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8 000 bis 10 000 Kilometer legt Felix Block pro Jahr mit dem Renn- oder Triathlonrad zurück. Seit 15 Jahren hat er einen Typ-1-Diabetes. Erst vor einem Jahr hat sich der ambitionierte Sportler für eine Insulinpumpe entschieden – heute kann er sich den Sport ohne Insulinpumpe nicht mehr vorstellen.
Ob Leichtathletik, Turnen, Tennis, Judo, Volleyball oder auch Fußball – Talent, Training und die richtige sportliche Technik bestimmen den Erfolg im Sport.
Nicht nur im Leistungs- und Profisport gilt aber: Die perfekte Ausrüstung des Sportlers rückt immer mehr in den Fokus. Sports Engineering – die Kombination von Sport- und Ingenieurwissenschaften – sorgt dafür, dass Joggingschuhe mit optimaler Dämpfung, individuell angepasste Tennisschläger oder ergonomisch maßgeschneiderte Rennräder selbst aus dem Freizeitsport heute nicht mehr wegzudenken sind.
Aber auch die Diabetestechnologie schreitet rasant voran. Insulinpumpentherapie, kontinuierliches Glukosemonitoring (CGM) oder Flash Glukose Monitoring (FGM) werden zunehmend eingesetzt. Bedarfsgerechte Insulinanpassung und problemlose Glukosemessungen erleichtern den Sport mit Diabetes ungemein. Wen wundert es da, dass der technische Fortschritt im Diabetessektor immer mehr den Trainings- und Wettkampfalltag sporttreibender Diabetiker mitbestimmt.
Wo liegen die Chancen, wo die Grenzen? Mehr zum Thema finden Sie in der aktuellen und den zwei folgenden Ausgaben des Diabetes-Journals.
“Früher schwankten die Werte mit dem Verzögerungsinsulin Protaphane beim und nach dem Sport extrem, aber auch mit Lantus lief es nicht rund”, erinnert sich Felix Block an die Zeit der Insulinspritzentherapie. Während des Sports ließ sich der Stoffwechsel mit mindestens 12 BE Kohlenhydraten im Gepäck noch halbwegs kontrollieren.
Aber vor allem der Blutzuckerabfall nach Belastung als Folge des Auffüllens der Glykogenspeicher von Leber und Muskulatur (Muskelauffülleffekt) war nur schwer mit der Insulinspritzentherapie in den Griff zu bekommen. Mit seiner Insulinpumpe MiniMed 640G gestaltet sich der Sportalltag jetzt viel einfacher.
Abhängig von Trainingsphase und -intensität wird die Basalrate angepasst. So konnte Block die Basalrate während eines Trainingscamps Ende März auf Mallorca auf 30 Prozent reduzieren. Beim Intervalltraining hingegen reicht ihm in der Regel eine Reduktion auf 75 Prozent. Nach längeren Trainingspausen muss die Basalrate stärker reduziert werden – das Unterzuckerungsrisiko ist höher, da die weniger trainierte Muskulatur kleinere Glykogenspeicher vorhält und zudem weniger ökonomisch arbeitet.
Der Muskelauffülleffekt ist bei Block nach einer durchschnittlichen Trainingseinheit mit 60 bis 100 Radkilometern am stärksten etwa sechs Stunden nach der Belastung ausgeprägt – auch hier hilft eine entsprechende Veränderung der Basalrate.
Rennrad fährt Felix erst seit 5 Jahren, profitiert aber heute noch vom Geräteturnen und der Leichtathletik in Kindheit und Jugend. Seine Triathlonambitionen musste er nach einer schweren Schulterverletzung leider zurücknehmen – und konzentriert sich nun “lieber aufs Radfahren allein”, so der sympathische Sportler. Trotzdem fährt er lieber mit dem Triathlonrad als mit dem Rennrad – weil noch “2 bis 3 km/h mehr drin” sind.
Warum er sich nicht früher für eine Insulinpumpentherapie entschieden hat, kann er nicht so richtig sagen. Technischen Innovationen steht der Softwareentwickler schon berufsbedingt offen gegenüber. Mit dem kontinuierlichen Glukosemonitoring hat er sich bisher noch nicht anfreunden können. Trotzdem fährt er, wie er sagt, “computergestützt”. Zur Belastungssteuerung hat Block einen Powermeter in seinen Pedalen montiert. Sein Radcomputer informiert Block u. a. über Herzfrequenz, Geschwindigkeit und vor allem auch die jeweils aktuelle Leistung in Watt.
“Die Leistungsfähigkeit lässt sich so besser abbilden als nur über die Herzfrequenz. Die wird von äußeren Faktoren wie Stress, Hitze oder Kälte zu stark beeinflusst.” Fällt die Leistung bei gleichbleibender Herzfrequenz oder steigt die Herzfrequenz bei gleicher Leistung, ist das für Block immer ein Signal, den Zucker zu kontrollieren– meistens sind dann Gummibärchen gefragt. Pumpe und Powermeter sind für Block zu ständigen Begleitern beim Radsport geworden. Irgendwann wird sicher auch der Blutzucker auf dem Displayseines Radcomputers erscheinen.
Kürzere Vorlaufzeit vor dem Sport. Spontanere körperliche Aktivität ist weniger kompliziert möglich.
Gezielte bedarfsgerechte Anpassung der Insulindosis vor, bei und nach dem Sport ist problemärmer möglich.
Kommt es (unbemerkt) während körperlicher Aktivität zu einer Unterbrechung der Insulinversorgung (u. a. Katheter verstopft oder gelöst), so besteht ein höheres Risiko für eine Stoffwechselentgleisung bis zur Ketoazidose.
Zur sicheren Katheterfixierung bei starker Schweißbildung eignet sich am besten eine wasserdampfdurchlässige und elastische Klebefolie (z. B. Fixomull stretch).
In Abhängigkeit von der Sportart kann eine zusätzliche Fixierung mit Kinesio-Tape hilfreich sein.
Neoprentasche am Sport- oder Laufgürtel. Baumwollschutzhülle an der Sporthose (innen) oder am BH. Rückengurt mit Klettverschluss. Rückentasche eines (Rad-)Trikots. Der Kreativität sind wenig Grenzen gesetzt.
Schwimmen: Wasserdichtigkeit der Pumpenmodelle ist unterschiedlich. Exakte Informationen zur Wasserdichtigkeit gibt es beim jeweiligen Hersteller. In der Regel wird die Pumpe abgelegt.
Tauchen: Wegen des steigenden Wasserdrucks nicht möglich.
Kampfsportarten: In der Regel wird die Pumpe abgelegt.
Mannschaftssportarten mit intensivem Körperkontakt: In der Regel wird die Pumpe abgelegt.
Diese und weitere hilfreiche Tipps zur Insulinpumpentherapie beim Sport finden Sie in der CGM- und Insulinpumpenfibel von Ulrike Thurm und Dr. Bernhard Gehr:
CGM- und Insulinpumpenfibel; U. Thurm, B. Gehr; Kirchheim-Verlag, Mainz; 2. Auflage 2013; 472 Seiten; ISBN 978-3-87409-535-8; 24,90 €; erhältlich überall im Buchhandel, unter Tel.: 07 11/66 72-14 83 oder im Internet unter www.kirchheim-shop.de
von Dr. Meinolf Behrens
Diabeteszentrum Minden,
Bismarckstraße 43, 32427 Minden,
Telefon 0571-840999,
E-Mail: mb@diabetes-minden.de
,
Internet: www.diabetes-minden.de
Erschienen in: Diabetes-Journal, 2016; 65 (8) Seite 61-63
5 Minuten
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