- Behandlung
Therapie undenkbar ohne Schulung!
3 Minuten
Wer Diabetes hat, benötigt Wissen und Fertigkeiten für den Alltag. Beides erhält man in Deutschland im Rahmen von Diabetes-Schulungs- und Behandlungsprogrammen. Welche Inhalte haben die Programme, warum muss es für die unterschiedlichen Diabetes-Typen eigene Programme geben, und welche kritischen Zeitpunkte rufen dringend nach einer Schulung? Hier die Antworten.
Für eine erfolgreiche selbstverantwortliche Umsetzung einer Diabetesbehandlung im Alltag benötigt jeder Diabetiker Wissen und Fertigkeiten – die werden ihm normalerweise vermittelt im Rahmen von strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogrammen sowie in Einzelschulungen.
Eine Diabetesbehandlung ohne Schulung ist heute undenkbar. Deutschland hat durch die Disease-Management-Programme (DMPs) den Anspruch auf Zugang zu strukturierter Diabetesschulung formal verankert. Allerdings haben längst nicht alle Menschen mit Diabetes an einem solchen Programm teilgenommen:
Längst nicht alle Patienten sind geschult
Bislang nutzten dies 50 bis 70 Prozent der Menschen mit Typ-2-Diabetes und 87 Prozent der Typ-1-Diabetiker. Die Basisschulung sollte entsprechend dem Diabetestyp, der Art der Behandlung und dem Gesamtrisikoprofil des jeweiligen Betroffenen erfolgen; daneben gibt es Wiederholungs-, Auffrischungs- und Ergänzungsschulungen, die je nach Problem und Zielgruppe als Gruppen- oder Einzelschulung angeboten werden. Letztere kann z. B. angezeigt sein bei Umstellung auf eine Insulintherapie (Typ-2-Diabetes) oder bei Beginn einer Insulinpumpenbehandlung bei Kindern.
Der Umfang eines Schulungsprogramms liegt zwischen 8 und 24 Unterrichtsstunden à 45 Minuten und kann für Typ-2-Diabetiker stattfinden in diabetologischen Schwerpunktpraxen bzw. Schulungszentren sowie auch in (spezialisierten) Hausarztpraxen.
Schulungen für Typ-1-Diabetiker finden dagegen in der Regel in der diabetologischen Schwerpunktpraxis und in Schulungs- oder Versorgungszentren statt. Für Vorschulkinder, Schulkinder und Jugendliche mit Diabetes (und ihre Eltern) sind in Abhängigkeit vom Alter und Entwicklungsstand der Kinder unterschiedliche Schulungen notwendig.
Wesentliche Schulungsaspekte für beide Diabetestypen
Die Inhalte für Typ-1- und Typ-2-Diabetes-Schulungen unterscheiden sich teils – aber folgende wesentliche Aspekte sind unverzichtbar für beide Diabetestypen:
- Unterstützung zum eigenverantwortlichen Umgang mit dem Diabetes,
- Erlernen von Selbstkontrollmaßnahmen sowie deren Dokumentation und Interpretation,
- Erkennen, Behandeln und Vorbeugen von Akutkomplikationen wie Unterzuckerung und Überzuckerung,
- Bedeutung der Ernährung und der körperlichen Bewegung in Zusammenhang mit der Diabetesbehandlung,
- Verhalten in besonderen Situation, z. B. auf Reisen.
Die internationale Diabetes-Fachzeitschrift Diabetes Care (Juli 2015) beschäftigt sich mit einer Stellungnahme der amerikanischen Diabetes-Gesellschaft (ADA) zum Thema “Schulung und Unterstützung zum Diabetes-Selbstmanagement bei Typ-2-Diabetes”. Die Fachgesellschaft bekräftigt, wie bedeutsam es für alle Menschen mit Diabetes ist, eine Schulung sowie weitere Unterstützung zum Diabetes-Selbstmanagement zu erhalten – sowohl bei Diagnosestellung als auch bei Bedarf danach.
