Wunden am Fuß bei Diabetes vorbeugen: Auch drinnen maßgefertigte Schuhe tragen!

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Wunden am Fuß bei Diabetes vorbeugen: Auch drinnen maßgefertigte Schuhe tragen!
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Wunden am Fuß bei Diabetes vorbeugen: Auch drinnen maßgefertigte Schuhe tragen!

Ein zentrales Ziel bei der Betreuung von Menschen mit Diabetes ist die Prävention von schwerheilenden Wunden an den Füßen. Hier­bei können unter anderem maßgefertigte Schuhe helfen, die besonders gefährdete Fuß-Regionen entlasten. Allerdings tragen viele Betroffene diese Schuhe nicht in Innenräumen. Speziell für diesen Zweck angefertigte Hausschuhe machen es ihnen leichter, auch drinnen druckentlastendes Schuhwerk zu tragen.

Etwa 30 Prozent der Menschen mit Diabetes entwickeln im Krankheitsverlauf mindestens einmal ein diabetisches Fußulkus – ein schwerheilendes Geschwür am Fuß, berichtet Dr. Renske Keukenkamp von der Universität Amsterdam. Das Risiko für ein Wiederauftreten ist dabei hoch: Nach der Abheilung kann innerhalb eines Jahres in 40 Prozent und innerhalb von drei Jahren in 60 Prozent der Fälle erneut ein Geschwür auftreten.

Schutz für empfindliche Füße

In ihren evidenzbasierten Leitlinien empfiehlt die International Working Group on the Diabetic Foot (IWGDF) ein risikoadaptiertes Vorgehen. Es sieht für alle Menschen mit Diabetes die Anleitung zur Selbstinspektion der Füße und Aufklärung über erste Anzeichen eines Geschwürs vor. Bei geringem Risiko für Geschwüre sollte ein jährliches Screening auf die peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) und den Verlust des Berührungs- und Schmerzempfindens stattfinden. Bei Personen mit höherem Risiko sollten auch weitere Risikofaktoren regelmäßig abgeklärt werden. Liegt ein mäßiges oder hohes Risiko und/oder eine PAVK vor, werden u.a. das Monitoring der Hauttemperatur an den Füßen und das Tragen therapeutischer Spezial-Schuhe empfohlen, die den plantaren Druck reduzieren.

Zur Vorbeugung gegen Fußgeschwüre empfehlen die internationalen Leitlinien bei mäßigem bis hohem Risiko für solche Geschwüre individuell angepasstes Schuhwerk (siehe obigen Kasten). Um die Füße wirkungsvoll zu entlasten, müssen die Schuhe allerdings auch regelmäßig getragen werden, sagt die Forscherin. Allerdings tragen viele Risikopersonen dennoch auch Konfektionsschuhe oder laufen barfuß bzw. in Socken – ein optimaler Schutz der empfindlichen Füße ist somit nicht gewährleistet. Dies trifft insbesondere auf die Wahl des Schuhwerks in Innenräumen zu, wo immerhin rund 60 Prozent der Schritte des gesamten Tages gegangen werden.

Sind maßgefertigte Schuhe für Menschen mit Diabetes eine gute Motivation?

Nun prüften die Wissenschaft­lerinnen und Wissenschaft­ler im Rahmen einer prospektiven Interventionsstudie, an der sich drei multidisziplinäre Fußambulanzen beteiligten, ob die Betroffenen durch maßgefertigte Hausschuhe besser dazu zu motivieren sind, auch in Innenräumen optimales Schuhwerk zu tragen. An der Untersuchung nahmen 31 Menschen mit einem Typ-1- oder Typ-2-Diabetes (42 Prozent Frauen, Durchschnittsalter 69 Jahre) und mäßigem oder hohem Fußgeschwür-Risiko teil. Ein vorbestehende Geschwür, ein Charcot-Fuß, eine vorangegangene Amputation oberhalb des Tarsometatarsal-Gelenks (das Gelenk zwischen den Keilbeinen und dem Würfelbein und den Basen der Mittelfußknochen) sowie mangelnde Gehfähigkeit stellten Ausschlusskriterien dar. Alle verfügten bereits über maßgefertigte Straßenschuhe und erhielten nun zusätzlich maßgefertigte, knöchelhohe, biomechanisch entlastende, leichte Indoor-Schuhe, die mittels Klett- und Reißverschluss zu schließen waren.

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Vor einen sowie vor zwölf Monate nach der Hausschuhversorgung prüften die Forschenden mithilfe eines am Knöchel getragenen Schrittzählers sowie Temperatursensoren in den Schuhen, wie konsequent die Teilnehmenden die Straßen- und die Hausschuhe getragen haben. Als „geringe Trage-Adhärenz“ (Adhärenz bedeutet das Ausmaß, den Behandlungsempfehlungen zu folgen) werteten sie es, wenn die Probandinnen und Probanden unter 80 Prozent der Schritte mit den maßgefertigten Schuhen gegangen haben. Zusätzlich verdeutlichten sie mithilfe von Drucksensoren die beim Gehen in den Schuhen auftretenden Spitzendrücke an den Sohlen. Nach drei Monaten befragten sie die Studienteilnehmenden zur Benutzerfreundlichkeit der Indoor-Schuhe sowie zu ihrer Zufriedenheit mit der Schuhversorgung.

