Welchen Einfluss die Ernährung auf den Blutdruck hat

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Welchen Einfluss die Ernährung auf den Blutdruck hat

Salz spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung von hohem Blutdruck. Neben den bekannten, „klassischen“ Mechanismen der Krankheitsentstehung wurde in den letzten Jahren viel über die schädigenden Effekte von Salz via Mikrobiom und Immunsystem geforscht. Eine neue Studie soll nun z.B. den Einfluss eines Probiotikums auf den Blutdruck untersuchen. Aktuelle bevölkerungsbasierte Studien zeigen die dramatischen gesundheitsschädigenden Effekte eines zu hohen Salzkonsums, weshalb die Deutsche Hochdruckliga appelliert, die Salzzufuhr zu reduzieren. Diese „einfache“ diätetische Maßnahme könnte die Rate kardiovaskulärer Ereignisse deutlich senken.

Moderne Ernährungsgewohnheiten führen zu erhöhter Salzaufnahme

Salz ist ein Treiber von Bluthochdruck. Die modernen Ernährungsgewohnheiten mit Fertigprodukten und konservierten Lebensmitteln haben dazu geführt, dass der moderne Mensch ein Vielfaches an Salz zu sich nimmt, als physiologisch sinnvoll ist. Bislang ist man davon ausgegangen, dass ein zu hoher Salzkonsum zum Blutdruckanstieg und in Folge zu Endorganschäden führt. Relativ neu ist die Erkenntnis, dass Salz auch eine Immunzellaktivierung anstößt und entzündungsfördernde Zytokine aktiviert.

Tierexperimentell [1, 2] konnte gezeigt werden, dass ein erhöhter Salzkonsum zur Infiltration des Nervensystems mit TH17-Zellen führt. Diese T-Helferzellen gehören zum Immunsystemen und werden mit der Entstehung von chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht. Neben Immunsystem und Nervensystem ist auch das gastrointestinale System bei der Entstehung von Bluthochdruck in Folge eines hohen Salzkonsums beteiligt. Ein kürzlich im „The New England Journal of Medicine“ [3] erschienenes Editorial fasst die beteiligten Organsysteme und die verschiedenen Signalwege zur Salzexkretion zusammen und betont, dass bereits der Ausfall eines Signalwegs zur Salzsensitivität und Bluthochdruck in Folge führt.

Probiotikum: Neue Therapieoption zur Behandlung salzsensitiven Bluthochdrucks?

Wissend, dass das Mikrobiom das Immunsystem reguliert, wurden in den vergangenen Jahren Untersuchungen des Darm-Mikrobioms bei Bluthochdruck und assoziierten Organschäden initiiert. Wegweisend war eine Arbeit von Dr. Nicola Wilck, Charité-Universitätsmedizin Berlin, deren Ziel es war, Einflussfaktoren für das Mikrobiom zu charakterisieren und Auswirkungen auf die Entzündung (Inflammation) besser zu verstehen. Die Arbeitsgruppe zeigte [4], dass eine erhöhte Salzaufnahme neben der Erhöhung des Blutdrucks zu Veränderungen des Mikrobioms, bakterieller Metabolite und entzündungsfördernde TH17-Zellen führt und eine gezielte Behandlung mit einem Probiotikum (Produkt, das lebende Mikroorganismen enthält) diese Veränderungen verhindern könnte. Das Experimental and Clinical Research Center (ECRC) der Charité-Universitätsmedizin Berlin rekrutiert derzeit Patientinnen und Patienten im Alter von 50-80 Jahren für eine randomisierte klinische Studie (HYPRO), um den Einfluss eines Probiotikums auf den Blutdruck von Patienten mit Hypertonie Grad 1 zu untersuchen.

„Das sind sehr interessante Ansätze, die komplett neue Therapieoptionen zur Behandlung von salzsensitivem Bluthochdruck in Aussicht stellen“, erklärt Prof. Ulrich Wenzel, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga. „Doch bei diesem Ansatz beginnen wir am Ende der Kette. Wir versuchen, die negativen Folgen, die ein hoher Salzkonsum auf das Mikrobiom hat, durch die Gabe von Probiotika zu korrigieren. Einfacher wäre es – zumindest in der Theorie –, den Salzkonsum konsequent zu senken.“

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Salzreduktion hat deutlich positive Auswirkungen auf kardiovaskuläres Risiko

Dass das einen eindrucksvollen Effekt hat, konnte jüngst eine chinesische Studie [6] zeigen. Die Studie war darauf ausgelegt, den Effekt einer Kochsalzreduktion über die Nahrung an einer Population von Hochrisikopatientinnen und -patienten zu untersuchen. Die Open-Label-Studie schloss 20.995 Personen ein, die entweder bereits einen Schlaganfall erlitten hatten oder mindestens 60 Jahre alt waren und unter Bluthochdruck litten. Die Teilnehmenden wurden nach dem Zufallsprinzip in gleich große Gruppen eingeteilt. In der Interventionsgruppe verwendeten die Studienteilnehmer Kochsalzsubstitute bzw. Salz-Ersatzprodukte (Mineralsalzmischung aus 75 Prozent Natriumchlorid und 25 Prozent Kaliumchlorid), in der Kontrollgruppe wurde weiterhin das übliche Kochsalz benutzt (100 Prozent Natriumchlorid).