Vier kritische und wichtige Zeitpunkte für Schulung
Eine solche Schulung habe sich laut ADA als kosteneffektiv und wirksam erwiesen. Sie habe zu weniger Krankenhausaufnahmen und geringeren gesundheitsbezogenen Kosten geführt – mit einem niedrigeren Risiko für Komplikationen. Günstige Auswirkungen habe eine Schulung zum Selbstmanagement auch auf andere Bereiche wie psychosoziale Aspekte und Lebensqualität. Das oberste Ziel sei in jedem Fall ein stärker engagierter und informierter Patient.
Nach Ansicht der amerikanischen Diabetes-Gesellschaft gibt es 4 kritische Zeitpunkte, zu denen der Schulungsbedarf erhoben, eine Schulung durchgeführt bzw. Anpassungen vorgenommen werden müssen:
- bei Diagnosestellung,
- bei jährlichen Erhebungen zum Schulungsstatus, zur Ernährung und zu emotionalen Bedürfnissen,
- wenn neue verkomplizierende Faktoren das Selbstmanagement beeinflussen,
- während Übergangsstadien in der Versorgung.
Leitprinzipien und Schlüsselelemente einer Schulung
Leitprinzipien und Schlüsselelemente einer Schulung zum Selbstmanagement beinhalten Engagement, das Teilen von Information, psychosoziale- und Verhaltensunterstützung, die Integration anderer Behandlungen sowie eine Koordination der Versorgung im Sinne einer Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen und Versorgungsstrukturen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Identifizierung und Überwindung von Barrieren (z. B. ein bestehendes Missverständnis hinsichtlich der Notwendigkeit und der Wirksamkeit einer Schulung zum Diabetes-Selbstmanagement), die betroffenen Patienten den Zugang zu einer Schulung zum Selbstmanagement erschweren.
Wichtiges Wissen über das Diabetes-Selbstmanagement
Der Begriff “Diabetes-Selbstmanagement” bezieht sich meistens auf eine Selbstkontrolle des Stoffwechsels und damit in der Regel auf Blutzucker- bzw. Harnzuckermessungen, bei Verdacht auf Stoffwechselentgleisung zudem auf eine Ketonkörpermessung sowie unter Umständen auf eine Selbstkontrolle und Selbstmessung von Blutdruck und Körpergewicht.
Damit Sie als Betroffener erfolgreich eine Selbstkontrolle des Stoffwechsels durchführen können, ist unabdingbare Voraussetzung eine ausreichende Wissensvermittlung zur Erkrankung, eine Schulung in Funktion und Handhabung der jeweiligen Fertigkeiten bzw. Geräte sowie der Interpretation und Dokumentation von Messergebnissen und der sich daraus ableitenden Therapieentscheidungen.
Selbstkontrolle bedeutet aber auch ein aktives Mitwirken seitens des Patienten, eine regelmäßige Besprechung des Tagebuchs mit den dokumentierten Werten, eine von Patient und Arzt gemeinsam vorgenommene Festlegung individueller Therapieziele und Therapieabsprachen sowie ein Einverständnis über regelmäßige wichtige Untersuchungen (z. B. HbA1c, Augenhintergrund etc.).
Diagnostische und therapeutische Neuentwicklungen
In Zukunft könnten auch diagnostische und therapeutische Neuentwicklungen eine bedeutende Rolle beim Diabetes-Selbstmanagement spielen und das Gebiet der Selbstkontrolle und Insulindosisanpassung erweitern bzw. womöglich revolutionieren: z. B. kontinuierliche Glukosemonitoring-Systeme (CGM-Systeme) bzw. eine künstliche Bauchspeicheldrüse mit einem geschlossenen Regelkreis (closed loop) – bestehend aus einem z. B. auf einem Smartphone befindlichen Algorithmus (Rechenmodell) sowie einer automatisierten Insulindosisanpassung einer Insulinpumpe auf Basis kontinuierlicher, in der Zwischenzellflüssigkeit der Haut gemessener Zuckerwerte mittels CGM-System.
