Herzfrequenz aufgezeichnet und wissenschaftlich ausgewertet werden, registrieren die Fitness-Tracker oft nur sehr ungenau die Bewegungen des Schläfers und lassen ihn mit den Ergebnissen allein. Die große Gefahr liege darin, dass Anwender bei vermeintlich schlechten Daten entweder unnötig verunsichert werden oder sich bei angeblich guten Ergebnissen in Sicherheit wiegen, obgleich sie tatsächlich unter Schlafstörungen leiden, die behandelt werden müssten. Deshalb seien solche “Handgelenks-Ärzte” sehr kritisch zu bewerten.
Professor Dieter Riemann, Freiburg, hat dennoch einige Empfehlungen, wie Betroffenen die moderne Technik sinnvoll nutzen können: “Was Smartphone-Apps betrifft, so ist es durchaus sinnvoll, z. B. Schlaftagebücher, die bislang ja handausgefüllt wurden, auch als Smartphone Application umzusetzen. Dies ermöglicht eine zeitnahe Erhebung und auch eine Rückmeldung, etwa in Form von Grafiken”, so Riemann. Internetprogramme für Menschen mit Schlafstörungen gibt es auch, SHUTi und Sleepio nennt Riemann als positive Beispiele, die wissenschaftlich geprüft wurden. Sie könnten zum Beispiel Menschen helfen, “die wegen ihrer Schlafproblematik nie einen Arzt oder entsprechenden Experten konultieren würden.” So gut wie die klassische Therapie beim Arzt/Therapeuten seien die Programme aber nicht. Er gibt außerdem zu bedenken, dass Nutzer immer darauf achten sollten, welche persönlichen Daten sie preisgeben und wer diese Daten dann einsehen kann.
Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin beklagt, dass schlafmedizinische Leistungen “in der Gebührenordnung nicht hinreichend abgebildet sind” – dass es also schwierig ist, für diese Leistungen auch bezahlt zu werden. Auch sei es schwierig, Menschen mit Schlafapnoe (Schlafapnoe: Atemstillstände während des Schlafes) mit atmungsunterstützenden Apparaten zu versorgen, Grund dafür sei der Druck durch die Kostenträger.
Um die Versorgung von Menschen mit Schlafstörungen zu verbessern, sucht die DGSM die Zusammenarbeit mit den Hausärzten. Dazu DGSM-Präsident Wiater: “Wir streben an, in enger Kooperation mit den hausärztlichen Verbänden die hausärztliche Schlafmedizin weiter zu etablieren. Wir haben schon ein Fortbildungs-Curriculum für Hausärzte etabliert, und hoffen, dass wir auf diese Art und Weise an der Basis eine Verbesserung der schlafmedizinischen Versorgung erreichen können.”
Quelle: Pressegespräch der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) und DGSM-Presseinformation
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