Erfasst wurde die Häufigkeit von neu aufgetretenen Schlaganfällen im Studienzeitraum; auch die klinische Sicherheit des Kochsalzsubstitutes wurden überprüft. Die Studienteilnehmer (49,5 Prozent weiblich) waren im Mittel 65,4 Jahre alt, 88,4 Prozent litten an Bluthochdruck und 72,6 % hatten bereits einen Schlaganfall erlitten. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 4,74 Jahre. Im Ergebnis war die Schlaganfallrate in der Interventionsgruppe 14 Prozent niedriger als in der Kontrollgruppe, ebenso die Gesamttodesfälle.

„Allein durch die nur 25%ige Reduktion der Natriumchloridzufuhr konnte die Sterblichkeit und die Schlaganfallrate in einer Hochrisikopopulation signifikant gesenkt werden“, betont Prof. Wenzel. „Doch auch in der Allgemeinbevölkerung hat die Reduktion des Salzkonsums einen großen Effekt, wie eine Studie zeigte, die am 13. November dieses Jahres im ‚The New England Journal of Medicine‘ (NEJM) [7] erschienen ist.“ In der Untersuchung wurden sechs Populationskohorten aus Großbritannien mit über 10.000 gesunden Menschen analysiert. Es zeigte sich, dass das kardiovaskuläre Risiko proportional mit dem Salzkonsum, gemessen an der Salzausscheidung im Urin, anstieg. Jeder 1.000 mg-Anstieg der Natriumexkretion ging mit einer 18%-igen Erhöhung des Risikos für Herzerkrankungen und Schlaganfälle einher. Das entspricht etwa einer diätetischen Zufuhr von 2,5 g Salz .

„Gefahr ist allgemein noch zu wenig bekannt“

Wie der Experte ausführt, schien in beiden NEJM-Studien [6, 7] Kalium eine schützende Wirkung zu haben. In der chinesischen Studie [6] war Natriumchlorid z.T. durch Kaliumchlorid ersetzt worden, in der Studie aus Großbritannien war das kardiovaskuläre Risiko am höchsten, wenn im 24-h-Urin eine hohe Natriumausfuhr und eine niedrige Kaliumausfuhr gemessen wurde.

„Das zeigt, wie groß der Einfluss des zu hohen Salzkonsums auf die Gesundheit ist, doch diese Gefahr ist allgemein noch zu wenig bekannt“, schlussfolgert der Experte. Die Deutsche Hochdruckliga hat sich daher der weltweiten Initiative der World Hypertension League zur Aufklärung über den Salzkonsum angeschlossen.

Literatur
1] Wu C, Yosef N, Thalhamer T, Zhu C, Xiao S, Kishi Y, et al. Induction of pathogenic TH17 cells by inducible salt-sensing kinase SGK1. Nature. 2013;496(7446):513-7.
[2] Kleinewietfeld M, Manzel A, Titze J, Kvakan H, Yosef N, Linker RA, et al. Sodium chloride drives autoimmune disease by the induction of pathogenic TH17 cells. Nature. 2013;496(7446):518-22.
[3] Ellison DH, Welling P. Insights into Salt Handling and Blood Pressur.e N Engl J Med 2021; 385:1981-1993. November 18, 2021, DOI: 10.1056/NEJMra2030212
[4] Wilck N, Matus MG, Kearney SM, Olesen SW, Forslund K, Bartolomaeus H, et al. Salt-responsive gut commensal modulates TH17 axis and disease. Nature. 2017;551(7682):585-9
[5] https://www.charite.de/service/klinische_studien_detail/item/studien_detail/cabl001e2201/
[6] Neal B, Wu Y, Feng X et al. Effect of Salt Substitution on Cardiovascular Events and Death. N Engl J Med 2021 Sep 16; 385
[7] Ma Y, He FJ, Sun Q et al. 24-Hour Urinary Sodium and Potassium Excretion and Cardiovascular Risk. N Engl Med 2021, online November 13, 2021, doi: 10.1056/NEJMoa2109794

Quelle: Deutsche Hochdruckliga | Redaktion

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