- Forschung: die Wege der Insulintherapie
- Orale Antidiabetika – Übersicht 2015
- Therapie undenkbar – ohne Schulung
von Dr. Sabine Arnolds
Profil Institut für Stoffwechselforschung GmbH,
Hellersbergstraße 9, 41460 Neuss,
E-Mail: sabine.arnolds@profil.com
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2015; 64 (10) Seite 30-31
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bloodychaos postete ein Update vor 2 Tagen, 18 Stunden
Hey, brauche Eure Hilfe. Habe den G7 genutzt. Als der über mehrere Monate (Frühjahr/Sommer 2025) massive Probleme (teils Abweichungen von 150 mg/dL, Messfaden schaute oben heraus) machte bin ich zum G6 zurückgegangen. Dessen Produktion wird nun eingestellt. Ich habe solche Panik, wieder den G7 zu nutzen. Habe absolut kein Vertrauen mehr in diesen Sensor. Aber mit meiner TSlim ist nur Dexcom kompatibel. Ich weiß nicht was ich machen soll, ich habe solche Angst.
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loredana postete ein Update vor 4 Tagen, 14 Stunden
Die Registrierung mit dem Geburtsjahr war echt sportlich. Wollte es schon fast wieder abbrechen.
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Mit “meinem” Omnipod 5 wird der Dexcom G7 Ende 2026 voraussichtlich der einzige verfügbare Sensor sein.
So richtig begeistert über die Einstellung des G6 bin ich auch nicht, auch wenn es absehbar war.
Ich habe einfach die Hoffnung, dass die Qualitätsprobleme beim G7 bis dahin ausgestanden sind.
Ich warte das Thema noch einige Monate ab.
Wenn ich Ende 2026 feststelle, dass die Kombination aus meiner Pumpe und dem CGM für mich nicht funktioniert, bin mir sicher, dass meine Diabetes-Ärztin und ich eine gute Lösung für mich finden.
Hier habe ich aufgeschnappt, dass für die t:slim wohl eine Anbindung des Libre 3 in der Mache ist:
https://insulinclub.de/index.php?thread/36852-t-slim-mit-libre-3-wann/
Leider steht keine überprüfbare Quelle dabei. 🤷♂️
Ein weiterer mir wichtiger Gedanke:
Angst und Panik sind in diesem Zusammenhang vermutlich keine hilfreichen Ratgeber. Hoffentlich schaffst Du es, dem Thema etwas gelassener zu begegnen.
(Das sagt der Richtige: Ich habe in meinem letzten DiaDoc-Termin auch die Hausaufgabe bekommen, mal zu schauen, was mir gut tut.)
@ole-t1: Hey Ole, ganz lieben Dank für Deine Nachricht. Die Produktion des G6 endet laut einem Artikel auf dieser Seite ja zum 1. Juli 2026. Wann der Libre3 mit der TSlim kompatibel sein wird weiß man ja noch nicht. An sich gefällt mir Dexcom auch besser als Libre und die erste Zeit lief der G7 ja auch super bei mir. Ich kann mir schwer vorstellen, dass der G7 von heute auf Morgen nicht mehr bei mir funktioniert? Es gab ja auch das Gerücht das Dexcom eine zeitlang Produktionsprobleme hatte, dass wäre ja eine Erklärung, aber da geht Dexcom natürlich auch nicht mit hausieren.
@bloodychaos: Moin, ich benutze den G 7 seit Dezember 2022 (vorher G 6). Seit Dezember 2024 in Kombination mit der t:slim X 2 Ja, es hat immer mal wieder einen Sensor gegeben, der nicht richtig funktioniert hat . Dann wurde ein neuer gesetzt, der Vorfall an Dexcom gemeldet und es gab dann wenige Tage später einen neuen Sensor.
Wie ole-t1 schon geschrieben hat, erst einmal die Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen. Alle auf dem Markt erhältlichen Sensoren haben Schwankungen in der Genauigkeit ihrer Angaben. Wichtig ist daher zu beurteilen, ob das, was der Sensor anzeigt, überhaupt sein kann.
Zum Beispiel durch blutiges Nachmessen (dabei bitte dran denken, dass der Gewebezucker, den die Sensoren messen, rd. 20-30 Minuten hinter dem Blutzucker hinterher hinkt).