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Urlaub und Reisen mit Diabetes: Das ist kein Problem, wohin auch immer es geht. Aber mit der chronischen Erkrankung ist es wichtig, ein paar Dinge zu beachten – und gewappnet zu sein, falls einen “Montezumas Rache” erwischt.
In der Mai-Ausgabe des Diabetes-Journals gab es im Schwerpunkt viel über die Vorbereitungen für eine Reise trotz oder mit Diabetes zu erfahren. Grundsätzlich können Menschen mit Diabetes natürlich jedes Reiseziel haben und jedwede Form des Reisens planen wie Menschen ohne Diabetes. Für alle aber gilt: Die Reise sollte eine der schönsten Abwechslungen eines für viele Menschen langen arbeitsreichen Jahres sein.
Gerade nach den oft sehr entbehrungsreichen letzten drei Jahren der Corona-Pandemie haben viele den Wunsch nach einer Fernreise und wollen auch “etwas” nachholen. So reisen auch viele ältere Menschen in ferne Länder mit ihrem eigenen Reiz – die aber manchmal auch besondere Gefahren für ihre Gesundheit bergen, besonders für Menschen mit Diabetes. Manche, vor allem Jüngere, gehen dabei nicht selten Risiken ein, die einer Infektion am Urlaubsort Vorschub leisten können. Dazu gehören das Wohnen in größeren Sälen mit engem Kontakt oder im Freien und fehlende Hygiene. Dies gilt besonders für Fern- und Extremreisen. Menschen mit Diabetes campen, surfen und trecken, gehen Bergwandern, Fallschirmspringen oder Tauchen wie jeder andere auch – und das ist gut so. Aber sie müssen neben dem Kennen von besonderen Risiken auch geschult sein, bei minus 30 °C ihren Blutzucker zu testen, eine Unterzuckerung auch im Gebirge oder in der Wüste bei plus 40 °C zu erkennen und richtig zu behandeln.
Ein Aktiv-Urlaub wird gerade auch im Sinne der Verbesserung der körperlichen und der geistigen Fitness bei Diabetes und eventuell Übergewicht von Seiten der Fachgesellschaften gewünscht. Für die Betroffenen steht allerdings zu Recht oft die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund. Damit der Aktiv-Urlaub zum Erlebnis wird und nicht zum Desaster, gibt es einige Empfehlungen, die natürlich jeder individuell umsetzen kann.
Vor jedem Aktiv-Urlaub sollte man sich fragen:
So kann es bei instabil verlaufenden Glukosewerten und dem Genuss von Nahrungsmitteln einer fremden Kultur, deren Gehalt an Kohlenhydraten bzw. deren Wirkung auf die Glukosewerte man nicht abschätzen kann, zu Entgleisungen der Werte kommen. Zu bedenken ist auch: Soll z. B. ein Kletterer seinen Mit-Kletterer am Berg sichern, ist dies grundsätzlich natürlich auch für einen Menschen mit Diabetes möglich. Aber man muss sich darauf verlassen können, dass dieser seinen aktuellen Glukosewert kennt und den weiteren Verlauf sicher einschätzen kann, er seinen Diabetes also sicher im Griff hat, um den Mit-Kletterer zuverlässig sichern zu können.
Da nach aktuellen sportmedizinischen Empfehlungen sowohl Ausdauer- als auch mäßiger Kraftsport die Insulinempfindlichkeit bei Menschen verbessert, sollten derartige Sportarten auch im Aktiv-Urlaub ausgeübt werden. Der Sport ist dann Teil eines Gesamtkonzepts zur erfolgreichen Therapie des Diabetes. Grundsätzlich kann jeder Mensch mit relativ stabilen Glukosewerten und fehlenden Risiken für eine mögliche Verschlechterung von bereits vorhandenen Begleit- und Folgeerkrankungen wie Bluthochdruck, Netzhautschäden, Durchblutungsstörungen des Herzens usw. Aktiv-Urlaub machen.
Gerade bei Reisen z. B. in die Subtropen, Tropen oder auch Südamerika muss man als Europäer wegen ungewohnter Keime in den ersten Tagen mit Durchfall rechnen, auch ohne schwere Symptome. Das Risiko für eine Reise-Durchfall-Erkrankung, auch als “Montezumas Rache” bezeichnet, ist in den verschiedenen Gebieten der Erde sehr unterschiedlich. In Hochrisiko-Gebieten erkranken innerhalb der ersten zwei Urlaubswochen zwischen 20 und 60 Prozent der Urlaubmachenden! In Ländern mit mittelhohem Risiko erkranken dagegen nur etwa 8 bis 20 Prozent innerhalb von zwei Wochen. Meist handelt es sich dabei um akute Infektionen, ausgelöst durch Bakterien, Viren oder Parasiten.