Die Empfehlung bei hohem Risiko für Wunden am Fuß: individuelle Hausschuhe

Vor Studienbeginn gingen 23 der 31 Personen unter 80 Prozent ihrer Schritte in Innenräumen mit ihren maßgefertigten Schuhen. Dieser Anteil nahm in dieser Gruppe signifikant zu: Von zunächst 65 auf 77 Prozent nach einem und auf 87 Prozent nach 12 Monaten. Dies lag im Wesentlichen daran, dass die Spezial-Schuhe vermehrt auch drinnen getragen wurden. Der Wert kletterte von erst 48 auf 71 bzw. 77 Prozent. Außerhalb der eigenen Wohnung hatten die Teilnehmenden bereits ganz überwiegend ihre Spezial-Schuhe getragen (94 Prozent). Dieser Wert verbesserte sich im Studienverlauf nur geringfügig auf 98 bzw. 99 Prozent. Teilnehmende mit zunächst bereits hoher Indoor-Tragefrequenz behielten dieses Trageverhalten auch während der Interventionsphase bei. Die Auswertung der plantaren Druckmessungen zeigte in den Hausschuhen ähnlich hohe Spitzendrücke wie in den Straßenschuhen.

Ein Jahr nach Studienbeginn hielt die überwiegende Mehrzahl der Befragten die maßgefertigten Hausschuhe für nützlich. 79 Prozent zeigten sich mit den Schuhen zufrieden, 68 Prozent sahen ihre Erwartungen als erfüllt an. Allerdings empfanden nur 43 Prozent das Design als ansprechend. Acht Personen (26 Prozent) entwickelten während der Studienphase ein wiederkehrendes Geschwür an den Füßen. Angesichts dieser Studienergebnisse empfehlen die Forschenden, Menschen mit hohem Risiko für ein diabetisches Fußgeschwür nicht nur mit maßgefertigten Straßenschuhen, sondern zusätzlich auch mit individuell angepassten Indoor-Schuhen auszustatten. Wie effektiv diese Strategie wiederkehrenden Geschwüren vorbeugt, müssen nun weitere Studien zeigen, meinen sie.



von Dr. Judith Lorenz

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  • hallo, ich hab schon ewig Diabetes, hab damit 4 Kinder bekommen und war beruflich unterschiedlich unterwegs, in der Pflege und Pädagogik. Seit ein paar Jahren funktioniert nichts mehr so wie ich das möchte: die Einstellung des Diabetes, der eigentlich immer gut lief, Sport klappt nicht mehr….ich bin frustriert und traurig..so kenne ich das nicht.. Geht es jemanden ähnlich? Bin 53…Viele grüße. Astrid

    • Liebe Astrid! Ich gerade 60 geworden und habe seit 30 Jahren Typ 1, aktuell mit Insulinpumpe und Sensor versorgt. Beim Diabetes läuft es dank des Loop gut, aber Psyche und Folgeerkrankung, Neuropathie des Darmes und fehlende Hypoerkennung, machen mir sehr zu schaffen. Bin jetzt als Ärztin schon berentet und versuche ebenfalls mein Leben wieder zu normalisieren. Kann gut verstehen, wie anstrengend es sein kann. Nicht aufgeben!! Liebe Grüße Heike

    • @mayhe: Hallo liebe Heike, danke für deine schnelle Antwort, das hat mich sehr gefreut. Nein aufgeben ist keine Option, aber es frustriert und kostet so viel Kraft. Ich hoffe dass ich beruflich noch einen passenden Platz finde. Und danke dass du dich gemeldet hast und von deiner Situation berichtet. Das ist ja auch nicht einfach. Und ich wünsche auch dir eine gewisse Stabilisierung…jetzt fühle ich mich mit dem ganzen nicht mehr so alleine. Was machst du denn sonst noch? Viele Grüße Astrid

    • Liebe Astrid! Ja, das Leben mit Diabetes ist echt anstrengend. Es kommt ja auf den normalen Wahnsinn noch oben drauf. Ich habe den Diabetes während der Facharztausbildung bekommen und ehrgeizig wie ich war auch damit beendet. Auch meinen Sohn, 26 Jahre, habe ich mit Diabetes bekommen. Hattest bei den Kindern auch schon Diabetes? Leider bin ich von Schicksalsschlägen dann nicht verschont geblieben. Was dann zu der heutigen Situation geführt hat. Ich habe durchgehalten bis nichts mehr ging. Jetzt backe ich ganz kleine Brötchen, freue mich wenn ich ganz normale kleine Dinge machen kann: Sport, Chor, Freunde treffen, usw. Ich würde mich zwar gerne aufgrund meiner Ausbildung mehr engagieren, dazu bin ich aber noch nicht fit genug. Was machst du so und wie alt sind deine Kinder? Bist du verheiratet? Liebe Grüße Heike