Die häufigsten Krankheitserreger sind Escherichia-coli-Bakterien (meist bekannt als E. coli oder Kolibakterien), aber auch Salmonellen, Shigellen usw. Aber auch Parasiten (z. B. Lamblien) und Viren (z. B. Noro- und Rotaviren) spielen eine Rolle. In der Regel erfolgt die Übertragung der Erreger durch die Nahrung, z. B. rohes Obst und Gemüse, oder durch Wasser, z. B. aus Eiswürfeln und Leitungswasser. Auch Typhus kann auftreten. Allerdings beträgt die Inkubationszeit eine bis sechs Wochen, sodass Typhus-Erkrankungen oft erst nach Rückkehr von der Reise auftreten. Risiko-Länder bzw. -Regionen sind Südostasien, Indien und Pakistan. Die Impfung gegen Typhus hat nur eine mäßige Wirksamkeit von 50 bis 70 Prozent.
Was die Lebensmittel-Hygiene angeht, gelten deshalb besondere Vorsichtsmaßnahmen:
Bei Übelkeit, Erbrechen und Durchfall können Elektrolyt-Lösungen, aber auch Medikamente wie Imodium oder Kohlekompretten nützlich sein.
Merke: Übelkeit, Erbrechen und Durchfall können auch Zeichen einer Stoffwechsel-Entgleisung mit hohen Blutzuckerwerten und begleitender Ketoazidose sein. Deshalb sollte man bei Diabetes immer auch daran denken und Blutzucker oder Urin auf Ketone testen.
Im Alter reagiert unser Immunsystem nicht mehr so gut wie in jüngeren Jahren. Deshalb haben Impfstoffe für ältere Menschen einen höheren Gehalt an “Antigenen”, also ungefährlichen Teilen des Erregers, gegen die der Körper Abwehrmechanismen entwickelt. Dies gilt z. B. für die Grippeimpfung.
Übrigens: Eine Grippeimpfung kann auch im Sommer sinnvoll sein, wenn eine Reise auf die Südhalbkugel der Erde geplant ist.
Die Corona-Zeit hat uns gezeigt, dass bei Fahrten in Taxi, Bus, Zug oder Flugzeug durch den engen Kontakt zueinander eine Infektion durch Tröpfchen sehr viel einfacher möglich ist. Dies sollte man bei aller Freude nicht vergessen und eventuell vorbeugen: indem man die Fenster öffnet, einen Mundschutz trägt usw.
Im Flugzeug ist eine Infektion weniger wahrscheinlich, da Flugzeuge häufig über HEPA-Filter verfügen; HEPA steht für High-Efficiency Particulate Air. Ist die Lüftungsanlage jedoch ausgeschaltet wie bei Zwischenstopps oder Pannen, besteht das übliche Risiko.
Übrigens: Der Impfschutz gegenüber SARS-COV-2 (Corona-Infektion) lässt auch bei sonst gesunden Menschen schon nach einigen Monaten deutlich nach und das Risiko für einen schwerwiegenden Verlauf ist mit zunehmendem Alter höher. Ein besonderes Risiko besteht auch für Menschen mit Typ-2-Diabetes und extremem Übergewicht (Adipositas). Aktuell sind bei Menschen über 60 Jahre vier Impfungen empfohlen. Die aktuellen Impf-Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) findet man unter www.stiko.de.
Bei allen über 60-Jährigen sollte bei der Grippe-Impfung der Hochdosis-Impfstoff verwendet werden. Bei uns ist der Erkrankungsgipfel im Herbst und Winter, von Oktober bis Mai – auf der Südhalbkugel der Erde hingegen zwischen April und September.
Über 60-Jährige sollten geimpft werden, da insbesondere in Süd- und Osteuropa Pneumokokken zirkulieren, die gegen wichtige Antibiotika, z. B. Penicillin, resistent sind.
Größere Infektions-Ausbrüche mit Meningokokken sind bei Reisen im “Meningitis-Gürtel” (Sahelzone) schon aufgetreten. Bei Reisen in andere Regionen spielen andere Meningokokken-Typen als in Afrika bei der Infektion eine Rolle, z. B. bei Übernachtungen in Schlafsälen. Eine rechtzeitige und passende Impfung bei Reisen in diese Gebiete wird deshalb empfohlen.
Auch Diphterie-Infektionen nehmen zu. In England z. B. treten 25 Prozent der Fälle bei Rückkehrern von Reisen nach Afrika und Indien auf. Häufig ist der Schutz durch die Impfung nicht mehr ausreichend, weil mehr als zehn Jahre seit dem Impfen vergangen sind.
Wer eine Reise in ein Malaria-Gebiet plant, kann vorbeugen z. B. mit einem Antibiotikum aus der Gruppe der Tetrazykline. Durch sie kann es zu einer stärkeren Wirkung des Insulins kommen. Behandelt werden kann eine Malaria mit Chininen, wobei es zu Unterzuckerungen kommen kann. Vorbeugen ist deshalb wichtig, Schutzmaßnahmen wie Moskito-Netze, entsprechende Kleidung und Sprays sind angeraten.
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2023; 72 (7) Seite 30-34
5 Minuten
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