  • Wir freuen uns auf das heutige virtuelle Community-MeetUp mit euch. Um 19 Uhr geht’s los! 🙂

    Alle Infos hier: https://diabetes-anker.de/veranstaltung/virtuelles-diabetes-anker-community-meetup-im-november/

  • insulina postete ein Update in der Gruppe In der Gruppe:Reisen mit Diabetes vor 3 Wochen

    Hallo Zusammen,
    ich reise seit meinem 10. Lebensjahr mit Diabetesequipment…
    Auf dem Segelboot mit meinen Eltern, auf Klassenfahrt in den Harz direkt nach meiner Diagnose 1984. Gerne war ich wandern, am liebsten an der Küste. Bretagne, Alentejo, Andalusien, Norwegen. Zum Leidwesen meiner Eltern dann auch mal ganz alleine durch Schottland… Seit einigen Jahren bin ich nun als Sozia mit meinem Mann auf dem Motorrad unterwegs. Neben Zelt und Kocher nimmt das Diabeteszeug (+weiterer Medis) einen Großteil unseres Gepäcks ein. Ich mag Sensor und Pumpe- aber das Reisen war „früher“ leichter. Im wahrsten Sinne es Wortes. Da eben nicht so viel Platz für Klamotten bleibt, bleiben wir (noch) gerne in wärmeren Regionen. Wo ist bei fast 40 Grad Sonnenschein der kühlste Platz an einem Motorrad? Und was veranstalten Katheter und Schlauch da schon wieder unter dem Nierengurt? Nach einem Starkregen knallgefüllte, aufgeplatzte Friotaschen auf den Motorradkoffern, bei den Reisevorbereitungen zurechtgeschnippelte Katheterverpackungen, damit einer mehr in die Tupperdose passt… Oft muss ich über so etwas lachen- und bin dankbar, dass mir noch nichts wirklich bedrohliches passiert ist.
    Im September waren wir auf Sardinien und auf dem Rückweg länger in Südtirol. Ein letztes Mal mit meiner guten, alten Accu-Check Combo. Jetzt bin ich AID´lerin und die Katheter sind noch größer verpackt… 😉
    Mein „Diabetesding“ in diesem Urlaub war eine sehr, sehr sehr große Sammlung von Zuckertütchen. Solche, die es in fast jedem Café gibt. Die waren überall an mir… in jeder Tasche, in der Pumpentache, überall ein- und zwischengeklemmt. Und liegen noch heute zahlreich im Küchenschrank. Nicht, weil sie so besonders hübsch sind und / oder eine Sammlereigenschaft befriedigen… Ich habe beim Packen zu Hause auf einen Teil der üblichen Traubenzuckerration verzichtet, da ich nach jedem Urlaub ausreichend davon wieder mit nach Hause schleppe.
    Da wollte ich wohl dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit sicherstellen, bei Unterzuckerungen trotzdem ausreichend „Stoff“ dabei zu haben…
    Ich freue mich auf den nächsten Urlaub und bin gespannt, was für eine Marotte dann vielleicht entsteht. Und, ob ich vom AID wieder in den „Basalratenhandbetrieb“ schalte.
    Die Marotte allerdings kündigt sich schon an. Da ich ja nun das Handy dringend benötige, habe ich bereits eine Sicherungsleine an Handy und Innentasche der Jacke befestigt. So kann ich das Handy zum Fotografieren oder für das Diabetesmanagement heraus nehmen -ohne dass es die Alpen hinunter- oder ins Wasser fällt. Diabetesbedingte Paranoia. 😉
    Wenn ´s weiter nichts ist… .
    Ich würde übrigens lieber ohne Erkrankungen reisen. Aber es hilft ja nichts… und mit Neugierde, Selbstverantwortung und ein bisschen Mut klappt es auch so.
    Lieben Gruß und viel Vorfreude auf die nächsten Urlaube
    Nina

    • Hallo Nina,

      als unser Kind noch kleiner war, fand ich es schon immer spannend für 2 Typ1 Dias alles zusammen zu packen,alles kam in eine große Klappbox.
      Und dann stand man am Auto schaute in den Kofferraum und dachte sich oki wohin mit dem Zuckermonster,es war also Tetris spielen im Auto ;). Für die Fahrten packen wir uns genug Gummibärchen ein und der Rest wird zur Not dann vor Ort gehohlt.
      Unsere letzte weite Fahrt war bis nach Venedig

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